17 Mal gab es in der Geschichte des Europapokals ein „deutsch-deutsches“ Duell in Form eines Aufeinandertreffens zwischen West und Ost, zwischen Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik. Das letzte dieser sportpolitisch pikanten Duelle fand vor 25 Jahren zwischen Borussia Dortmund und dem Chemnitzer FC statt. Am Sonntag trifft man sich wieder. Im DFB-Pokal.

19. September 1990, Westfalenstadion Dortmund: Ein Jahr vor Aufnahme der DDR-Oberligisten (Dynamo Dresden und Hansa Rostock) in die deshalb zwischenzeitlich auf 20 Klubs aufgestockte Bundesliga spielten beide deutsche Ligen noch parallel. Borussia Dortmund hatte sich als Tabellenvierter für den UEFA-Pokal qualifiziert, in Chemnitz war erst wenige Wochen zuvor ein neuer Klub entstanden: Der FC Karl-Marx-Stadt, Vizemeister der Saison 1989/90, hatte sich am 13. Juni 1990 in Chemnitzer FC umbenannt. Zwei Wochen zuvor erst hatten die Bürger der Stadt mit großer Mehrheit dafür gestimmt, den alten, bis 1953 gültigen Städtenamen wieder anzunehmen.

Es war also schon viel Pathos drin in diesem Duell, das als das letzte deutsch-deutsche Duell zwischen Ost und West im Europapokal eingehen sollte. 30.100 Zuschauer kamen zu diesem Erstrundenspiel im UEFA-Pokal an die Strobelallee. Nach der frühen Führung durch Thomas Helmer in der 20. Minute entwickelte sich ein zähes Spiel. Erst in der Schlussminute gelang Frank Mill das zweite Tor, und damit war das Wunschergebnis perfekt, und Borussia Dortmund konnte mit einem guten Gefühl die Reise zum Rückspiel nach Sachsen antreten.

Rückspiel am letzten Tag der DDR

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Dieses Spiel fand an einem historischen Datum statt: dem letzten Tag der Deutschen Demokratischen Republik. Zehn D-Mark kostete die Eintrittskarte im Ernst-Thälmann-Sportforum.

Rolf Nielinger von der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in Essen schreibt in seinen Erinnerungen: „Im kleinen, offenen Stadion waren 11.904 frohgelaunte Zuschauer, etwa 2.200 davon BVB-Fans, und bereits kurz vor dem Anpfiff wurden Raketen und Böller gezündet. So etwas hatte auch ich zuvor noch nicht gesehen. In der ganzen Stadt gab es überall Feuerwerk zu kaufen, und man konnte es ohne weiteres auch mit ins Stadion nehmen – die Feierlichkeiten der Deutschen Einheit hatten halt alle erfasst. Die Fans auf beiden Seiten brannten während des kompletten Spiels ihr Feuerwerk ab.“ Zum Glück, muss man sagen, ist niemandem etwas passiert.

Abwehrspieler Thomas Helmer sorgte auch im Rückspiel für den Führungstreffer, diesmal in der 24. Minute. Damit war die Sache früh entschieden, denn Chemnitz hätte jetzt vier Treffer benötigt. Michael Rummenigge traf kurz nach Wiederbeginn zum 2:0-Endstand.

Tags darauf war die DDR Geschichte. Am 3. Oktober 1990 feierten die beiden bis dahin geteilten deutschen Staaten ihre Wiedervereinigung.
Boris Rupert