Im Mai 2005 wurde das neue Stadion des FC Bayern in der Fröttmaninger Heide eröffnet. Seitdem hat kein anderer Klub dort so häufig gewonnen wie Borussia Dortmund: fünfmal in Liga und Pokal. Es gab aber auch klare Niederlagen. Ein Rückblick auf die besonderen schwarzgelben Momente in München.

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Das erste Gastspiel in der neuen Allianz-Arena endete – am für beide Teams sportlich bedeutungslosen 34. Spieltag der Saison 2005/2006 – unentschieden. Philipp Degen und Jan Koller machten mit ihren Toren aus einem 1:3-Rückstand noch ein 3:3. Wenige Wochen später, zum Auftakt der Spielzeit 2006/2007, reisten die Borussen zum Saisoneröffnungsspiel nach München, hinterließen einen starken Eindruck, bis es zu einem verhängnisvollen Zweikampf zwischen Hasan Salihamdzic und Sebastian Kehl kam. Der Münchner „riss seinem Gegenspieler mit den Stollen das Knie auf“ (Spiegel Online). Für Kehl war die Saison damit nach 18 Minuten quasi gelaufen. Er fiel bis ins Frühjahr 2007 aus. Bayern gewann mit 2:0.

Drei Siege und ein Remis von 2011 bis 2014

Nach drei weiteren Niederlagen (0:5, 1:3, 1:3) begann am 24. Spieltag der Saison 2010/11 eine Serie von vier erfolgreichen Ligaspielen (drei Siege, ein Remis) in München. Am 26. Februar 2011 siegte die jüngste BVB-Elf, die jemals auf dem Platz gestanden hatte (Durchschnittsalter 22,7 Jahre), mit 3:1 beim FC Bayern und sorgte damit zugleich für den ersten Auswärtssieg bei den Bayern seit fast 20 Jahren. Es war eine temporeiche und packende Partie, die Borussia zunächst dominierte und durch Tore von Lucas Barrios (9.) und Nuri Sahin (18.) zwei Mal in Führung ging. Zwischenzeitlich konnte Luiz Gustavo egalisieren können (16.). Dortmunds Defensive – inklusive Ersatzmann Mitchell Langerak im Tor – stand sicher. Und offensiv setzte Mario Götze immer wieder Nadelstiche. In der 59. Minute konnte Kraft im Kasten der Bayern den Schuss des 18 Jahre jungen Neu-Nationalspielers noch klären. Bei der darauffolgenden Götze-Ecke war Kraft bei einem Hummels-Kopfball aber machtlos – 3:1, der Endstand.

Götze behält den Überblick

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Nicht nur 2010/2011, sondern auch in der Folgesaison gewann der BVB beide Ligaspiele gegen Bayern München (und zudem das Finale um den DFB-Pokal). An jenem 13. Bundesligaspieltag aber waren die Gäste Außenseiter, lagen fünf Punkte hinter dem Spitzenreiter. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt gelang es den Schwarzgelben hervorragend, die eigenen Stärken durchzusetzen und die des Gegners nicht zum Tragen kommen zu lassen. Obwohl die Bayern extrem aggressiv (aber nicht unfair) begannen, hatte der BVB im Mittelfeld ein Übergewicht und kontrollierte nicht nur das Geschehen, sondern kam gefährlich nach vorn. Die Entscheidung in einem engen Match fiel in der 65. Minute: Nach einem Doppelpass mit Kagawa kam es zu einer „Kerze“ im Münchner Strafraum. Jerome Boateng verlor die Übersicht und sah den Ball nicht, Mario Götze nutzte das und netzte aus kurzer Distanz trocken ein. Für die Bayern war es erst das zweite Heim-Gegentor in jener Spielzeit, in der Borussia Dortmund am Ende die Titelverteidigung feierte – und das erste und bislang einzige Double in der Vereinsgeschichte.

„Dass meine Mannschaft gegen den Ball ein unglaubliches Spiel gemacht hat, war ausschlaggebend“, erklärte Jürgen Klopp hinterher: „Es war ein offenes Spiel, nicht das große Offensivspektakel. Wir haben im richtigen Moment zugeschlagen. Alles, was die Bayern sonst auszeichnet, haben wir unterbinden können und deswegen gewonnen.“ 

Ein klares 3:0 im April 2014

Nach einem 1:1 in der Saison 2012/13 – Toni Kroos in der 67. Minute zum 1:0, Mario Götze nur sieben Minuten später mit dem Ausgleich in einer Partie, in der sich beide weitgehend neutralisierten – folgte am 12. April 2014 der bis heute letzte BVB-Bundesliga-Auswärtssieg in München, zugleich der klarste seit 1991. Über 7.000 mitgereiste BVB-Fans sahen in der ersten Halbzeit ein Spiel, das ihre Elf taktisch perfekt löste. Bayern hatte enormen Ballbesitz, konnte durch Borussias kluges Stellungsspiel aber kein Kapital daraus schlagen. Die Schwarzgelben schlugen hingegen durch Henrikh Mkhitaryan (20.) eiskalt zu und bauten ihre Führung in der zweiten Halbzeit früh durch Treffer von Marco Reus (49.) und Jonas Hofmann (55.) auf 3:0 aus.Rafinha wurde zudem wegen einer Tätlichkeit gegen Mkhitaryan mit Rot vom Platz gestellt (90.). Tabellarisch hatte dies jedoch keine Auswirkungen: Nach diesem Spiel betrug der Vorsprung der Münchner an der Tabellenspitze noch 17 Punkte.

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„Mia san ausgerutscht“

Ganz anders war die Situation am 28. April 2015. Jürgen Klopp hatte seinen Abschied angekündigt, aber zugleich den Wunsch hinterlegt, nochmal mit dem LKW den Borsigplatz umkurven zu wollen. In der Meisterschaft zwischenzeitlich im Abstiegskampf, gab es nur eine Chance darauf: über den DFB-Pokal. Im Halbfinale nach München zu müssen, ist jedoch nicht gerade ein Wunschlos. 8:3 Torchancen notierte der kicker. Aber was im Fußball nunmal zählt, ist das Ergebnis.

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Mit der Einwechselung von Henrikh Mkhytarian kippte ab Minute 70 ein bis dahin einseitig verlaufenes Spiel. Pierre-Emerick Aubameyang egalisierte kurz darauf den bislang einzigen Münchner Treffer (Lewandowski, 29.). Mkhitaryan (80.) und vor allem Marco Reus frei vor dem Tor (82.) verbuchten weitere Großchancen. Manuel Neuer rettete die lange Zeit überlegene Mannschaft in die Verlängerung, in der wiederum Mitch Langerak zweimal herausragend gegen Bastian Schweinsteiger parierte. Im Elfmeterschießen passierte das Unfassbare – oder das, was das „Netz“ süffisant als „Mia san ausgerutscht“ apostrophierte: Philipp Lahm und Xabi Alonso rutschten weg, auch Neuer und Götze (damals im Bayern-Trikot) vergaben. Dortmund gewann das Elfmeterschießen „zu Null“ (2:0, Gündogan, Kehl).

Manni Bender, Fußballgott!

Und 2017, auf dem Weg zum Pokalsieg gegen Eintracht Frankfurt, mussten die Schwarzgelben wieder nach München, wieder zu den Bayern, wieder im Halbfinale. Und wieder dominierten die Gastgeber. Nach dem Führungstor des BVB durch Marco Reus (19. Minute) kam der FC Bayern mit Macht zurück, verpasste es aber nach einer 2:1-Führung (Martinez und Hummels trafen noch vor der Pause), weitere Treffer nachzulegen. In der 69. Minute gelang der zu diesem Zeitpunkt überraschende Ausgleich. Ousmane Dembélé tauchte nach einem Angriff über rechts frei im Strafraum auf und bediente mit einer butterweichen Flanke Pierre-Emerick Aubameyang am zweiten Pfosten, der aus kurzer Distanz einköpfte (69.). Nur fünf Minuten danach kam Dembélé nach Kombination über Raphael Guerreiro und Marco Reus halbrechts an den Ball und vollstreckte mit einem Schuss genau unter die Querlatte (74.). 

Der Held des Abends aber war ... Sven Bender!  Es lief die 63. Minute. Borussia hatte sich etwas aus der Umklammerung der Bayern gelöst, doch dann dies: Arjen Robben hatte leere Tor vor sich und das vermutlich spielentscheidende 3:1 auf dem Fuß. Doch dann brachte Bender noch die Fußspitze an den Ball, lenkte ihn an den Pfosten und hielt seine Mannschaft mit dieser überragenden Rettungsaktion im Spiel. „Wenn da das dritte Tor fällt, ist das Spiel gelaufen“, bemerkte Kapitän Marcel Schmelzer: „Diese Aktion war überragend.“

Sie ebnete den Weg zum fünften und bislang letzten BVB-Erfolg in der Allianz-Arena.

Boris Rupert