Zwei Jahre nach ihrer Gründung ist die BVB-Stiftung „leuchte auf“ in der Gesellschaft angekommen. Nun gilt es, darauf aufzubauen. Erstmals werden Projekte auch wiederholt gefördert. „Wir können jetzt also tatsächlich von einer nachhaltigen Unterstützung sprechen“, sagt Stiftungsvorstand Carsten Cramer. Auch neue Initiativen entstehen. Eines aber bleibt bestehen: „Als gemeinnützige Stiftung lassen wir uns von Inhalten und der Sinnhaftigkeit von sozialen Projekten leiten, nicht von einer möglichen medialen Präsenz.“ Sagt Stiftungsmanager Marco Rühmann.

Herr Cramer, wer kennt die BVB-Stiftung eigentlich noch nicht?
Das ist eine gute Frage. Ich hoffe, es sind nicht so viele Menschen. Wir haben kürzlich über unser Online-Marktforschungs-Instrument nach der Bekanntheit unserer Stiftung gefragt: Da jedenfalls ist sie sehr hoch. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir einen Großteil unserer Projekte direkt hier vor der Tür unterstützen. Das war uns von Beginn an sehr wichtig. Wir haben immer gesagt: Wir wollen nicht irgendwas irgendwo auf der Welt unterstützen, sondern hier, wo wir herkommen, hier, wo wir die Probleme am besten beeinflussen und ein Stück weit zu deren Lösung beitragen können. Unterm Strich ist die Bekanntheit der Stiftung im Umfeld von Borussia Dortmund hoch – sie hat aber sicher das Potenzial, noch bekannter zu werden.

Herr Rühmann, ist zwei Jahre nach der Stiftungsgründung eine Phase abgeschlossen? Gehen Sie jetzt den nächsten Schritt?
Das kann man so sagen. Wir haben zunächst ein Jahr gebraucht, um die Stiftung aufzubauen, von der Idee bis zur Gründung. Die Menschen sollten ja zunächst einmal erfahren, was genau die Stiftung von Borussia Dortmund für Aufgaben hat und welche Projekte dort umgesetzt werden. Mittlerweile haben wir schon weit über 300.000 Euro für über 50 Initiativen in den gemeinnützigen Bereich gespendet. Man kann daher nach zwei Jahren sagen, dass „leuchte auf“ zwar noch nicht erwachsen, aber zumindest in der Pubertät angekommen ist (lacht).

Cramer: Wir haben Fundament und Keller gebaut und sind jetzt in der Lage, darauf aufzubauen. Die Stiftung hat Fahrt aufgenommen. Viele Menschen wissen, wann sie sich an die Stiftung zu wenden haben. Und wir kommen jetzt zum ersten Mal in Phasen, in denen wir Projekte auch wiederholt fördern, wir also tatsächlich von einer nachhaltigen Unterstützung sprechen können. Gerade bei den Themen Integration und „Gegen Rechts“ ist es wichtig, nicht nur punktuell mal hier und mal dort was zu machen, sondern die Projekte fortleben zu lassen.

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Carsten Cramer

Wie hat sich das Spendenaufkommen entwickelt?
Rühmann: Das Spendenaufkommen hat sich sehr positiv entwickelt. Das hat zum einen etwas mit der gestiegenen Bekanntheit der Stiftung zu tun und zum anderen sehr wahrscheinlich auch damit, dass wir Themen bearbeiten, die auch die Menschen draußen berühren. Nur ein Beispiel: Es gab Weihnachten 2014 einen BVB-Fan, der sich an der Kinderwunsch-Aktion in den Dortmunder Fan-Shops beteiligt hat. Er fand die Wünsche der Kinder und die Aktion so berührend, dass er eine vierstellige Spende an „leuchte auf“ überwiesen hat. Ich war wirklich sprachlos. Insgesamt kann man sagen, dass wir im Vergleich zum ersten Jahr das Spendenaufkommen nahezu verdoppelt haben. Das bietet uns noch mehr Möglichkeiten, positiv in der Gesellschaft zu wirken.

Cramer: Ich hatte kürzlich einen Termin beim Regierungspräsidenten, da wir künftig den Integrationspreis als Sponsor und Förderer begleiten. Dort habe ich zu spüren bekommen, dass die Wichtigkeit des Engagements von Borussia Dortmund gebündelt in der Stiftung eine entsprechende Wahrnehmung und Relevanz erfährt. Ich persönlich finde es super erfreulich zu sehen, wie viele Privatleute mit Kleinst- und auch mittleren Spenden Lust haben, an diesem Thema mitzuwirken. Ich glaube, dass wir jetzt an dem Punkt sind, an dem wir noch mehr Menschen und Institutionen mitnehmen können, um am Ende eine noch größere Wirkung unseres Engagements zu entfachen.

Also spiegeln die Spender die Tribüne aus dem Signal Iduna Park wider?
Cramer: Ja, das ist ja das Schöne, am Ende ist das auch wieder typisch für Borussia Dortmund. Natürlich ist der BVB letztlich der größte Geldgeber, indem alle „Strafzölle“ dieser Welt von den Ebay-Abmahngebühren bis zu den Dauerkarten-Umtauschgebühren sowie beispielsweise die Einnahmen aus einem Freundschaftsspiel pro Jahr in die Stiftung fließen. Aber es ist doch total beeindruckend, dass Frau Müller mit fünf Euro im Monat genauso Lust hat, sich zu beteiligen, wie BURG-WÄCHTER mit einer fünfstelligen Summe oder die Sparda-Bank bis hin zu einem Privatmann, der jüngst ein Golfturnier ausgerichtet hat und seine Erlöse der BVB-Stiftung zukommen lässt.

Klingt wunderbar.
Cramer: Es ist die Bestätigung, dass wir in der Gesellschaft angekommen sind. Die Menschen haben offenkundig den Eindruck, dass das, was wir machen, sinnvoll ist, dass ihr Geld sinnvoll ausgegeben wird. Wenn ich sehe, wie gering mit nicht einmal 15 Prozent der Spendengelder unser Verwaltungsaufwand ausfällt, dann ist das für mich ein klares Zeichen dafür, wie effizient wir mit dem Geld anderer Menschen umgehen. Und es zeigt eindrucksvoll, dass das definitiv kein Umweg ist, um sich als Borussia Dortmund irgendwelche zusätzlichen Gelder einzuverleiben.

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Marco Rühmann

Herr Rühmann, Sie haben im vergangenen Jahr die Stiftungssatzung geändert und um die Säule Gesundheit erweitert. Warum?
Das Thema Gesundheit hatten wir von Anfang an mit auf dem Schirm, uns hat jedoch ein entsprechender Absatz in der Satzung gefehlt, um ganzheitlich in diesem Bereich wirken zu können. Mit dieser Säule schließen wir nun eine wichtige Lücke. Insbesondere die Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche wird in unserer heutigen Zeit zwischen Spielkonsole und Fast-Food immer wichtiger. Darüber hinaus können wir nun auch Projekte unterstützen, die uns sehr am Herzen liegen, wie zum Beispiel die Förderung des Kinder-MRT der Dortmunder Kinderklinik. Auch unser Trainer, Jürgen Klopp, hat sich stark für dieses Projekt eingesetzt.

Cramer: Wir können gerade im Bereich Gesundheit durch das, was unsere Sportler tagtäglich machen, eine gewisse Vorbildfunktion einnehmen. Deshalb wollten wir dieses Thema gern abdecken, um nicht Gefahr zu laufen, dass wir allein aus Satzungsgründen ein solch sinnhaftes Projekt wie das der Kinderklinik nicht unterstützen können.

Wie viele Säulen sehen Sie noch?
Cramer: Ich glaube, wir sind jetzt gut abgedeckt. Gesundheit war eine offene Flanke, die haben wir geschlossen. Wir müssen das nicht noch weiter auffächern. Wir können beispielsweise im ökologischen und energiepolitischen Bereich auch Verantwortung übernehmen, ohne dass das dann immer unter dem Stiftungsdach zusammengefasst ist. Zukunft, Vielfalt, Engagement und Gesundheit – das sind vier gute Schlagworte. Unter diesen Säulen kann man viele Themen subsumieren. Man darf es jetzt nicht weiter verwässern, sonst fehlt irgendwann die klare Botschaft.

Die Stiftung wirkt beeindruckend nach außen – aber auch nach innen. Stichwort: Einlaufkinder mit Behinderung.
Cramer: Wir nehmen das Thema der Inklusion sehr ernst. Die Art und Weise, wie wir das angehen, zeigt, dass wir das weniger unter populistischen Gesichtspunkten tun, sondern aus Überzeugung. Wir richten nicht einmal plakativ den Fokus drauf. Bei uns können kontinuierlich, seit Beginn dieser Saison bei jedem Heimspiel, zwei Kinder mit Behinderung mit einlaufen – ohne dass wir das an die große Glocke hängen. Unser Motto heißt hier: Tue Gutes und mach es nicht immer nur, um gut darüber zu sprechen, sondern handle einfach danach.

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Neven Subotic und Henrikh Mkhitaryan

Weil das eben so ist, an dieser Stelle die Nachfrage: Wie viele große Glocken könnte die BVB-Stiftung noch aufhängen, wenn sie denn wollte?
Rühmann: Etwas an die große Glocke zu hängen, ist bei keinem unserer Themen die Triebfeder. Wir lassen uns als gemeinnützige Stiftung von Inhalten und der Sinnhaftigkeit von sozialen Projekten leiten, nicht von einer möglichen medialen Präsenz. Selbstverständlich kommunizieren wir viele unserer Projekte auch, insbesondere dann, wenn es eine finanzielle Förderung ist. Aber in erster Linie tun wir das, um mit unserer Arbeit transparent zu sein. Wenn wir etwas nicht kommunizieren, dann tun wir das nicht ohne Grund. Es geht dort häufig um sehr bewegende und persönliche Erlebnisse von Menschen. Wir werden oft gefragt, ob wir das nicht medial begleiten lassen möchten, lehnen aber immer ab. Es gibt eben Dinge, die muss niemand von außen erfahren.
Interview: Nils Hotze