Borussia Dortmund hat die Dauerkarten-Warteliste reformiert. Künftig kann jeder Fan sehen, auf welchem Listenplatz er steht. Für alle gilt das Prinzip: Die Einteilung erfolgt nach dem Datum des Ersteintrags. Wir sprachen über dieses Thema mit Geschäftsführer Carsten Cramer, Ticketing-Leiter Matthias Naversnik und Tobias Westerfellhaus von der Fanabteilung.

Wieviele Dauerkarten gibt es überhaupt?
Matthias Naversnik (Leiter Ticketing): „Aktuell haben wir 55.000 Dauerkarten verkauft. Bis vor etwa zehn Jahren gab es einen freien Verkauf. 2007 hatten wir beispielsweise 50.549 Dauerkarten ausgegeben. Seit 2009 übersteigt die Nachfrage deutlich das Angebot.“

Bild

Warum begrenzt Borussia Dortmund die Zahl der Dauerkarten seitdem auf 55.000?
Carsten Cramer (Geschäftsführer): „Wir haben zwar das größte deutsche Stadion mit 81.360 Plätzen. Nach DFL-Richtlinien hat jeder Gast Anspruch auf ein zehnprozentiges Kontingent, verbleiben vorab sicher 73.220 Plätze für BVB-Fans. Eine Fluktuation ist uns wichtig. Neue und aktive Fans sollen hinzukommen. Wir wollen keine geschlossene Veranstaltung. Ein Verhältnis 75% Dauerkarten zu 25% Tageskarten wollen wir für unsere Fans erhalten.“

Seit wann gibt es eine Warteliste für Dauerkarten-Interessenten? Und wieviele Personen befinden sich darauf?
Naversnik: „Die Geschäftsführung hat die Zahl der Dauerkarten im Jahr 2008 auf 55.000 gedeckelt. Die Nachfrage war aber ungebrochen, weshalb wir 2009 eine Warteliste eingerichtet haben, auf der jeder seine Wünsche notieren konnte. Und wenn ich Wünsche sage, dann beinhaltet diese Liste einen Wunsch-Block plus einen Alternativ-Block sowie ein Feld Sonstiges, wo vermerkt werden konnte Ich möchte gerne neben XY sitzen. Das war so nur noch schwer umzusetzen. Jeder Eintrag konnte zudem fortlaufend angepasst werden. Weil diese Liste jetzt schon ein gewisses Alter und mit 100.000 Einträgen eine Dimension erreicht hat, um ein weiteres Stadion zu füllen, wüssten wir auch gern, ob bei allen der Wunsch noch aktuell ist. Wie gesagt, manche stehen seit 2009 darauf.“

Bild

Wie hoch war und ist die Chance, über diese Warteliste eine Dauerkarte zu bekommen?
Naversnik: „In den letzten Jahren wurden jeweils weniger als 100 Dauerkarten zurückgegeben, die wir an Nachrücker vergeben konnten. Dies lag unter anderem daran, dass die Karten direkt an Dritte übertragen werden konnten.“

Welche Möglichkeiten gibt es, diese überschaubare Zahl zu erhöhen?
Cramer: „Bisher konnte jeder Dauerkarteninhaber oder dessen Nachfahren dieses Abo uneingeschränkt an Dritte überschreiben lassen. Durch die Änderungen in unseren AGB, eine Übertragung nur noch im direkten Verwandtschaftsverhältnis zu akzeptieren, versprechen wir uns, dass wir mehr Nachrücker von der Warteliste bedienen können.“ (Anm. d. Redaktion: Eine Übertragung von Dauerkarten ist jetzt nur noch an Familienmitglieder ersten oder zweiten Grades möglich.)

Bild

Warum gibt es in Zukunft zwei getrennte Wartelisten?
Tobias Westerfellhaus (Mitglied im Vorstand der BVB-Fanabteilung): „Wir sind uns natürlich dessen bewusst, dass jeder Fan glücklich wäre, überhaupt eine Dauerkarte zu erhalten, jedoch ist eine klare Trennung zwischen Stehplatz und Sitzplatz Dauerkarten auch im Sinne der Fans. Nicht jeder hat die finanziellen Möglichkeiten, sich eine Sitzplatz-Dauerkarte leisten zu können, daher ist die strikte Trennung der beiden Bereiche eine gute Entwicklung, die wir als Fanabteilung nur unterstützen können.“

Wo ist die Chance höher: Sitzplatz oder Stehplatz?
Naversnik: „Grundsätzlich gilt: Je länger man auf der Warteliste steht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, irgendwann berücksichtigt zu werden. Mit 25.000 Plätzen in der Gelben Wand haben wir den höchsten Stehplatzanteil in Deutschland. Dennoch ist die Zahl der Sitzplätze mehr als doppelt so hoch. Die Chance auf einen Sitzplatz ist rein mathematisch betrachtet also höher. Aber eine Empfehlung können wir nicht abgeben.“ 

Wie sah der Prozess in den letzten Wochen aus?
Westerfellhaus: „Wir haben das Thema Dauerkarten-Warteliste bereits vor einigen Jahren auf die Agenda genommen. Eine Dauerkarte zu erhalten, erscheint für die meisten Fans wie eine Mission Impossible. Auf der einen Seite freut uns das, weil es die Treue der BVB-Fans unterstreicht. Auf der anderen Seite ist es sehr schade, weil wir so mit den Jahren eine Art geschlossene Gesellschaft aufgebaut haben. Für uns war es jedoch wichtig, vor allem die Transparenz für jeden Einzelnen wieder in den Fokus zu rücken und den Fans wieder die Aussicht auf eine Dauerkarte zu geben. Selbst wenn die Chancen weiterhin sehr gering sind, ist es dennoch endlich möglich, zu sehen, auf welchem Rang sich ein jeder Fan persönlich befindet. Wir haben mit der AG-Ticketing der Fanabteilung bereits zahlreiche Änderungen und Verbesserungen in diesem Bereich entwickelt und mit dem Ticketing gemeinsam umgesetzt. Der regelmäßige Austausch und die stetige Weiterentwicklung sind gerade in diesem Bereich enorm wichtig.“

Warum jetzt diese Initiative?
Cramer: „An das Thema wollte ich unbedingt ran. In den letzten Jahren war Borussia Dortmund in diversen Finals vertreten und hatte schlichtweg andere Themen priorisieren müssen. Ich bin glücklich, dass wir das Wartelisten-Thema jetzt gemeinsam in die richtige Spur gebracht haben. Vielen Dank an alle, die mitgewirkt haben.“ (br)