Es ist Halbzeit, und es steht 0:4. Da verbieten sich vor dem Halbfinal-Rückspiel um die Deutsche Meisterschaft gegen Hertha BSC am Mittwoch (16.30 Uhr, NLZ Brackel) martialische Ankündigungen von allein. „Es geht in erster Linie darum, unsere Ehre wiederherzustellen und Borussia Dortmund würdig zu vertreten“, sagt Trainer Benjamin Hoffmann eher demütig.

Ein Duell auf Augenhöhe und voller Emotionen war erwartet worden, nachdem sich beide Teams auf den letzten Drücker für die Endrunde qualifiziert hatten – und der Katzenjammer nach dem dürftigen Auftritt in Berlin umso größer. „Die Jungs haben sich gefühlt wie ein ausgeknockter Boxer, sie benötigten Aufbauhilfe“, beschreibt Hoffmann die Stimmung in den Tagen danach.

Doch sie haben sich mittlerweile wieder aufgerappelt, und der Wille, die Suppe auszulöffeln, die sie sich selbst im Stadion „Auf dem Wurfplatz“ eingebrockt haben, ist in jedem Winkel des Funktionsgebäudes im Nachwuchs-Leistungszentrum und auf dem Trainingsgelände spürbar. „Die Mannschaft ist fest entschlossen, das Ergebnis geradezurücken und Wiedergutmachung zu leisten“, versichert Hoffmann.

Ein Plan zur Aufholjagd existiert offiziell nicht, und die Möglichkeit, ein Fußball-Wunder zu realisieren, zieht er vorerst gar nicht in Erwägung, um nicht noch mehr Druck aufzubauen. „Wir müssen uns erst einmal wieder Selbstvertrauen erarbeiten, die Grundtugenden abrufen, über Ordnung und Disziplin ins Spiel kommen, unser Umschaltverhalten deutlich verbessern, richtige Entscheidungen treffen und zielstrebig Chancen herausspielen“, verrät er seine Herangehensweise.

Niederlagen gehören Lernprozess

Auch Nachwuchskoordinator Lars Ricken erwartet keinen „Hurra-Fußball“, sondern fordert die Jungs auf zu zeigen, „was in ihnen steckt, warum sie im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft stehen und aktuell zu den vier besten Mannschaften dieser Altersklasse gehören“. Er bekräftigt: „Das wollen wir sehen.“ Die Niederlage in Berlin, betont er, sei „schmerzhaft gewesen“, aber sie zu verarbeiten, gehöre „zum Lernprozess. Unsere Spieler sollten über ein so gutes Handwerkszeug verfügen, um damit umzugehen“.

Vielleicht ist ja doch mehr möglich als nur Ergebnis-Kosmetik, wenn die Kopacz, Wanner, Kehr und Co. richtig ins Rollen kommen. Beispiele dafür gibt es genug. Borussias Profis etwa haben es im Derby-Heimspiel am eigenen Leibe erfahren, als sie innerhalb von 45 Minuten eine 4:0-Führung verdaddelt hatten. Oder die Endrunde zur Deutschen U17-Meisterschaft 2005. Borussia (u. a. mit Nuri Sahin) verlor das Halbfinal-Hinspiel bei Hertha BSC mit 1:5 und drehte im Rückspiel mit einem 4:0-Sieg den Spieß noch um.

Hoffmann mit personellen Sorgen

Deshalb ist sich Herthas Trainer Michael Hartmann seiner Sache noch nicht sicher und gibt zu bedenken: „Im Nachwuchsfußball kann fast alles passieren. Wir müssen noch einmal eine Top-Leistung abrufen.“ Sollte dem BVB dennoch die Sensation gelingen und mit vier Treffern Unterschied zu gewinnen, würde nach dem Abpfiff gleich ein Elfmeterschießen stattfinden.

Personell ändert sich bei den Borussen wenig bis gar nichts. Hüseyin Bulut befindet sich nach seiner Sprunggelenkverletzung zwar wieder im Lauftraining, eine Rückkehr in den Kader ist indes nicht zu erwarten. Daneben fehlen Niki Beste und Jano Baxmann. Julius Schell muss nach seiner Roten Karte in Berlin eine Sperre absitzen. Vermutlich reagiert Benjamin Hoffmann auf die Ausfälle mit einer System-Änderung. Torhüter Luca Unbehaun steht nach dem Ausscheiden der U17-Nationalmannschaft bei der EM-Endrunde in England wieder zur Verfügung.
Wilfried Wittke