Ob Thomas Tuchel, Sven Bender, Marcel Schmelzer, Julian Weigl oder Gonzalo Castro: Wirklich lächeln wollte nach dem 2:2 gegen den 1. FC Köln am letzten Spieltag niemand. Auch wenn man die fünfte Niederlage 2015/16 durch den späten Ausgleich von Marco Reus verhindern konnte, muss der BVB seine Leistung bis zum kommenden Wochenende deutlich steigern. „Wir sind von unserer Topform weit entfernt“, gab Thomas Tuchel zu.

Die Aufgabe, im DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern zu bestehen, sei durch die Spiele gegen Köln und Frankfurt in den letzten beiden Wochen deutlich schwerer geworden, so der BVB-Coach weiter. Vor allem mit der Art und Weise, wie sein Team aufgetreten sei, war Tuchel nicht zufrieden  - und damit war er nicht allein. „Wir haben kein gutes Spiel gemacht“, sagte Sven Bender, auch Gonzalo Castro sah den Leistungsabfall der letzten beiden Wochen: „Insgesamt können wir nicht zufrieden sein. Ich kann mir auch gar nicht so richtig erklären, woran es lag.“

„Gegen die Bayern wird es ein anderes Spiel werden“

Trotzdem versuchte Castro, der den BVB mit seinem tollen Treffer eigentlich schon nach elf Minuten auf die Siegerstraße gebracht hatte, Erklärungen zu finden: „Die Luft war einfach ein bisschen raus, in der Bundesliga ging es nicht mehr um viel.“ Sein Trainer ließ das nicht als Grund gelten, das formulierte er auf der Pressekonferenz am Samstagabend klar und deutlich: „Wir haben uns 32 Spieltage von den Konstellationen freigemacht, in der Bundesliga ebenso wie in der Europa League oder im DFB-Pokal. Wir haben jeden Spieltag am Limit gespielt, damit aber vor zehn Tagen aufgehört. Das ist nicht gut. Das gehört nicht zu uns. Das gibt uns kein gutes Gefühl.“

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Thomas Tuchel war nicht zufrieden mit der Leistung in den letzten beiden Wochen.

Diesen Spannungsverlust gilt es nun innerhalb der nächsten Tage zu überwinden, will man den Pokal kommenden Samstag aus Berlin zurück mit nach Dortmund nehmen. „Wir müssen uns zusammenraufen“, betonte Sven Bender, der durch die vergangenen Jahre ja bereits einige Finals mit dem BVB erlebt hat. „Wir müssen uns sehr konzentriert auf das Finale vorbereiten, da einfach Vollgas geben und alles raushauen.“ Gonzalo Castro sah das ähnlich. Auch wenn der 28-Jährige erst zu Beginn dieser Saison nach Dortmund gewechselt ist, hat er ebenso Pokalfinal-Erfahrung. 2009 stand er mit Leverkusen in Berlin, verlor damals gegen den SV Werder Bremen knapp mit 0:1. „Ich mache mir gar keine Sorgen mit Blick auf das Finale nächste Woche. Gegen die Bayern wird es ein ganz anderes Spiel werden.“

„Müssen über uns hinauswachsen“

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Julian Weigl freut sich auf Berlin.

Das hofft auch Julian Weigl, für den es im Gegensatz zu einem Großteil seiner Mannschaftskollegen das erste große Finale sein wird. „Die Vorfreude ist jetzt schon riesengroß, wir fiebern alle auf das Finale hin. Das ist – gerade für mich – nach dieser tollen Saison ein absolutes Highlight und könnte ein krönender Abschluss werden. Ich habe von den Jungs schon viel gehört und freue mich einfach darauf. Ich hoffe, wir gewinnen.“

Mit dieser Hoffnung ist er nicht allein, wenn man die Bayern aber schlagen will, ist in den nächsten Tagen noch viel zu tun. „Die Aufgabe ist deutlich schwieriger geworden. Daran sind wir selbst schuld. Wir können in Berlin nur in absoluter Topform gewinnen. Davon sind wir derzeit so weit entfernt wie vielleicht noch nie in dieser Saison. Wenn wir am Ende gewinnen wollen, müssen wir über uns hinauswachsen und das Matchglück erzwingen. Bis wir so weit sind, ist es ein weiter Weg für uns“, so Thomas Tuchel.

„Werden den Schalter umlegen können“

Dass der BVB schnell wieder in die Spur zurückfinden kann, hat er in dieser Saison mehrfach gezeigt. Nach der deutlichen 1:5-Pleite gegen die Bayern in der Hinrunde zum Beispiel, der wettbewerbsübergreifend drei Unentschieden voraus gegangen waren. Damals ließ man sieben Siege folgen, mit der beeindruckenden Torbilanz von 27:6. Oder nach dem 1:2 gegen Köln in der Hinrunde, der letzten Bundesliga-Niederlage bis zum Spiel in Frankfurt letzte Woche. Oder nach dem bitteren Ausscheiden aus der Europa League in Liverpool, als man die nächsten vier Spiele mit insgesamt 14:1 Toren gewinnen konnte. An diesen Leistungen muss sich Borussia Dortmund nun orientieren, um „den Pokal dorthin zurückzuholen, wo er hingehört“, wie Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke am Samstag in seiner Ansprache an die Fans sagte. „Wir werden den Schalter wieder umlegen können“, da war sich Gonzalo Castro sicher.
Dennis-Julian Gottschlich