Am 2. April feiert der Tempel an der Strobelallee seinen 40. Geburtstag. Es ist 1974 das erste reine Fußballstadion in Deutschland und hat bis heute, nach mehreren Ausbaustufen, nichts von seiner Faszination eingebüßt. Im Gegenteil. Nirgendwo anders in Europa leben so viele Menschen ihre Emotionen in Zahl und Intensität dermaßen aus wie in Dortmund.

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„Dieses Stadion ist mir von der ersten Minute ans Herz gewachsen“, sagt BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball: „Die Heimspiel-Atmosphäre war und ist in all diesen 40 Jahren außergewöhnlich – selbst in schlechten Zeiten, als die Ränge nicht immer so voll waren wie heute.“

Den Jahrestag kann Borussia Dortmund allerdings nicht im eigenen Wohnzimmer feiern, tritt stattdessen an einem anderen berühmten Ort an: zum Viertelfinal-Hinspiel der UEFA Champions League im Estadio Santiago Bernabeu in Madrid. Schwarzgelb erlebt allerdings keinen Feiertag. Anders als in der Walpurgisnacht im Jahr zuvor, als man bei Real den Einzug ins Champions-League-Finale bejubeln konnte, gibt es eine klare Niederlage.

Bereits nach zwei Minuten und 45 Sekunden sind alle Vorsätze Makulatur, als Bale zum 1:0 einschiebt, die Hoffnungen gehen nach Iscos 2:0 in der 27. Minute zunächst runter auf den Nullpunkt. Doch nach der Pause kommt Borussia. Und wie! „Wir hatten sehr viele Möglichkeiten, hätten sogar vier oder fünf Tore erzielen können“, hadert Klopp. Doch Madrids Tor ist wie vernagelt. Mkhitaryans Versuche werden zwei Mal im allerletzten Moment geklärt, auch Reus hat zwei Mal im Abschluss nicht das nötige Quäntchen Glück (65./77.). Da auch noch Ronaldo trifft, geht Borussia mit einer 0:3-Hypothek ins Rückspiel. „Wir sind nicht in der Lage, eine Kampfansage abzugeben“, sagt Klopp, „aber dieses Viertelfinale hat zwei Spiele. Eins in Madrid, eins in Dortmund.“

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Und das Rückspiel hat es in sich! Gewonnen und doch verloren! Raus mit – donnerndem – Applaus! Besser kann man eine Europapokalsaison nicht beenden; es sei denn, man trägt nach dem gewonnenen Finale den Pokal unterm Arm. „Wir haben in der ersten Halbzeit Weltklasse gespielt“, meint Doppeltorschütze Marco Reus nach dem 2:0 gegen Real Madrid, der einzigen Niederlage der „Königlichen“ auf dem Weg zum Champions-League-Titel 2013/14 überhaupt.

Eine stark ersatzgeschwächte Elf spielt auf, als gäbe es kein Morgen. Als „Blaupause für alle Mannschaften, die ein 0:3 aufzuholen haben“, bezeichnet Klopp später den Auftritt seines Teams, das nach gut einer halben Stunde durch zwei Reus-Tore zwei Drittel der 0:3-Hypothek aus dem Hinspiel abgetragen hat. „Wir haben Real Madrid an den Rand des Abgrundes geschoben, aber leider nicht heruntergestoßen“, meint ein stolzer wie trauriger Hans-Joachim Watzke.

Es ist überwältigend zu erleben, was Spieler und Stadion im Verbund bewegen können. „Das war eine der fantastischsten Atmosphären, die ich je erleben durfte“, bedankt sich Mats Hummels bei den Zuschauern: „Wir haben einen Abend hingelegt, also das Publikum und die Mannschaft, den man nicht so schnell vergisst. Wir hatten dadurch die Chance, an einem der größten Wunder in der Fußball-Geschichte zu arbeiten.“ Am Ende steht zwar der 100. Europapokalsieg der Vereinsgeschichte, aber eben kein Fußballwunder.

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Ein weiterer großer Fußball-Abend wartet im April auf die Schwarzgelben: Halbfinale im DFB-Pokal vor 80.645 Zuschauern im ausverkauften Signal Iduna Park gegen den VfL Wolfsburg. In diesem Spiel ist alles drin. Tempo, Rasse, Klasse, drei Mal Aluminium sowie zwei nicht gegebene Tore durch Perisic für Wolfsburg und Lewandowski für den BVB. Im fünften Pokal-Halbfinale auf Dortmunder Boden setzt sich Borussia zum fünften Mal durch – wenn auch glücklich! Von der ersten Minute an liefern sich beide Mannschaften einen packenden Pokal-Fight mit offenem Visier. Mkhitaryan und Lewandowski nutzen vor der Pause zwei der nicht allzu vielen Dortmunder Chancen zum 2:0, während Weidenfeller schon früh zum Turm in der Schlacht avanciert. Seine Paraden bringen den BVB letztlich nach Berlin.

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Ungeachtet der Highlights, der körperlichen und mentalen Anstrengungen in beiden Pokalwettbewerben leistet die Mannschaft auch in der Liga Großartiges, nimmt in den vier Partien des Monats April zehn der zwölf möglichen Punkte mit, nicht glänzend, sondern äußerst glücklich beim 2:1 gegen Wolfsburg (Lewandowski und Reus drehen mit ihren Toren in der zweiten Hälfte die Partie), souverän und viel beachtet beim 3:0 in München (Mkhitaryan, Reus, Hofmann), lässig beim 4:2 gegen Mainz (Jojic, Lewandowski, Piszczek, Reus) und schließlich nach zweimaligem Rückstand ein 2:2 in Leverkusen (Kirch, Reus). Damit macht die Mannschaft zwei Spieltage vor Saisonende Platz zwei perfekt – Borussia ist Vize in Kusen!

Dass Ilkay Gündogan und Nuri Sahin ihre Verträge verlängern, löst Freude aus. Trauer beschert dagegen die Nachricht vom Tod des früheren Meisterspielers Alfred Niepieklo, der im Alter von 86 Jahren stirbt.
Boris Rupert