Nee, nee! Das haben die Spanier, die Schotten und die Weißrussen nicht verdient. Sie sind zurecht sauer, wenn Fußball-Deutschland sich über sie lustig macht. Sie verstehen die Welt nicht mehr, wenn man im Lande des dreifachen Weltmeisters ihre nationalen Fußball-Ligen verspottet.

Sie schütteln den Kopf, wenn die Deutschen wahlweise vor spanischen, schottischen und weißrussischen Verhältnissen warnen.

Der Spanier zum Beispiel hält die Tabelle der Primera Division hoch und verweist trotzig auf den spannendsten Titelkampf der Neuzeit. Drei Teams fast Kopf an Kopf! „Davon“, würde der stolze Spanier uns entgegen schleudern, „könnt Ihr mit Eurer Bundesliga zur Zeit nur träumen!“

Der Schotte würde auf den Zwangsabstieg der ruinierten Rangers verweisen und süffisant feststellen: „Schottische Verhältnisse hättet Ihr in Deutschland, wenn die Bayern mit 30 Punkten Vorsprung Meister würden! Und der BVB zeitgleich nach einem Viertligajahr und Spielen in Lotte, Verl und Wiedenbrück nun im Duell mit Elversberg und Burghausen die dritte Liga dominieren würde.“ Wovon der BVB, anders als 2005, ja bekanntermaßen weit entfernt ist.

Der Weißrusse wiederum würde sich wundern, dass überhaupt jemand aus Deutschland sich mit seiner Liga am Rande von Fußball-Europa beschäftigt. Und
er würde ganz schüchtern darauf hinweisen, dass der Neun-Punkte-Abstand zwischen Bate Baryssau und Salihorsk doch ganz erträglich ist.

Wir Deutschen wären gut beraten, nicht mehr nur in Madrid, Glasgow und Baryssau Gefahren für den Fußball zu wittern. Wir sollten uns nicht auf den Champions-League-Lorbeeren (zwei Teams im Finale 2013, vier Teams im Achtelfinale 2014) ausruhen. Und wir sollten nüchtern und klarsichtig analysieren, dass der Status der Bundesliga als Stimmungshochburg Europas langfristig gefährdet ist.

Zehn Monate nach dem historischen deutsch-deutschen Wembleyfinale droht der Boom-Liga eine Ära ohne prickelnden Titelkampf. Eine Epoche, in der große Traditionsvereine im Kampf gegen den Abstieg oder im Duell um die Europacup-Ränge für die Schlagzeilen sorgen müssen. Es drohen Spieltage, an denen hemmungslos unterlegene Clubs, wie schon geschehen, vorsorglich die besten oder gelbbedrohten Spieler schonen. Man muss nicht schwarzmalen. Aber wir sollten auf sinkende Zuschauerzahlen und Quoten vorbereitet sein.

Und für alle diejenigen, die nach wie vor lieber im Ausland nach Langeweile-Ligen und Tabellen-Tristesse suchen, gibt es ja vielleicht einen Silberstreif am Horizont. In Barcelona wird zur Zeit von tausenden Balkons für die Unabhängigkeit demonstriert. Sollte die tatsächlich kommen und der spanische Staat anschließend sagen „Macht doch auch Euren Fußball allein“, dann wäre die Zukunft vorgezeichnet.

Barca würde mit 34 Siegen aus 34 Partien, 28 davon zweistellig, katalanischer Meister. San Cugat, Tarragona und Terrassa würden um Platz zwei spielen. Und in Berlin, Frankfurt, München und Dortmund würde man verächtlich die Nase rümpfen angesichts „katalanischer Verhältnisse“!

(Hansi Küpper)

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Die Kolumne spiegelt die Meinung des Autors wider.