Natürlich war der Derbysieg gegen Schalke das erklärte Ziel. Und sicherlich fühlt sich das Remis, nachdem der BVB zweimal in Führung gelegen hat, eher nach zwei verlorenen als nach einem gewonnen Punkt an. Trotzdem kann Borussia Dortmund nach dem besonders in der zweiten Halbzeit spektakulären Aufeinandertreffen mit dem Erzrivalen aus Gelsenkirchen ein positives Fazit ziehen. 

Der Hauptgrund dafür ist, dass die Partie in der Schalker Arena gezeigt hat, wie exzellent der Kader von Thomas Tuchel auch in der Breite aufgestellt ist. Mit acht personellen Veränderungen gegenüber dem Duell mit Liverpool drei Tage zuvor starteten die Schwarzgelben. Natürlich habe die Doppelbelastung dabei eine Rolle gespielt, erklärte der Coach die Gründe dafür, dass Spieler wie Marco Reus, Ilkay Gündogan, Gonzalo Castro, Lukasz Piszczek, Henrikh Mkhitaryan oder Pierre-Emerick Aubameyang (zunächst) auf der Bank saßen.

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BVB läuft auf Belastungsgrenze zu

32 Minuten dauerte es, bis Schalke durch Sanés Pfostenschuss das erste Mal gefährlich zum Abschluss kam. Davor war es zwar kein hochklassiges Spiel, aber die Borussia war überlegen, hatte den Gegner weitgehend im Griff, hätte durch Pulisic sogar selbst in Führung gehen können. Ein klares Indiz dafür, dass das Trainerteam richtig gehandelt hat, schließlich stehen bis zum Saisonende noch weitere schwere Aufgaben an.

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Piszczek, Mkhitaryan, Gündogan, Castro, Reus, Aubameyang: Große Namen auf der Bank des BVB.

„Wir haben an die Zusammenstellung dieser Mannschaft hundertprozentig geglaubt, und das hat sich ja auch bestätigt“, meinte Tuchel demnach auch, als er auf die vielen Wechsel in der Anfangsformation angesprochen wurde. „Im 48. Pflichtspiel laufen wir auf eine Belastungsgrenze zu. Ich weiß, dass es sehr viele Wechsel waren. Aber mit jeder Videoanalyse hat sich das besser angefühlt, dass wir nach 60 Minuten gut nachwechseln können.“

Und fast wäre der Plan aufgegangen. Schon die Einwechslung von Henrikh Mkhitaryan zur Halbzeit brachte ordentlich Schwung in das Offensivspiel des BVB. Der Armenier riss die Partie förmlich an sich, war sofort an mehreren Großchancen beteiligt. Auch die Rückkehr von Ilkay Gündogan bewertete Tuchel positiv: „Ich habe mich sehr gefreut über das Comeback von Illie.“ Besonders überzeugt hatte den Trainer aber die Leistung von Christian Pulisic. „Er ist im ersten Jahr A-Jugendlicher. Seine ersten beiden Spiele von Beginn an waren in Leverkusen und heute hier in Schalke. Es gibt leichtere Aufgaben“, so Tuchel. „Es zeigt die große Wertschätzung unsererseits, dass wir ihn als vollwertiges Kadermitglied sehen.“

Gestärkt in das Duell mit Liverpool

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Christian Pulisic überzeugte in seinem zweiten Spiel von Beginn an.

Aber nicht nur Christian Pulisic, auch Moritz Leitner, Adrian Ramos und der komplette Rest der Mannschaft haben einen guten Eindruck hinterlassen. Es gibt also viele positive Dinge, die Borussia Dortmund aus dem Duell mit Schalke 04 mitnehmen konnte, auch wenn sowohl Spieler als auch Fans die Arena lieber als Sieger verlassen hätten. Wer unter diesen Voraussetzungen auswärts beim Erzrivalen, mit einer komplett neu zusammengestellten Startformation, ein Unentschieden erreicht, der kann durchaus gestärkt in die kommenden Aufgaben gehen.

Die heißen am Donnerstag FC Liverpool in der UEFA Europa League, am Sonntag Hamburger SV in der Bundesliga und kommende Woche Mittwoch Hertha BSC im DFB-Pokal. Alles andere als Laufkundschaft. Thomas Tuchel weiß also, warum er die Belastung in diesen Tagen gezielt steuert. Und das Spiel gegen Schalke hat ihm wieder einmal gezeigt, dass er sich auf seinen gesamten Kader verlassen kann.
Dennis-Julian Gottschlich