Roman Weidenfeller hat sich in seiner Karriere viele Träume erfüllt. Mit dem BVB ist der Torwart Deutscher Meister geworden. DFB-Pokalsieger. Erster Doublegewinner der Vereinsgeschichte. Und er ist – spät zwar, aber noch rechtzeitig – deutscher Nationalspieler geworden. Im Sommer dürfte er mit zur WM nach Brasilien fahren. Es wäre sein erstes großes Turnier. Nur ein Traum ist dem 33-Jährigen bislang verwehrt geblieben; der Traum von einem ganzen DFB-Pokalfinale.

Mit diesem einen, besonderen Spiel im Berliner Olympiastadion verbindet unsere Nummer eins eine besondere Geschichte. Zweimal war er schon dabei – und doch nicht mittendrin. Jetzt steht der Vize-Kapitän mit seiner Mannschaft abermals vor der letzten Hürde. Wie alle anderen Borussen mahnt er vor dem Halbfinale gegen den VfL Wolfsburg zur Konzentration. Es wäre hinderlich bis schädlich, schon vor diesem Duell an ein mögliches erneutes DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern München zu denken. Es wäre das dritte in sechs Jahren – und für Roman Weidenfeller womöglich die Chance, erstmals über die volle Distanz dabei zu sein. Das wäre eine hübsche Pointe. Doch das ist – noch – Zukunftsmusik.

Rückblick – Teil 1:
Der weitaus größere Teil der Nacht vom 12. auf den 13. Mai 2012 ist bereits vorbei, als Roman Weidenfeller zu erzählen beginnt. „Ich musste der erst mal klar machen, wie wichtig es für mich ist, rechtzeitig zurück zu sein und eine Hand an den Pott zu kriegen. Die hat das erst überhaupt nicht verstanden.“ Borussias Nummer eins lag bei diesen Verhandlungen auf einer Krankenpritsche – und „die“ war eine Ärztin in der Ambulanz der Charité.

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Happy-End am späten Abend: Roman mit dem "Pott".

Denn auch Weidenfellers zweites DFB-Pokalfinale war zuende, bevor es so richtig begonnen hatte. Bereits nach acht Minuten war es zu einer schicksalhaften Begegnung mit Bayerns Sturmtank Mario Gomez gekommen. Weidenfeller riskierte Kopf und Kragen, parierte stark – kassierte in dieser Situation aber eine schmerzhafte Rippenprellung. Nach 34 Minuten hatten ihn die Verantwortlichen dann endgültig vom Platz geholt. In der Kabine klagte der Torwart über Atemprobleme. Mit Blaulicht und Martinshorn ging es in die Charité – zu der Ärztin, die mit Fußball so viel am Hut hatte wie Fußballer mit, nunja, einem Doktortitel. Dort hatte Weidenfeller weiter um diesen Pokal gekämpft – und in weniger als 90 Minuten gewonnen.

Denn als sich gerade all die anderen Borussen nach einem grandiosen 5:2-Triumph gegen den FC Bayern München neben Bundespräsident Joachim Gauck und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zur Siegerehrung im Olympiastadion aufreihten, war er es, Roman Weidenfeller, der aus dem Nichts plötzlich auf das Podest hüpfte. Die Hand zunächst noch am Brustkorb, den Rumpf nachziehend. Augenblicke später nur dann aber nicht nur eine Hand am Pott, sondern den Pott in Händen.

Die kleine Episode verdeutlicht: Was generell für alle Dortmunder Borussen gilt, die in jener finalen DFB-Pokalnacht vom 12. auf den 13. Mai 2012 dabei waren, gilt speziell für Roman Weidenfeller. Sie alle wollen wieder, wollen noch einmal dorthin. Einlaufen ins altehrwürdige Olympiastadion. Eintauchen in diese ganz besondere Atmosphäre. Dieser Traum ist in unserem Torwart wie seine Handschuhe an ihm sind. Schließlich war jenes 2012er Finale ja nicht das erste, das die unumstrittene Nummer eins in der entscheidenden Phase verpasst hat.

Rückblick – zweiter Teil:
Schon am 19. April 2008 hätte Roman Weidenfeller sein erstes DFB-Pokalfinale bestreiten können. Der BVB hatte sich durch Siege gegen den 1. FC Magdeburg (4:1), Eintracht Frankfurt (2:1), Werder Bremen (2:1), 1899 Hoffenheim (3:1) und Carl Zeiss Jena (3:0) für das Endspiel gegen Bayern München qualifiziert. Doch Borussias Stammtorwart war verletzt. Im Tor stand Ersatzmann Marc Ziegler, der auch alle vorherigen Pokalspiele dieser Saison gemacht hatte. Auf der Bank saß neben Diego Klimowicz, Delron Buckley, Nelson Valdez, Philipp Degen, Marc Andre Kruska und einem gewissen Mats Hummels Alexander Bade als Ersatztorwart. Roman Weidenfeller hingegen hockte hoch oben auf der Tribüne – verletzt, machtlos, ohnmächtig beinahe. Damals gewannen die Bayern durch zwei Tore von Luca Toni und nach Verlängerung 2:1.

Wenn nun am 15. April (Anstoß 20.30 Uhr) mit dem VfL Wolfsburg das letzte Hindernis auf dem Weg ins diesjährige DFB-Pokalfinale aus dem Weg geräumt werden muss, könnte Roman Weidenfeller allerdings wieder im Mittelpunkt stehen. Mats Hummels jedenfalls, der auf Grund der verletzungsbedingten Ausfälle von Neven Subotic, Sven Bender und Ilkay Gündogan einzig verbliebene Eckpfeiler aus dem Mittelblock des letztjährigen Champions-League-Finales, hat schon vor einigen Wochen festgestellt: „Wolfsburg stellt mittlerweile eine richtig gute Mannschaft.“ Ihr gilt es, sich entgegen zu stellen.

Für Roman Weidenfeller wäre es erst sein zweiter Einsatz im laufenden Wettbewerb. In den ersten drei Runden – beim 3:0 in Wilhelmshaven, beim 2:0 nach Verlängerung bei 1860 München und beim 2:0 in Saarbrücken – hatte die unumstrittene Nummer eins seinem Stellvertreter Mitchell Langerak Platz gemacht. Der war auch an jenem Abend des 12. Mai 2012 für den verletzten Weidenfeller zwischen die Pfosten gerückt und hatte mitgeholfen, die Bayern zu besiegen.

In diesem Jahr würde Roman Weidenfeller diesen Job gerne selbst erledigen. In einem ganzen DFB-Pokalfinale. Nach einem Sieg im Halbfinale gegen den VfL Wolfsburg. (poo)