Sie hatten bis dahin alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Alle vier Bundesligaspiele – und dazu die beiden K.O.-Spiele zur UEFA Champions League gegen Shakthar Donetsk. Am Ende der Saison 2001/2002 sollten die Deutsche Meisterschaft und der Einzug ins UEFA-Cup-Finale stehen. Doch ein Makel blieb…

In der ersten Hauptrunde um den DFB-Pokal führte das Los Borussia Dortmund Ende August 2001 nach Wolfsburg. Es war das erste und bislang einzige Aufeinandertreffen dieser beiden Klubs im Pokalwettbewerb. Zudem hatten es die Borussen, die zu diesem Zeitpunkt die Bundesligatabelle mit makellosen zwölf Punkten und 10:0 Toren aus vier Spielen anführten, nicht mit den Profis des VfL, sondern mit den in der Oberliga spielenden Amateure zu tun.

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Die Sensation ist geschafft: Torwart Lobué reißt sich das Trikot vom Leib, Ricken ist konsterniert.

Es war nicht so, dass man das Spiel nicht ernst nahm, doch es gab bereits im Vorfeld Indizien, die sich später rächen sollten. Kohler und Dede waren aufgrund leichter Blessuren in Dortmund geblieben, und Trainer Sammer hatte angekündigt, Spielern, die „physisch und psychisch an ihre Grenzen gegangen sind, die Möglichkeit einzuräumen, sich zu regenerieren“.

Allein Wörns und Ricken verbleiben in der ersten Elf. Lehmann, Koller, Rosicky, Herrlich, Oliseh, Amoroso und Bugri besetzten die wohl hochkarätigste Reservebank in der Pokalhistorie des BVB. Und so kam es, wie es kommen musste. 5.166 Zuschauer im alten VfL-Stadion am Elsterweg sahen bei brütend heißen Temperaturen eine offene Partie, in der die Amateure kämpferisch über sich hinaus wuchsen und den nicht einmal unverdienten 1:0-Sieg über die Zeit retteten.

Zäh verlief schon die erste Halbzeit, in der die Borussen, die in dieser Formation noch nie gemeinsam trainiert, geschweige denn gespielt hatten, Linie und Ordnung suchten. Und als Vandreike in der 64. Minute einen Abpraller im Netz unterbringen konnte, regierte hektische Betriebsamkeit auf der BVB-Bank. Zunächst kam das Tschechen-Duo Rosicky und Koller ins Spiel, kurz darauf auch noch Torjäger Amoroso. Doch echte Chancen in blieben aus. Während Sammer betonte, „ich würde es immer wieder so machen“, war Sportdirektor Michael Zorc an seinem 39. Geburtstag jegliche Feierlaune abhanden gekommen: „Von Leuten, die Ansprüche formulieren, muss ich mehr erwarten. Sie müssen ihre Einstellung überdenken. Wenn die Laufbereitschaft fehlt, jeder Pass mit der falschen Schärfe gespielt wird, kann man auch bei Amateuren nicht gewinnen.“
Boris Rupert