Zum 144. Mal in der Vereinsgeschichte führt Borussia Dortmund die Tabelle der Fußball-Bundesliga an. Hinter dieser Momentaufnahme verbergen sich der beste Start eines neuen BVB-Trainers – und sechs Punkte auf der Habenseite, die der Mannschaft auf dem Weg zu ihren Saisonzielen nicht mehr zu nehmen sind.

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Marco Reus und Pierre-Emerick Aubameyang

Ein ernsthafter Herausforderer der ersten Vier wolle der BVB wieder werden, hatte Thomas Tuchel angekündigt. Und bislang erfüllt die Mannschaft diese Rolle. Mit Bravour sogar. Sie hat ligaweit die zweimeisten Torschüsse abgegeben und die meisten Tore erzielt. Sie hat ligaweit die wenigsten Torschüsse zugelassen und ist als einziges Team noch ohne Gegentreffer. Und dennoch verfällt niemand in Euphorie. „Im Großen und Ganzen war das ein richtig starkes Spiel von uns“, kommentierte Marcel Schmelzer den 4:0-Sieg am Sonntag in Ingolstadt, und in diesen Worten schwang mehr Selbstkritik als übertriebenes Selbstbewusstsein mit.

Vorne spielen die phantastischen Fünf (Aubameyang, Mkhitaryan, Reus, Kagawa und Gündogan) den gegnerischen Abwehrreihen zwar Knoten in die Beine, doch der Umgang mit hochkarätigen Torchancen gestaltet sich durchaus noch verschwenderisch. „Man kann zwar auch nicht erwarten, dass wir alle reinmachen, trotzdem ist das ganz klar unser Manko in dieser noch jungen Spielzeit“, bemerkt Matthias Ginter.

Die Defensive wurde in der Bundesliga zwar noch nicht so recht geprüft, verriet aber zumindest beim 4:3 in den Europa-League-Playoffs gegen Odds BK zu Beginn gewisse Orientierungsschwierigkeiten, auch wenn die Voraussetzungen für beide Mannschaften in diesem Spiel nicht gleich waren: Die Norweger wussten die Eigenheiten des Kunstrasens zunächst besser zu nutzen. Immerhin: In fünf der sechs Pflichtspiele ließen Hummels & Co. kein Gegentor zu!

In Ingolstadt reichten 109 Kilometer für den Sieg

Bereits jetzt lässt sich feststellen: Borussia Dortmund spielt ökonomischer und geduldiger. Wurde in den vergangenen Jahren regelmäßig die 120-Kilometer-Marke in einem Spiel geknackt, benötigten die Schwarzgelben in Ingolstadt nur 109 Kilometer für den Sieg. Und: „Es war wichtig, dass wir geduldig geblieben sind“, führte Schmelzer an. Erst in der 55. Minute fand eine Aktion über Weigl und Mkhitaryan jenen Weg, den Ginter mit dem 0:1 vollendete.

„Wir waren sehr präsent, sehr dominant und haben ein top Spiel abgeliefert“, bilanzierte Thomas Tuchel: „Wir hätten schon in der ersten Halbzeit hoch führen können, hatten hochkarätige Chancen. Aber auch nach der Pause sind wir klar geblieben in unserem Spiel. Ich bin sehr glücklich, dass wir die zweite Halbzeit so durchgezogen haben und sehr stolz auf meine Mannschaft.“

Sanfte Rotation und einige Neuerungen

Der neue Coach dosiert die Belastungen, er schöpft das Wechselkontingent stets voll aus und scheut auch nicht vor Rotation, wenn auch im sanften Stil. In der Mitte zwischen Ingolstadt und Odds gewährt er einen freien Tag zur Regeneration, am Dienstag, und die Nacht vor Heimspielen verbringen die Profis im eigenen Bett.

Auf die warten in dieser Woche noch zwei wichtige Aufgaben: Der Einzug in die Gruppenphase der UEFA Europa League muss am Donnerstagabend (20.30 Uhr, es gibt noch Karten!) perfekt gemacht werden, und am Sonntag geht es darum, die Zahl der Tabellenführungen auf 145 zu schrauben...
Boris Rupert