Ein Erdbeben hat Fußball-Deutschland erschüttert, obwohl das Epizentrum weit entfernt lag. In England wurde ein neuer Fernsehvertrag abgeschlossen, und in Deutschland wurde die heile Welt der Bundesliga in ihren Grundfesten erschüttert.

Und so liefen die Menschen auf die Straße, fassten sich an den Kopf und schrien voller Verzweiflung: „Geld! Wir wollen mehr Geld! Wenn wir nicht genauso mit TV-Geldern überhäuft werden wie englische Clubs, ist die Bundesliga dem Untergang geweiht!“

Und wie das nun einmal so ist, wenn Menschen in Panik geraten und keine klaren Gedanken mehr fassen können, wurde alles in der deutschen Fußball-Fernseh- Landschaft in Frage gestellt. Jetzt plötzlich muss natürlich genau die SPORTSCHAU wieder weg, für die Fußballfunktionäre, Politiker und Kartellamtsmitarbeiter immer so aufopferungsvoll gekämpft hatten. Jetzt brauchen wir plötzlich ein Ende jenes Pay-TV-Monopols, das die DFL vor nicht einmal drei Jahren – ebenfalls auf der Jagd nach dem großen Geld – sehenden Auges geschaffen hatte. Und jetzt brauchen wir natürlich eine weitere Zerstückelung des Spieltages, weil nur mit immer mehr Anstoßzeiten der Kampf gegen die Premier League gewonnen werden kann. Dieser Kampf wurde sogar zum Verdrängungswettbewerb erklärt. Geradezu so, als müssten Dortmund- oder Bremen- Fans eines Tages feststellen, dass in ihrem Stadion nicht mehr der BVB oder Werder, sondern Tottenham und Aston Villa auflaufen.

Vielleicht sollten wir uns zur Versachlichung der Diskussion einige ganz simple Fakten vor Augen führen:

  1. Das Kartellamt will bei jedem Angriff auf das Free-TV mitreden und gegebenenfalls die Zentralvermarktung der Bundesliga verbieten. So verkündet 2007!
  2. Im deutschen Pay-TV bekommt der Kunde jetzt schon deutlich mehr für sein Geld als der englische Zuschauer. Auf der Insel nämlich sehen die Fans noch nicht einmal 50 Prozent der Spiele live. Von einer Konferenz können sie nur träumen.
  3. Auch in England gibt es am Samstagnachmittag die Kern-Anstoßzeit. Anders als in Spanien wird das Premier-League-Programm nicht zur Dauerbespaßung des Fernsehvolkes auf zehn Kick-off-Termine gestreckt. England und Deutschland sind sich da jetzt schon bemerkenswert nah. Die permanente Zerstückelung ist kein Allheilmittel.

Vor allem aber wäre es den Entscheidungsträgern in Deutschland zu wünschen, dass sie diese Debatte mit mehr Selbstvertrauen angehen. Mit etwas mehr Stolz auf unsere Bundesliga. Die ist nicht nur die Liga der Weltmeister. Sie ist für viele Fans und Journalisten gerade in England eine Spielklasse der großen Leidenschaft und einer Fan-Nähe, von der sich England längst entfernt hat. Die Basis in London, Manchester und Liverpool jedenfalls blickt mit einer gewissen Verwunderung und Bewunderung auf die Bundesliga.

Bei den in den kommenden Jahren anstehenden Verhandlungen um die TV-Rechte müssen die deutschen Entscheider klarsichtig und nüchtern bleiben. Und sie sollten das Urteil eines englischen Experten im Hinterkopf haben: „Die Premier League behandelt Fans wie Melkkühe, die bis in die letzte Ecke ihres Lebens kontrolliert werden müssen. Die Bundesliga behandelt Fans wie das Herzblut des Spiels!“
(Hansi Küpper)