Borussia Dortmund hat nach 09 ungeschlagenen Pflichtspielen erstmals wieder verloren: Beim SV Darmstadt 98 fand der BVB nie in die Partie und musste sich dem Tabellenletzten mit 1:2 (1:1) geschlagen geben.

Vor 17.400 Zuschauern im ausverkauften Jonathan-Heimes-Stadion am Böllenfalltor hatte Terrence Boyd (21.) die 1:0-Führung erzielt. Kurz vor der Pause glich Raphael Guerreiro (44.) aus. Nach dem Wechsel nutzte Colak eine von mehreren Chancen der „Lilien“ zum verdienten 2:1 (67.).

Ausgangslage:
„Jetzt ist es eher ein mentales Spiel, weil die Favoritenrolle klar vergeben ist“, sagte Thomas Tuchel. Der Trainer sprach vor der Partie von einer „Erwartungshaltung und einem Druck“, der durch die Tabellenkonstellation (Vierter beim Achtzehnten) entstanden sei – und erinnerte sich an vergangene Spiele: „Bislang sind wir damit nicht so gut umgegangen.“ Alles andere als drei Punkte für den BVB wären aber tatsächlich eine große Überraschung gewesen: Seit elf Liga-Spielen warteten die „Lilien“ auf einen Dreier. Der letzte Sieg datierte vom 22. Oktober gegen Wolfsburg (3:1).

Bild
Ginter durfte in Darmstadt von Beginn an ran.

Personalien:
Nach dem 3:2-Pokalerfolg im Elfmeterschießen gegen Hertha BSC ging der BVB mit einigen Veränderungen ins Auswärtsspiel in Darmstadt. Insgesamt wechselte Trainer Thomas Tuchel vier Mal: Piszczek (Rückenprobleme) und Schmelzer (Schlag aufs Knie) fehlten verletzungsbedingt, Reus (Hüfte) hingegen lief von Beginn an auf. Bartra und Dembelé saßen nur auf der Bank. Neu in der Startelf waren Matthias Ginter, Christian Pulisic, Emre Mor und Dzenis Burnic, für Letzteren war es im Alter von 18 Jahren sein Bundesliga-Debüt. Ebenfalls nicht dabei: Sven Bender (Außenbandriss), Mario Götze (muskuläre Beschwerden) und Nuri Sahin (Aufbautraining).

Taktik:
Darmstadt trat in einer 4-2-3-1-Grundordnung an – und stellte sich nicht hinten rein, sondern suchte schnell, direkt, schnörkellos über Rosenthal und die schnellen Außen Sam und Heller den Weg nach vorn zu Sturmspitze Boyd. Der BVB begegnete dem Gegner in einem 3-4-3-Verbund. Pulisic und/oder Durm auf den Außenpositioen der vierköpfigen Mittelfeldreihe mit Weigl und Guerreiro im Zentrum erweiterten die Dreierkette mit Ginter, Sokratis und Burnic im Spiel gegen den Ball phasenweise zu einer Vierer- oder Fünferkette. Nach der Halbzeitpause stellte Tuchel um auf ein 4-1-4-1 mit Durm, Sokratis, Ginter und Burnic als Linksverteidiger in der Viererkette, Weigl auf der „Sechs“ sowie einer vierköpfigen Reihe hinter Aubameyang mit Pulisic, Mor, Guerreiro und Reus.

Spielverlauf und Analyse:
Vertauschte Rollen in Darmstadt: Die „Lilien“, die das letzte Heimspiel 1:6 gegen den 1. FC Köln verloren hatten, wirbelten in den ersten Minuten den BVB komplett durcheinander. Vor allem Marcel Heller und Sidney Sam hatten auf der linken bzw. rechten Angriffsseite immer wieder brandgefährliche Szenen. Zum Beispiel in der fünften Minute: Sam brachte einen Freistoß aus halblinker Position auf Niemeyer, der verlängerte auf Boyd – Bürki war gegen den Kopfball aus sechs Metern aber gerade noch zur Stelle. Eine Riesenchance!

Bild
Terrence Boyd erzielte die 1:0-Führung für Darmstadt.

Zwei Minuten später setzte Sam Rosenthal in Szene, überwand aus halbrechter Position zwar Bürki, schoss den Ball aber an den rechten Pfosten. Als Heller (16.) den Ball im Strafraum volley nehmen konnte, Bürki aber sicher zupackte, war das bereits die dritte gute Darmstädter Möglichkeit. Zu diesem Zeitpunkt gewann Schwarzgelb nur 29 Prozent aller Zweikämpfe… Schläfrig agierte der BVB auch bei der Darmstädter 1:0-Führung (21.): Heller legte im Strafraum in die Mitte zurück auf Boyd, der Ex-Borusse aus der U23 wurde von vier (!) Dortmundern nicht angegriffen und verwandelte problemlos.

Der Rückstand war dann so etwas wie ein Weckruf. Die Borussia wurde konzentrierter, die „Lilien“ zollten nach und nach dem hohen Tempo Tribut. Die erste Möglichkeit vergab Reus (24.), der am Fuß von Keeper Esser scheiterte. Nach einer guten halben Stunde setzte Reus einen Freistoß an die Latte (32.). Kurz vor der Halbzeit belohnte sich Schwarzgelb: Esser rettete zwar gegen Aubameyang mit einer Glanztat (42.), gegen die blitzschnelle Kombination über Durm, Mor und Torschütze Guerreiro war er aber machtlos – 1:1 (44.). Und auch mit Blick auf die weiteren Statistiken sah es nun erfreulicher aus: Nach Torschüssen führte der BVB mit 7:6, gewann 50 Prozent der Zweikämpfe und hatte 60 Prozent Ballbesitz.

Druckvoller Beginn in Halbzeit zwei - aber keine Chancen

Nach dem Seitenwechsel gab es zwar in der ersten Viertelstunde keine Torchancen für die Borussia, allerdings wirkte Schwarzgelb - auch aufgrund der taktischen Umstellungen (siehe oben) - etwas agiler und baute gegen Darmstadt, das durch Rosenthal (51.) eine gute Szene hatte, Druck auf. Einzig die Lücke im Bollwerk der Gastgeber fanden die Dortmunder nicht. Thomas Tuchel reagierte, brachte Dembelé (62. für Mor) und Kagawa (63. für Guerreiro).

Bild
Guerreiro traf zum 1:1 und jubelte danach ausgelassen.

Ein Ballverlust von Dembelé begünstigte wenig später allerdings das 2:1 für Darmstadt: Altintop lupfte den Ball zu Sam, der sah Colak - und tunnelte Bürki (67.). Nach 70 Minuten hätte es sogar 3:1 stehen müssen, Colak scheiterte am rechten Toreck, Bürki lenkte den Ball an die Latte, den Nachschuss von Gondorf parierte Bürki ebenfalls, den Kopfball von Colak wiederum klärte Ginter auf der Linie.

23 Minuten waren nach dem erneuten Rückstand regulär noch zu spielen, an diesem Nachmittag fehlten dem BVB nach dem Pokal-Fight vom Mittwoch allerdings die Mittel, um die leidenschaftlich verteidigende Darmstädter Defensive zu knacken. In Zahlen ausgedrückt: Fast fünf Kilometer lief Schwarzgelb weniger als die Gastgeber, und auch eine auf 45 Prozent abgesackte Zweikampfquote (zwischenzeitlich sogar 40%) ist ein Grund für die verdiente Niederlage. Steinhöfer hätte in der Nachspielzeit beinahe sogar das 3:1 erzielt, schoss aber über das Tor.

Ausblick:
Kaum Zeit zum Durchschnaufen: Bereits am Montag wird sich der BVB auf den Weg nach Lissabon machen. Am Dienstag (20.45 Uhr) tritt die Borussia dann bei Benfica an. In der Bundesliga geht es in einer Woche weiter, Heimgegner ist der VfL Wolfsburg. 

Teams & Tore