Es kommt selten vor, dass eine Mannschaft ein Unentschieden gegen Real Madrid erreicht, aber nicht komplett zufrieden ist. Nach dem 2:2 des BVB in der UEFA Champions League gegen die „Königlichen“ war man im schwarzgelben Lager zwar weit entfernt, unglücklich über den Punkt zu sein, gefühlt war jedoch (noch) mehr möglich.

„Es fühlt sich gut an, nach einem zweimaligen Rückstand nicht verloren zu haben. Aber wir haben das Gefühl, dass wir es noch besser können“, sagte zum Beispiel Thomas Tuchel. Der BVB-Trainer erinnerte an die erste Halbzeit, als Borussia Dortmund von Beginn an Real Madrid unter Dauerdruck stellte. „Ohne den Ball werden sie leiden“, hatte Gonzalo Castro bereits vor dem elften Duell beider Teams versprochen – er sollte Recht behalten.

Schwarzgelb erreichte 64 Prozent Ballbesitz, lag bei den Torschüssen mit 10:2, bei den Torchancen mit 6:2 in Führung. Nach Toren stand es allerdings „nur“ 1:1. Cristiano Ronaldo hatte die Gäste aus der spanischen Hauptstadt in der 17. Minute in Führung gebracht. „Ein Rückstand, der sich nicht angedeutet hatte“, wie Thomas Tuchel befand.

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André Schürrle lässt sich nach dem 2:2-Ausgleich gegen Real Madrid feiern.

Den Ausgleich besorgte zwei Minuten vor der Pause Pierre-Emerick Aubameyang. Weil Reals Keeper Navas einen Freistoß von Guerreiro nicht festhielt und das Leder direkt auf den Kopf von Varane faustete. „Den Ball muss der Torhüter halten oder zur Seite abwehren. Das war eine schlechte Reaktion, das hat er falsch gemacht“, sagte Bundestrainer Joachim Löw bei Sky.

Auch nach dem Seitenwechsel dominierte der BVB zunächst die Partie, hatte Chancen für den zweiten Treffer. Nach einer Stunde übernahm Real Madrid jedoch das Kommando und belohnte sich mit dem 2:1 durch Varane (68.). „Es hat sich lange so angefühlt, als könnten wir das Spiel nicht mehr drehen. Wir haben nach den beiden guten Chancen plötzlich den Mut verloren, die Positionen nicht mehr gut gefunden, hatten viele einfache Ballverluste und kein gutes Rhythmusgefühl in den Zonen“, erkannte Thomas Tuchel.

Doch dann kam André Schürrle. Zwei Wochen war der Sommer-Neuzugang vom VfL Wolfsburg zuletzt verletzt, wurde gegen Real Madrid in der 58. Minute für Mario Götze eingewechselt und traf kurz vor Schluss mit einem strammen Linksschuss unter die Latte zum verdienten 2:2 (87.). „Vor der Südtribüne das Tor und mein erstes in diesem Tempel zu machen, war ein geiles Gefühl und hat großen Spaß gemacht“, sagte „Schü“ nach der Partie. Durch das Remis verteidigte der BVB die Tabellenführung in der Gruppe F gegen Real und verhinderte den ersten Sieg der „Königlichen“ in Dortmund.  

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Julian Weigl: „Wir haben mutig gespielt und gezeigt, dass wir mit unserer jungen Truppe auf dem Niveau mithalten können.“

In der öffentlichen Wahrnehmung hatte Borussia Dortmund aber sogar gewonnen. „60 Minuten lang Spitzenklasse – Rhythmus diktiert, Chancen kreiert, Reals Superoffensive kontrolliert: Borussia Dortmund hat eine begeisternde Leistung gezeigt – jedenfalls phasenweise“, schrieb Spiegel Online. Und: „Das Tempo, in dem diese Dortmunder Mannschaft reift, ist nämlich bei aller Fehlerhaftigkeit beeindruckend.“

Die jungen Wilden von Borussia Dortmund haben ihre Reifeprüfung auf höchstem Niveau bestanden“, urteilte die Mitteldeutsche Zeitung. Und die spanische Marca erkannte: „Drei auf einen Streich. Real leidet weiter am Gelbfieber. Die nächste Mannschaft in Gelb, das nächste Remis für Real gegen einen überlegenen BVB.“

Für André Schürrle fiel das Fazit ebenfalls positiv aus: „Wir sind in der Lage, auf jedem Niveau großen Teams Paroli zu bieten.“ Oder wie es Thomas Tuchel beschrieb: „Wir wollten uns auf diesem Niveau ausprobieren. Gelingt es uns, die Räume zu finden, das gleiche Tempo zu spielen wie in der Bundesliga? Selbst zu agieren, nicht nur zu reagieren? Phasenweise ist es uns gelungen.“

Bei Julian Weigl waren es nach dem 2:2 „gemischte Gefühle“. Zwei Mal einen Rückstand ausgeglichen zu haben, sei sehr gut gewesen. „Trotzdem waren wir über weite Strecken sehr, sehr gut im Spiel, hatten sehr, sehr viel Ballbesitz, waren immer wieder gefährlich nach vorne. Real Madrid hat die Chancen eiskalt ausgenutzt, aus wenigen Chancen viele Tore gemacht. Wir haben mutig gespielt und gezeigt, dass wir mit unserer jungen Truppe auf dem Niveau mithalten können.“

Das Rückspiel gegen Real Madrid steigt am 7. Dezember. Im Bernabéu hat der BVB noch nie gewonnen. Noch… (fu)