Erst morgens um 3 Uhr endete eine Dienstreise, die Borussia Dortmund ins Halbfinale um den DFB-Pokal gebracht hat. Entsprechend müde, aber auch entsprechend glücklich stiegen die Profis am Trainingszentrum an der Adi-Preißler-Allee in ihre Autos um und fuhren nach Hause, um sich noch ein paar Stunden aufs Ohr zu legen.

Die Verzögerung im Reiseablauf war einem Engpass auf Stuttgarts nächtlichen Straßen auf dem Weg zum Flughafen und der Tatsache, dass Marcel Schmelzer zur Dopingprobe musste, geschuldet. „Danke fürs Warten, Jungs“, twitterte der Abwehrspieler. So etwas nennt man Teamgeist.

Der ist ganz besonders ausgeprägt in dieser Mannschaft, die die Saison 2015/16 zu ihrer zu machen scheint. In der Liga winkt die Vizemeisterschaft und damit ein Erfolg, der vor genau einem Jahr, als Borussia Dortmund Letzter war in der Tabelle, undenkbar schien. Und im Pokal steht man zum 13. Mal insgesamt und zum vierten Mal in den letzten fünf Spielzeiten im Halbfinale.

„Meistens einen Schritt schneller als der Gegner“

Als Pierre-Emerick Aubameyang in der 89. Minute mit einer Weltklasse-Aktion den finalen Konter ansetzte und Henrikh Mkhitaryan nur noch sein feines Füßchen hinzuhalten brauchte, um zum 3:1 einzuschieben, rannte Roman Bürki über das gesamte Feld, über den nach sintflutartigen Regenfällen vor und zu Beginn der Partie ramponierten Acker der Stuttgarter Arena, um mit den Kollegen den Siegtreffer zu feiern. Der Schweizer, der eine fehlerfreie Partie hingelegt hatte, spürte eine „Riesenerleichterung“. Denn: „Wir hatten die Chancen, den Sack früher zuzumachen gegen einen sehr guten Gegner, der immer gefährlich blieb.“ Und weiter: „Es war ein echter Pokalfight. Wir haben ihn angenommen und waren meistens einen Schritt schneller als der Gegner.“

Den Schlüssel zum Erfolg sah Marco Reus schon in der Vorbereitung auf die mit Spannung erwartete Partie bei der aktuell formstärksten Mannschaft der Liga. „Wir waren extrem gut eingestellt“, betonte der Nationalspieler. Dass die Begegnung kein fußballerischer Leckerbissen wurde, lag an den widrigen äußeren Bedingungen. Je tiefer der Platz wurde, desto „zerfahrener wurde das Spiel. Wir haben die Struktur dann nicht mehr so gehalten, hätten aber frühzeitig einen Konter setzen müssen und haben es so unnötig spannend gemacht“.

Regeneration bis Samstag – dann kommt Hannover

Reus mit einem Tor und einer Vorlage, Aubameyang mit einem Tor und zwei Vorlagen waren die nach außen hervorstechenden Protagonisten, doch Wahnsinn war es, was die Mannschaft insgesamt geleistet hat. Thomas Tuchel bezog in seiner Betrachtung den Gegner mit ein und betonte: „Was beide Teams athletisch geleistet haben, ist herauszuheben!“

Nach zwei Spielen binnen drei Tagen auf extrem tiefem Geläuf ist Regeneration angesagt bei Borussia Dortmund. Tuchel wird die Mannschaft bis zum Spiel gegen Hannover am Samstag beschäftigen, aber kaum belasten.

Denn es warten heiße Wochen auf die Schwarzgelben. Bis zum Halbfinale am 19. oder 20. April gibt es noch bis zu sieben weitere „englische Wochen“, abhängig vom Abschneiden in der UEFA Europa League.

Auslosung heute Abend – Reus wartet auf die Losfee

Im Pokal jedenfalls steht der BVB zum 13. Mal im Halbfinale. Ausgelost werden die beiden Paarungen heute Abend im Anschluss an das Live-Spiel Bochum gegen Bayern (Beginn 20.30 Uhr) und der Zusammenfassung des Spiels Heidenheim gegen Hertha. „Wenn es nach mir ginge, würden wir jedes Pokalspiel zu Hause spielen“, meint Marco Reus: „Doch wir müssen darauf warten, was die Losfee macht...“
Boris Rupert