Borussia Dortmund hat das Viertelfinal-Hinspiel in der UEFA Champions League gegen AS Monaco mit 2:3 (0:2) verloren. Der Schock des Sprengstoffanschlags auf den BVB-Bus am Vortag war dem BVB eine Halbzeit lang deutlich anzumerken, nach dem Seitenwechsel befreite sich das Team zeitweise von der Last, kam aber nicht mehr zum Ausgleich.

Es berichtet Dennis-Julian Gottschlich

„Wie soll man von diesem deutschen Team und diesen Spielern verlangen, 24 Stunden danach einsatzfähig zu sein, als ob nichts wäre und im Vollbesitz ihrer Fähigkeiten? Niemand weiß, wie sie reagieren werden und in welche Richtung die emotionale Überlastung sie tragen wird (...)“, brachte die französische Sportzeitung L’Équipe am Mittwochmorgen nach dem Anschlag, bei dem sich Marc Bartra einen Bruch der Speiche sowie Fremdkörper-Einsprengungen am rechten Handgelenk zugezogen hatte, die mehr als widrigen Umstände auf den Punkt.

Trotz oder gerade wegen der Ereignisse vom Vortag hatten 65.848 Zuschauer den Weg in den ausverkauften SIGNAL IDUNA PARK gefunden und sorgten - nicht nur durch eine tolle Choreografie - zu Beginn des Spiels für echte Gänsehaut-Atmosphäre! Trotzdem hatte das Team von Thomas Tuchel so seine Probleme, ins Spiel zu finden. Zwei Halbchancen durch Aubameyang (4./11.) und eine gute Möglichkeit von Kagawa reichten in der ersten Halbzeit nicht, denn Monaco ging durch ein Tor aus Abseitsposition von Mbappé (19.) und ein unglückliches Eigentor von Bender (35.) mit einer 2:0-Führung in die Pause, verschoss zudem durch Fabinho einen Elfmeter (17.). Nach dem Seitenwechsel drehte der BVB dann auf, brachte Monaco zum Teil gewaltig ins Schwimmen und kam durch Dembélé (57.) wieder ran. Dann wurde es extrem spannend: Mbappé besorgte zwar das 3:1 für Monaco (79.), aber Kagawa holte den BVB wieder zurück ins Spiel (84.). Am Ende reichte es dann leider doch nicht zum eigentlich verdienten Remis für die Borussia.

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Marc Bartra war beim Anschlag am Vorabend verletzt und noch in der Nacht an Arm und Hand operiert worden.

Ausgangslage:
Das Spiel wurde schon einen Tag nach der Absage neu angesetzt. Ein Termin, der laut BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim „alternativlos“ war: „Wir haben einen sehr engen Rahmenterminkalender. Nächste Woche ist schon das Rückspiel. Es gab auch nicht die Möglichkeit, auf Donnerstag zu gehen, denn wir können die Monegassen nicht drei Tage hier halten. Die haben am Wochenende ja auch wieder ein Spiel.“ Der Tenor innerhalb der Mannschaft war klar: „Wir spielen für Marc Bartra“, sagte Kapitän Marcel Schmelzer.

Zum Sportlichen: Beide Teams waren als Gruppensieger ins Achtelfinale eingezogen und hatten dort im Rückspiel eine Hinspiel-Niederlage noch gedreht: Der BVB zog nach 0:1 bei Benfica Lissabon mit einem 4:0 in die Runde der letzten Acht ein. Monaco verlor zunächst mit 3:5 bei Manchester City, das im Rückspiel mit 3:1 besiegt wurde. 

Personalien:
Neben Bartra fehlten auch Castro (Adduktoren), Rode (muskuläre Probleme), Reus (Rückstand nach Faserriss), Schürrle (Sprunggelenk), Durm (Zerrung) und Götze (Stoffwechselerkrankung). Somit umfasste der Kader nur 17 Spieler. Im Vergleich zum Spiel in München nahm Thomas Tuchel vier Änderungen in der Startelf vor: Bender und Weigl ersetzten Bartra und Castro. Außerdem kehrten Piszczek und Kagawa für Passlack und Pulisic (beide Bank) zurück. Monaco musste ohne Sidibé (Blindarmentzündung), Bakayoko (Gelbsperre), Boschilia (Kreuzbandriss) und Carrillo (Oberschenkel) auskommen.

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Roman Bürki musste vor der Pause zweimal hinter sich greifen.

Taktik:
Borussia war in einer 3-1-4-2-Grundordnung sehr offensiv aufgestellt. Vor der Dreierkette mit Piszczek, Sokratis und Bender war nur ein Sechser (Weigl) platziert. Guerreiro und Kagawa versuchten, auf den Halbpositionen die Schwungräder zu drehen, waren außen flankiert von Ginter und Schmelzer. Vorne stürmten Aubameyang und Dembélé. Gegen den Ball rückte Schmelzer in den Abwehrverband ein und erweiterte ihn zu einer Viererkette. Monaco verteidigte in einer 4-3-3-Grundordnung, baute im 4-4-2 auf. In der Pause stellte Tuchel taktisch um auf ein 4-3-3 mit Piszczek, Sokratis, Ginter und Guerreiro in der Abwehr, Weigl auf der Sechs, Kagawa und Sahin auf den Halbpositionen sowie zunächst Pulisic, Aubameyang und Dembélé im Angriff. Später rückte Dembélé hinter die Spitzen und überließ die linke Bahn auch offensiv Guerreiro.

Spielverlauf & Analyse:
Der BVB versuchte, das Spiel zu machen und kam in der Anfangsphase zweimal durch Aubameyang in aussichtsreiche Abschlussposition. Nach vier Minuten verhinderte Monacos Innenverteidiger Glik den Toschuss mit einem bärenstarken Tackling, kurze Zeit später verzog der Gabuner dann aus etwa 14 Metern und spitzem Winkel über das Tor (11.). Die Monegassen auf der anderen Seite beschränkten sich aufs Konterspiel und bekamen nach 16 Minuten die erste riesengroße Möglichkeit zur Führung, als Sokratis seinen Gegenspieler Mbappé im Strafraum kurz hielt. Der Franzose nahm das dankend an und fiel – Strafstoß für das Team aus dem Fürstentum. Diesen setzte Fabinho allerdings knapp links neben das Tor (17.).

Die Erleichterung darüber hielt aber nur genau zwei Minuten, denn schon mit dem nächsten Konter ging Monaco dann doch in Führung. Bernardo Silva warf im Mittelfeld den Turbo an und passte kurz vor der Strafraumgrenze links raus zu Lemar, dessen Hereingabe Mbappé am Fünfer irgendwie ins Tor stolperte (19.). Der Monegasse stand bei Lemars Flanke glasklar im Abseits, was das Unparteiischen-Gespann aber nicht sah. Die Schwarzgelben hätten durch Kagawa zum Ausgleich kommen können, der Japaner verzog nach feiner Vorarbeit von Ginter aber aus sechs Metern ganz knapp links (31.). Statt des 1:1 kam es vor der Pause dann aber noch dicker für die Borussen: Raggi flankte von links und Bender köpfte den Ball unglücklich, im Zweikampf mit Falcao, zum 0:2 ins eigene Netz (35.).

Guerreiro und Kagawa mit den Anschlusstreffern

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Sokratis sieht für ein Foul im Strafraum in der ersten Halbzeit die Gelbe Karte. Den fälligen Elfmeter verschießt Monaco.

Direkt nach Wiederanpfiff hätte Borussia Dortmund dann durch einen Dembélé-Freistoß zurück in die Partie kommen können, der Franzose verzog aus 17 Metern aber einen guten Meter rechts neben das Tor (47.). Der Wille war dem BVB – auch durch die deutlich offensivere Ausrichtung mit den eingewechselten Pulisic und Sahin – nun deutlich anzumerken. Zwischen Minute 48 und 55 segelten mehrere scharfe Hereingaben in den Strafraum der Monegassen, die aber immer im letzten Moment von Glik, Fabinho oder Raggi ausgeputzt werden konnten. Auch das Publikum merkte, dass das Spiel noch lange nicht verloren war, peitschte die Mannschaft nun wieder lautstark nach vorne. Der Anschluss lag in der Luft – und er fiel! Sahin spielte den öffnenden Pass zu Guerreiro, dessen Flanke Aubameyang artistisch mit der Hacke für Kagwa am Fünfer vorlegte. Der Japaner legte den Ball vor Monacos Keeper Subasic quer, und Dembélé schob aus kurzer Distanz ein (57.).

Die Schwarzgelben drehten nun einige Minuten auf, befreiten sich kurzzeitig von der Last der Ereignisse des vorangegangenen Abends und schnürten das Team aus dem Fürstentum an dessen Strafraum ein: Guerreiros brettharte Hereingabe von links fand leider keinen Abnehmer (62.), zudem hatte Aubameyang ein Zuspiel von Dembélé im Strafraum kurz vorher nur haarscharf verpasst (59.). Pulisic schloss aus 17 Metern ab (77.), stellte Subasic damit aber nicht vor Probleme. Monaco ließ sich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen, beschränkte sich weiter aufs Kontern, und so bot sich erst Falcao die Chance auf das 3:1, er verzog aber aus 15 Metern und spitzem Winkel (76.). Kurz danach leistete sich der BVB dann einen einfachen Abspielfehler im Mittelfeld, und Mbappé machte sich auf und davon, um aus 17 Metern souverän oben rechts zum 1:3 zu vollenden (79.). 

Der BVB gab sich aber immer noch nicht auf! Sahin legte von rechts in die Mitte, wo Kagawa den Ball zehn Meter vor dem Tor annahm, zwei Mann aussteigen ließ und dann aus sechs Metern flach zum erneuten Anschluss vollendete (84.). Bis zum Abpfiff kombinierte sich der BVB immer wieder gefährlich in den Strafraum, schaffte den Ausgleich aber nicht mehr. Aubameyang verpasste per Kopf aus vier Metern die beste Ausgleichschance (90.+1).

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Ausblick:
Kommende Woche Mittwoch (19. April, 20:45 Uhr) steigt das Rückspiel im Stade Louis II in Monaco. Zuvor ist am Samstag (15:30 Uhr) in der Bundesliga Eintracht Frankfurt in Dortmund zu Gast.

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