Goldene Zukunft braucht Vergangenheit. Unter diesem Motto stehen nicht nur zwei Traditionsabende am Montag und am Donnerstag im Borusseum, sondern steht eine ganze Woche, von Montag bis Samstag, in der Borussia Dortmund an die erinnert, die den Grundstein dafür legten, dass dieser Verein derart hohe Popularitätswerte genießt.

Borussia und die „magische 6“. 1956 gelingt das erste Meisterstück. 1966 holt der BVB als erster deutscher Klub einen Europapokal. Die Jahre 1976 und 1986 stehen im Zeichen des Wiederaufstiegs bzw. des dramatischen, letztlich erfolgreichen Kampfs gegen den Abstieg. 1996 feiert Fußball-Dortmund die Titelverteidigung in der Bundesliga. Fünf Dekaden, in denen die Jahreszahl „6“ eine herausragende Rolle spielt. Und 2016 steht ja noch ein bedeutendes Spiel aus...

Früh zeichnete sich ab, dass die Kapazitäten im Vereinsmuseum für den Auftakt in die Festwoche nicht ausreichen würden, und so wurde der Traditionsabend am Montag in den „Borussia Park“ verlegt. Rund 400 Gäste waren gekommen und erlebten einen abwechslungsreichen Abend, der im Zeichen des 50-jährigen Jubiläums des Europapokalsieges von 1966 stand. Selbst die Ministerpräsidentin hatte zunächst ihr Kommen zugesagt, musste dann aber kurzfristig absagen.

„Leute, die mein Leben bereichert haben“

„Wer damals mitgefiebert hat, wer das miterlebt hat, hat gespürt, dass das kein normaler Tag werden würde, sondern dass da Helden geboren würden“, erinnerte sich Dr. Reinhard Rauball, damals 19 Jahre jung, an den 5. Mai 1966. 50 Jahre später spricht der Präsident von Borussia Dortmund von „Leuten, die mein Leben bereichert haben, die meine Freunde geworden sind“ und sagt über Hans Tilkowski, Wolfgang Paul, Aki Schmidt, Siggi Held, Hoppy Kurrat, Theo Redder, Reinhold Wosab und Co.: „Sie haben Charakter, klare Prinzipien, klare Ansichten.“

BVB-Archivar Gerd Kolbe betonte: „Diese Mannschaft hat für Dortmund, für das Ruhrgebiet, für Nordrhein-Westfalen sehr viel getan. Das Selbstwertgefühl für die Region ist durch die Helden von 1966 angereichert und nach vorn gebracht worden.“

Neben den Helden von 1966 saßen auch Willi Burgsmüller (Deutscher Meister 1956, 57, 63), Horst Bertram (hielt dem Verein nach dem Abstieg 1972 die Treue und stand beim Wiederaufstieg 1976 im Tor), Stefan Klos (Meister 1995 und 1996, Champions-League-Sieger 1997) und viele andere Ikonen von einst im Publikum. Rauball wertete dies als „klares Zeichen, dass die Generationen Hand in Hand arbeiten“. Mit Marcel Schmelzer und Sven Bender waren auch zwei Vertreter des aktuellen Kaders im Saal, die nach der Meisterschaft 2011 und dem Double 2012 heute in einer Woche ein weiteres Kapitel Vereinsgeschichte schreiben können. Rauball: „Dann wollen wir aller Welt nochmal zeigen, wie wichtig uns der Borsigplatz ist, wenn wir am Sonntag zurückkehren und dort eine Ehrenrunde drehen...“

„Ich bin stolz, dass ich in diesem Verein tätig sein durfte“

Doch Berlin 2016 ist noch ein Stückchen weg; Glasgow 1966 war das Thema am Montag. „Gesang, Gespräche, Videos“, kündigte Moderator Gregor Schnittker an und versprach nicht zu viel, als er ankündigte: „Wir werden nichts auslassen, um eine Gänsehaut zu haben in Erinnerung an jene, die so Großartiges geleistet haben.“ Dem Kapitän war es vorbehalten, die anwesenden Mitstreiter von einst vorzustellen. An „Stopper Paul“ prallten nicht nur die besten Stürmer des Kontinents ab, der Sauerländer verfügt auch über einen spitzen Humor. Siegfried Held, den „blonden Blitz“, bezeichnete er als „ersten Ausländer beim BVB“. Held kam aus Unterfranken nach Dortmund.

Widerworte erntete Paul indes von Hans Tilkowski, dem 1966 als erstem Torwart überhaupt die Ehre zuteil wurde, sich „Deutschlands Fußballer des Jahres“ nennen zu dürfen: „Geboren am 12. Juli 1935.“ – „Ach“, erwiderte der längst ergraute, aber immer noch elegante „schwarze Til“, der es heute noch locker mit Schauspieler-Legende Paul Newman aufnehmen könnte, und winkte schmunzelnd ab. Vielleicht hätte er als Geburtsjahr lieber 1945 gehört ... Und dann war da noch Alfred „Aki“ Schmidt, der erste Dortmunder, der eine deutsche Nationalelf als Kapitän auf den Rasen führte und die Zuhörer mit seinen lebendigen Anekdoten von einst erheiterte.

Wolfgang Paul: „Ich bin stolz, dass ich in diesem Verein tätig sein durfte.“ Heute ist der Kapitän der 66er Vorsitzender des Ältestenrats – und steht für das gelebte Motto: Goldene Zukunft braucht Vergangenheit.
Boris Rupert