Die Zukunft des ersten deutschen Europapokalsiegers hing an einem seidenen Faden, als die Borussia Dortmund GmbH und Co. KGaA am 17. Februar 2005 eine „existenzbedrohende Ertrags- und Finanzsituation“ gemeldet hatte. Keine vier Wochen später, am 14. März 2005, stimmten die Gläubiger einem Rettungsplan zu.

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10 Jahre danach: Fangruppen wiederholen ihren Marsch.

Die erfolgreichste Ära der Vereinsgeschichte mit drei Deutschen Meisterschaften, dem Gewinn von UEFA Champions League und Weltpokal sowie dem Erreichen zweier UEFA-Pokal-Endspiele zwischen 1993 und 2002, gepaart mit dem Ausbau des Stadions auf ein Fassungsvermögen von 83.000 Zuschauer, hatte den BVB wirtschaftlich ruiniert. Der Patient lag, wie es ein Banker ausdrückte, bereits im Vorraum der Pathologie, als es am 14. März 2005 zum Showdown im ehemaligen Terminal E des Düsseldorfer Flughafens kam.

Hans-Joachim Watzke, seit einem Monat Vorsitzender der Geschäftsführung des ersten und einzigen börsennotierten deutschen Fußballklubs, sowie Dr. Reinhard Rauball, seit vier Monaten wieder Präsident des Klubs, und die Finanzexperten der Wirtschaftsberatung RölfsPartner – unter anderem mit Thomas Treß, der später in die Geschäftsführung des BVB wechselt und die Sanierung entscheidend mit vorangetrieben hat – haben ihr Möglichstes getan, um Borussia Dortmund vor der Insolvenz zu bewahren.

Nun hängt das Schicksal am Votum der Gesellschafter eines Immobilienfonds namens „Molsiris“, an den die alte BVB-Führung das Stadion verkauft und anschließend zurückgeleast hatte. Die Zins- und Tilgungszahlungen erweisen sich aber als zu ambitioniert für den Klub, der 2003 durch ein Drama im Elfmeterschießen die Teilnahme an der lukrativen UEFA Champions League und im Jahr darauf aufgrund eines enormen Verletzungspechs das internationale Geschäft komplett verfehlt hatte.

Im stillgelegten Flughafen-Terminal tagen die Molsiris-Anteilseigner. Watzke und Rauball gelingt es, sie von ihrem Konzept zu überzeugen. Neun Millionen Euro aus dem Bardepot von rund 52 Millionen Euro, das zur Sicherung an die Molsiris KG verpfändet war, sichern die Liquidität. Der Weg zum Rückkauf des Stadions wird geebnet. Borussia Dortmund hat an diesem 14. März 2005 den wohl wichtigsten Sieg der Vereinsgeschichte außerhalb des Rasens errungen. Frei nach Adi Preißler: „Entscheidend war auf´m Flugplatz...“

„Gemeinsam hat die BVB-Familie seither eine Menge bewegt“

„Mit dem Ja der Anwesenden war das Überleben unseres Klubs zunächst gesichert, es ebnete überhaupt erst den Weg zur Bundesliga-Lizenz für die Saison 2005/2006. Noch am Nachmittag machte sich der Kurier mit den Lizenzierungs-Unterlagen auf den Weg zur DFL-Zentrale in Frankfurt“, erinnert Hans-Joachim Watzke in seinem Vorwort zum heutigen Heimspiel gegen den 1. FC Köln im Stadionmagazin Echt.

„Wenn wir heute gebetsmühlenartig betonen, dass wir nie vergessen werden, woher wir kommen, dann sprechen wir nicht mehr nur über das Jahr 1909, dann sprechen wir nicht mehr nur über den altehrwürdigen Borsigplatz – nein, dann sprechen wir auch für einen Moment über jene Krise, die alle Fans von Schwarzgelb in diesen März-Tagen des Jahres 2005 hat verzweifeln lassen“, schreibt Watzke: „Gemeinsam hat die BVB-Familie seither eine Menge bewegt. Sie hat die Sanierung des Klubs erfolgreich vollzogen, ist zweimal Meister geworden, hat das Double geholt, stand im Endspiel der Champions League, ist heute frei von Finanzverbindlichkeiten und hat sich in den vergangenen Monaten mit einer Geschlossenheit, die in Europa sicher ihresgleichen sucht, durch eine zermürbende sportliche Krise gekämpft. Sicher geht ein Stück dieser gebündelten Kraft, die wir heute als BVB zeigen, auch auf jene schwierigen Tage am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds zurück.“
Boris Rupert