Was für ein irres Spiel! Nach einem 0:2- und 1:3-Rückstand beim Tabellenletzten FC Ingolstadt hat der BVB beim 3:3 (0:2) zumindest noch einen Punkt geholt, blieb aber bereits zum dritten Mal in Serie ohne Sieg.

Vor 15.200 Zuschauern im Audi-Sportpark legten die Gastgeber in der ersten Halbzeit ordentlich vor: Nach zwei Standardsituationen von Markus Suttner waren Almog Cohen (6.) und Dario Lezcano (24.) zur Stelle und sorgten für eine 2:0-Führung. Nach der Pause war es ein wilder Schlagabtausch: Erst traf Aubameyang zum 1:2 (59.), im direkten Gegenzug stellte Lezcano (60.) den alten Abstand wieder her, Ramos (69.) verkürzte erneut. In der Nachspielzeit sicherte der eingewechselte Pulisic (90.+1) dem im Vergleich zur ersten Hälfte stark verbesserten BVB einen Zähler.

Es berichtet Felix Ulrich

Ausgangslage
Der FC Ingolstadt war mit nur einem Punkt nach sieben Spielen in die Saison gestartet, mit Blick auf die Tabelle war das Duell des 18. gegen den Fünften eine klare Sache. Nach den höchst anspruchsvollen 97 Minuten von Lissabon (2:1) waren die Borussen aber keinen Deut weniger gefordert. Tuchel hatte im Vorfeld gewarnt: „Ingolstadt ist kein typischer Tabellenletzter. Sie haben die höchste Intensität im Spiel gegen den Ball in der gesamten Liga, die meisten Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte, und sie lassen extrem wenige Torschüsse zu.“ In der Saison 2015/16 hatte der BVB mit 4:0 (A) und 2:0 (H) gewonnen.

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Castro meldete sich für die Partie in Ingolstadt wieder einsatzfähig.

Personalien
Zwei Borussen waren vor der Partie beim FC Ingolstadt fraglich: Während Kagawa von Beginn an für Götze dabei war, musste der BVB auf Sokratis (muskuläre Probleme) verzichten, für ihn lief Bartra in der Innenverteidigung auf. Nicht einsatzfähig waren zudem Sahin (Blockade der Halswirbelsäule), Mor (Rot-Sperre), Guerreiro (Faserriss), Bender (Knochenmarködem), Schmelzer (Muskelfaserriss), Schürrle (Innenbanddehnung), Reus, Subotic (beide Aufbautraining) und Durm (Knie-OP). Castro (nach Muskelfaserriss) feierte hingegen sein Comeback. Im Tor erhielt Bürki eine Pause, für ihn rückte Weidenfeller zwischen die Pfosten - sein erstes Ligaspiel seit März 2016 (2:0 in Darmstadt). Im Vergleich zum 2:1-Erfolg in Lissabon änderte Trainer Thomas Tuchel die Startelf auf fünf Positionen, da auch Passlack (Park) und Pulisic (Ramos) nur auf der Bank saßen. Ingolstadts Coach Kauczinski schenkte nach dem 1:2 in Köln mit Hadergjonaj (für Levels) und Lezcano (für Lex) zwei „Neuen“ das Vertrauen.

Taktik
Der FCI ließ ab vom bisher praktizierten 4-3-3-System und reihte sich sehr tief in einer 4-4-2-Grundordnung auf, in der sich die beiden Angreifer Hinterseer und Lezcano bei Dortmunder Ballbesitz ebenfalls weit zurückzogen in die eigene Hälfte. Der BVB agierte in einer 4-1-3-2-Grundordnung, in der sich Aubameyang knapp hinter Ramos positionierte. Die offensive Dreierreihe im Mittelfeld mit Dembélé (links), Kagawa und Castro formierte sich sehr eng und ließ auf den Außenbahnen Platz für die hoch aufrückenden Außenverteidiger Park und Piszczek.

Spielverlauf und Analyse
Ottmar Hitzfeld hatte zu seiner Zeit als BVB-Trainer häufig davon gesprochen, dass seine Mannschaft erst einmal die Müdigkeit aus den Beinen hätte herauslaufen müssen, wenn nach einer Partie im Europacup in der Bundesliga zunächst nicht viel zusammenlief. In der zweiten Halbzeit zeigte die Borussia damals tatsächlich oft eine andere, stark verbesserte Leistung. So ähnlich war es auch gut 19 Jahre nach Hitzfelds letztem Spiel als BVB-Trainer.

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Adrian Ramos erzielte in Ingolstadt das 2:3 (69.). Für den Kolumbianer war es das erste Bundesliga-Spiel seit dem 17. September 2016.

Schwarzgelb war beim FC Ingolstadt 45 Minuten klar unterlegen. Gegen den Tabellenletzten wirkte die Defensive fahrig, unkonzentriert bei Standards, anfällig bei hohen Bällen in den eigenen Strafraum. Die Offensive verlor wiederum leichtfertig Bälle, die Überzeugung in Eins-gegen-Eins-Situationen fehlte genauso wie die Kreativität. Und von den elf Torschüssen zur Pause resultierte nur eine echte Torchance (Castro/28.). Kurz: Es war eine erste Halbzeit zum Vergessen. Mit dem 0:2 war der BVB, der immerhin 69 Prozent Ballbesitz verbuchte, noch gut bedient.

Bereits in der sechsten Minute hatte Almog Cohen nach einer Freistoß-Hereingabe von Markus Suttner aus kurzer Distanz zum 1:0 für die Hausherren getroffen. Das erste Ingolstädter Tor in der Geschichte gegen den BVB. Hinterseer (13.) scheiterte - alleingelassen von Park - mit seinem Seitfallzieher aus fünf Metern Gott sei Dank an Weidenfeller.

BVB mit dem 0:2 zur Pause noch gut bedient

Wenig später legten die „Schanzer“ nach. Die Entstehung des zweiten Treffers, war dabei so gut wie identisch mit der zum 1:0: Suttner brachte den ruhenden Ball vom rechten Flügel in den Strafraum, diesmal kam Lezcano von Bartra unbedrängt zum Kopfball - 2:0 (24.). Hinterseer (36.), Lezcano (44.), Hartmann (44.) und Cohen (45.+1) hätten noch vor dem Wechsel das 3:0 erzielen können, ließen der Borussia aber für die zweite Hälfte noch Luft zum Atmen.

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Torschütze zum 1:2 (59.): Pierre-Emerick Aubameyang.

Nach der Pause nahm Thomas Tuchel Park aus der Partie, für ihn kam Pulisic, und stellte defensiv auf Dreierkette (Piszczek, Ginter, Bartra) um. Castro und Weigl sicherten davor ab, während Pulisic für mehr Tempo und Torgefahr über die rechte Seite sorgen sollte. Der BVB wirkte nun tatsächlich wie ausgewechselt, erzeugte endlich Druck, startete den Einbahnstraßenfußball in Richtung Ingolstädter Tor - allerdings zunächst ohne Durchschlagskraft.

Sekunden nach der Einwechselung von Götze (für Castro) traf aber Aubameyang fast aus dem Stand per Kopf (59.) zum 1:2. Dembelé hatte geflankt. 40 Sekunden später stellte Lezcano (60.) den alten Abstand wieder her. Hartmann (61.) hätte bei einem Konter aus 16 Metern dann sogar auf 4:1 erhöhen können, scheiterte aber am linken Pfosten. Ein irres Spiel! Und es war noch nicht vorbei...

Nyland rettet gegen Passlack und Götze

Nach Vorarbeit von Pulisic verkürzte Ramos auf 2:3 (69.). Es blieben dem BVB also immerhin 21 Minuten, um zumindest einen Punkt aus Ingolstadt zu entführen. Thomas Tuchel stellte taktisch nach der Einwechselung von Passlack (73. Kagawa) erneut um, diesmal auf ein 4-1-4-1. Maßgabe: Immer weiter, immer weiter! Passlack hatte in der 79. Minute das 3:3 auf dem Fuß, FCI-Keeper Nyland kratzte den Distanzschuss aber noch aus der rechten unteren Ecke. Auch gegen Götze (86.) rettete der Norweger in höchster Not. Und der BVB glich doch noch aus: Piszczecks Kopfball parierte Nyland, beim Nachschuss von Pulisic (90.+1) war er aber machtlos. Aubameyang (90.+4) hätte Sekunden vor Schluss sogar per Kopf beinahe noch das 4:3 erzielt.

Ausblick
Und weiter gehen die Englischen Wochen: Am Mittwoch kommt der 1. FC Union Berlin im DFB-Pokal in den SIGNAL IDUNA PARK. Anstoß ist um 20.45 Uhr. Nur drei Tage später steigt um 18.30 Uhr das Revierderby gegen den FC Schalke 04.

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