Viereinhalb Jahre war Matthias Röben Nachwuchstrainer bei Borussia Dortmund. Er betreute die U9, U10 und die U11. Seit dem 1. Januar ist er Pädagogischer Leiter für den Nachwuchsbereich. Über seine neue Aufgabe sprach Felix Ulrich mit dem 52-Jährigen.

Matthias, wie kam es dazu, dass der BVB Dich seit einem guten halben Jahr als sozialpädagogischen Leiter engagiert hat?
In seiner Zielsetzung steht der BVB für eine optimale und ganzheitliche Förderung seiner Jugendspieler.  Mit seinem Nachwuchsleistungszentrum, dem neu eröffneten Jugendhaus und dem Anspruch, eine professionelle Ausbildung in allen Bereichen zu praktizieren, wurde die Stelle des sozialpädagogischen Leiters geschaffen. Ich bekam die Gelegenheit,  mich und mein Konzept darzustellen und letztendlich die Möglichkeit, die Stelle zu bekleiden.

Was hast Du vor Deiner Tätigkeit beim BVB gemacht?
Als Diplom-Pädagoge war ich in unterschiedlichen Bereichen der Jugendhilfe und Jugendarbeit tätig. So z.B. als Streetworker mit dem Schwerpunkt „Gewaltbereite Jugendliche“ oder als Leiter eines Intensivprojektes in Griechenland für besonders „verhaltenskreative“ Jugendliche . Zuletzt war ich mehrere Jahre Landesbildungsreferent bei der Naturfreundejugend NRW.

Zurück zum BVB: Was zeichnet das neue Jugendinternat in Brackel aus?
Mit unserem Jugendhaus in unmittelbarer Nähe zum Trainingszentrum haben wir für unsere Talente einen neuen Lebensmittelpunkt geschaffen. Wir bieten so das optimale Wohnumfeld für die Verwirklichung sportlicher Ziele und der eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Wir sind jetzt in der Lage, bis zu 22 Talenten Platz zum Wohnen und Leben bieten. Ansprechpartner sind zudem fast rund um die Uhr Conny und Matthias Kleinsteiber als Hauseltern. Außerdem sorgen zwei Köche im Schichtdienst für das notwendige gesunde Essen. Vor allem legen wir großen Wert auf eine familiäre Atmosphäre.

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Die Borussia steht für ein duales Ausbildungssystem. Was genau bedeutet das?
Wir stellen an uns den Anspruch,  den Kindern und Jugendlichen aller Altersklasse eine absolut professionelle fußballerische Ausbildung  zu bieten. Wir sehen unsere besondere Verantwortung aber auch im Bereich der schulischen Ausbildung. Für uns geht es darum, Persönlichkeiten zu entwickeln, sie auf das weitere Leben vorzubereiten. Wir wollen sagen können: Wer beim BVB spielt, hat auch einen guten Schulabschluss!

Das heißt, Ihr bereitet die Jugendlichen darauf vor, dass es mit der großen Fußballerkarriere eventuell auch nicht klappen kann...
Es ist immer wichtig, einen „Plan B“ in der Tasche zu haben. Wir tragen Sorge und Verantwortung dafür, dass die Jungen zumindest nicht den Fehler machen, nur auf den Fußball zu achten. Und das, obwohl sie ein immenses zeitliches Pensum allein durch die Trainingseinheiten auf dem Rasen abliefern müssen. Für viele kommen dann noch Termine für die Westfalenauswahl und eine der DFB- oder anderer Nationalmannschaften dazu. Doch es gibt keine fußballerische Erfolgsgarantie. Deshalb steht eine qualifizierte Parallelplanung in Form der Schul- oder Berufsausbildung im Zentrum des dualen Konzeptes.

Ab welchem Zeitpunkt greifst Du ein?
Grundsätzlich ist es immer besser zu agieren, als zu reagieren. Der regelmäßige Austausch mit den Lehrkräften an der Schule und natürlich unseren Spielern sorgt oft für eine „prophylaktische Gelassenheit“. Wenn es dann aber zu Schwächephasen in der Schule kommt. organisieren wir individuelle  Nachhilfe oder schaffen die Freiräume die notwendig sind, um diese Phasen zu meistern.

Der BVB hat mit der Geschwister Scholl Gesamtschule eine Partnerschule. Was zeichnet sie aus?
Nähe, Akzeptanz und der Wille zur verlässlichen Zusammenarbeit. Mit wenigen Ausnahmen gehen fast alle unserer 18 Jugendlichen im Internat auf diese Schule. Sie ist lediglich 1.000 Meter entfernt – besser geht es nicht. Dort wird unseren Talenten ein sehr hohes Maß an Akzeptanz entgegengebracht. Wir haben schon jetzt eine sehr vertrauensvolle Basis hergestellt, Strukturen der zielgerichteten Kooperation geschaffen und zusammen die Herausforderung „Leistungsfußball und Schule“ angenommen. Der BVB wiederum hat sich im Zuge dessen zu Gegenleistungen verpflichtet. Dazu gehört u.a. das Training für die Schulmannschaft, Planung und Durchführung eines Fußballturnieres, ein Rahmenprogramm für Gast- und Austauschschüler sowie personelle Planungssicherheit.

Was fällt noch in Deinen Aufgabenbereich?
Ich kümmere mich darum, dass zum Beispiel unsere Spieler – auch die der U23 – im Fall der Fälle Deutschunterricht erhalten. Ich biete pädagogische Fortbildungen für unsere Trainer an, so z.B. zum Thema „Elternarbeit“ oder „Sprache und Rhetorik in der Kabine“. Darüber hinaus gibt es Infoveranstaltungen zur Perspektivplanung, später auch zum Umgang mit Spielerberatern oder einfach ganz konkrete Einzelfallhilfe bei Einbürgerungsverfahren oder bei der Ämterbegleitung. Zudem kann unser älterer Nachwuchs in den Räumlichkeiten in Brackel den Führerschein erwerben. Nächste Aufgabe wird der Aufbau eines Bildungsnetzwerkes für unsere Jugendspieler sein. Hier gilt es, Perspektiven zu schaffen.

Abschließende Frage: Darf man als BVB-Nachwuchsspieler sitzen bleiben?
Wir investieren viel dafür, dass dies nicht passiert.