Rechtzeitig vor den wichtigen Spielen in Liga und Pokal, und vor allem rechtzeitig vor dem Achtelfinal-Rückspiel in der UEFA Champions League ist die Tormaschinerie von Borussia Dortmund wieder in Fahrt gekommen. Zwölf Treffer erzielten die Borussen in ihren letzten drei Partien; vier im Schnitt. Das macht Mut für das Spiel gegen Benfica Lissabon, in dem man mindestens zwei Mal treffen muss, um eine Runde weiterzukommen.

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Das unnötige 1:1 in Mainz und noch mehr die unerwartete, aber hochverdiente 1:2-Niederlage in Darmstadt hatten Ende Januar und Anfang Februar die Jahresbilanz getrübt. Doch nach sieben Spielen in der Liga mit 16 von 21 möglichen Punkten, dem Erfolg über Hertha BSC im DFB-Pokal sowie der starken Leistung im Champions-League-Spiel in Lissabon (0:1 verloren, aber extrem gut gespielt) darf Thomas Tuchel zurecht feststellen, dass Form und Formation mittlerweile stimmen: „Wir haben viel Selbstvertrauen, die Atmosphäre in der Mannschaft wächst zusammen. Wir fokussieren uns, es geht Schritt für Schritt voran, das ist eine tolle Entwicklung der Mannschaft und insgesamt eine richtig gute Phase für uns.“

Die Dreierkette in der Abwehr hat sich etabliert, und in ihr steigert sich Marc Bartra von Woche zu Woche. Julian Weigl hat auf der „Sechs“ einen Nebenmann bekommen und muss nicht mehr allein das Bindeglied zwischen Abwehr und offensivem Mittelfeld bilden, und vorne, da laufen eh’ lauter „Zauberer“ rum. Jedenfalls würde sich Franz Beckenbauer wohl so äußern. „Das Tempo, das der BVB spielen kann, konnten wir einfach nicht verteidigen“, meinte jedenfalls Leverkusens Lars Bender.

Reus kommt aus dem Tritt und verletzt sich

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Borussia Dortmund profitierte in einer über lange Zeit ausgeglichenen Begegnung zunächst von zwei krassen Abwehrfehlern des Gegners: Vor dem 1:0 rutschte Aranguiz weg, Dembélé verschaffte sich mit einer Drehung freie Bahn und schoss unhaltbar ein (6.). Vor dem 2:0 bugsierte Jedvai nach einer Ecke einen Kopfball von Bartra vor die Füße des freistehenden Aubameyang (26.). Die Schwarzgelben ließen dann zwei große, selbst herausgespielten Chancen aus: Zunächst säbelte Aubameyang nach Dembélés Hereingabe vor dem praktisch leeren Tor über den Ball (21.), dann wurde Reus bei einem Solo von Jedvai aus dem Tritt gebracht, scheiterte nicht nur an Leno, sondern – was viel schlimmer war – verletzte sich in dieser Situation und fällt (mindestens) gegen Benfica aus.

„Das trifft uns sehr, weil Marco in den letzten Wochen und auch heute vor allem in der Anfangsphase, die ich etwas träge wahrgenommen habe, derjenige war, der ständig angeschoben hat, hellwach war und seit Wochen viel Verantwortung übernimmt, auf hohem Niveau stabil spielt und mit seiner Persönlichkeit sehr wichtig ist für uns“, haderte Thomas Tuchel: „Das ist ein enormer Verlust, der diesen Sieg auf jeden Fall trübt.“

Pulisic von Bayer nie zu fassen

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Ohne Reus kam der BVB aus der Kabine, kassierte direkt den Anschlusstreffer (Volland, 48.), verpasste durch Dembélé nach klasse Konter den Gegenschlag (58.), stellte aber in einer spannenden Partie in der 70. Minute den Zwei-Tore-Abstand wieder her: Einen zu kurz abgewehrten Guerreiro-Freistoß beförderte Dembélé an den langen Pfosten zu Aubameyang, der zum ersten Mal in seiner Karriere in zwei aufeinander folgenden Spielen für Borussia doppelt traf.

Doch Leverkusen steckte in beeindruckender Art und Weise nie auf. Mit einem kunstvollen Freistoß und absolut unhaltbar für Bürki stellte Wendell in der 74. Minute erneut den Anschluss her. Und Borussia? Ließ nie den Kopf hängen, überließ die Initiative nie dem Gegner, und der für Reus eingewechselte Pulisic belohnte sich für eine starke Leistung nur drei Minuten später mit dem durch Castro und Durm eingefädelten Treffer zum 4:2.

Erst dieses Tor, der dritte Zwei-Tore-Rückstand in diesem Spiel, brach die Moral bei der Werkself. Schürrle per Elfmeter (85.) und Guerreiro in der Nachspielzeit (90.+2) mit 114 km/h machten den historisch höchsten Sieg über Leverkusen im immerhin schon 76. Bundesligaduell beider Klubs perfekt.

„Seit Wochen viele Torchancen und Hochkaräter“

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Sechs Tore gegen Leverkusen, drei in Freiburg, drei gegen Wolfsburg und damit insgesamt zwölf in den letzten drei Partien unterstreichen, dass das Tal der fehlende Tore (nur sieben in den sieben Partien gegen Augsburg, Bremen, Mainz, Leipzig, Berlin, Darmstadt und Lissabon) durchschritten ist. Thomas Tuchel setzt in seiner Betrachtung aber etwas früher an: „Da muss ich weiter ausholen. Ich finde, dass wir hier zuhause gegen Leipzig und Hertha auch zwischen vier und sechs Tore hätten schießen können, weil wir uns so viele Chancen herausgespielt haben. Im Rückblick hat uns das Spiel gegen Leipzig einen enormen Schub gegeben. Von der Art und Weise, wie wir gespielt haben, wieviel Energie wir hatten, wie giftig und aggressiv wir spielen können, mit welchem Spirit wir verteidigen und umschalten können gegen aggressive Gegner: Das war bis dorthin ein Problem, uns da zu wehren. Wir spielen uns seit Wochen viele Torchancen und Hochkaräter heraus. Darmstadt war da eher die Ausnahme.“

Nun kommt Benfica. Borussia muss zwar ohne Marco Reus auskommen, was einen herben Verlust darstellt, aber da vorne, da gibt’s so viele Zauberer: Aubameyang, Dembélé, Pulisic, Schürrle und Mor. 21 Tore haben sie in der Gruppenphase geschossen. Champions-League-Rekord! Hat weder Messis Barca noch Ronaldos Real jemals geschafft. Nun kommt Benfica. Zuletzt (nunja, ist schon ein bisschen her) gab’s ein 5:0...
Boris Rupert