Am 23. Juni 1957 schreibt Borussia Dortmund Fußballgeschichte. Die Mannschaft von Trainer Helmut Schneider sorgt für ein Novum, das auch heute, 60 Jahre später, noch gilt: Als erstes und einziges Team in der Geschichte des deutschen Fußballs verteidigt die Mannschaft in identischer Aufstellung wie im Vorjahr ihren Meistertitel.

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Die Mannschaft vor dem Anpfiff
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Trainer Helmut Schneider

Die Endrundenspiele werden nicht wie im Vorjahr in Hin- und Rückspiel ausgetragen, sondern auf neutralem Platz. In Ludwigshafen gibt es ein 2:1 gegen die Offenbacher Kickers, in Hannover kommt es anschließend zum vorweggenommenen Endspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern, der drei Jahre zuvor die Stützen der deutschen Weltmeister-Elf gestellt hat. In einem hochklassigen Spiel behalten die Borussen mit 3:2 die Oberhand. In Braunschweig gelingt schließlich ein 2:1-Sieg gegen Hertha BSC und damit der Einzug ins Endspiel.

Finalort ist am 23. Juni 1957 das Niedersachsenstadion in Hannover. Trainer Helmut Schneider nominiert exakt die gleiche Elf, die im Jahr zuvor den Titel errungen hat: Heinrich Kwiatkowski - Wilhelm Burgsmüller, Herbert Sandmann - Elwin Schlebrowski, Max Michallek, Helmut Bracht - Wolfgang Peters, Alfred Preißler, Alfred Kelbassa, Alfred Niepieklo und Helmut Kapitulski. So etwas hat es noch nie gegeben und wird einzigartig bleiben in der Geschichte der Deutschen Fußballmeisterschaften. Für Jung-Nationalspieler Alfred „Aki“ Schmidt, der wichtige Tore auf dem Weg zur westdeutschen Meisterschaft und in der Oberliga-Endrunde geschossen hat, ist kein Platz!

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Umjubelte Meister

„Das war nach dem Krieg die schlimmste Erfahrung, die ich machen musste, weil ich nicht wusste: warum?“, erzählte Schmidt (gestorben im November 2016) noch Jahre später: „So ungerecht konnte die Fußball-Welt doch nicht sein! Ohne überheblich klingen zu wollen: Ich war doch einer der besten Spieler dieser Mannschaft – und wurde nicht aufgestellt.“

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Adi Preißler mit der Schale

Auch ohne Schmidt reicht es zum ungefährdeten 4:1-Sieg gegen den Hamburger SV. Jeweils zwei Mal Kelbassa und Niepieklo schießen die Tore Borussia stellt ein routiniertes Team, 29 Jahre alt im Schnitt. Erfahrung und Reife gepaart mit fußballerische Klasse. Vor dem Anpfiff spielt sich folgender Dialog ab zwischen Borussias Supertechniker Max Michallek (damals 34) und seinem direkten Gegenspieler Uwe Seeler (20): „Na Opa, auch immer noch dabei?“ Die Antwort von Max: „Dich halte ich auch noch mit 70.“ Und so kommt es auch.

Der Deutsche Meister 1957 wird nach der Rückkehr am Dortmunder Hauptbahnhof ähnlich triumphal empfangen wie im Vorjahr – und am Jahresende als erste Fußballelf mit dem Titel „Mannschaft des Jahres“ gekürt.
Boris Rupert

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Borussia Dortmund ist Deutscher Meister, hi.v.li.: Herbert Sandmann, Alfred Niepieklo, Alfred Kelbassa, Helmut Bracht, Helmut Kapitulski, Erwin Schlebrowski, Trainer Helmut Schneider; vo.v.li.: Max Michallek, Torwart Heinz Kwiatkowski mit der Meisterschale, Alfred Peißler, Wilhelm Burgsmüller, Wolfgang Peters