Gründungsmitglied Eintracht Braunschweig darf sich nach fast drei Jahrzehnten wieder Bundesligist nennen und entfachte in der Stadt eine große Euphorie. Der Klassenerhalt ist das erklärte Ziel des Aufsteigers, der ohne prominente Namen in die Saison gestartet ist. Trainer Torsten Lieberknecht ist der Star in Braunschweig.

Nach 28 Jahren ohne Bundesligaspiel kehrte Eintracht Braunschweig am vergangenen Wochenende auf die große Fußballbühne zurück und beendete eine lange Durststrecke, die den Verein zwischenzeitlich sogar in die Drittklassigkeit und dort nahe an den nächsten Abstieg führte. Mit den Niedersachsen gewinnt die Bundesliga ein großes Stück Tradition zurück: Braunschweig gehörte vor 50 Jahren zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga, wurde 1967 Deutscher Meister und rangiert immer noch auf dem 21. Platz der ewigen Bundesliga-Tabelle - trotz der langen Abwesenheit.
Die Fans hatten ihrer Mannschaft auch in den unteren Spielklassen stets die Treue gehalten und auf die große Vergangenheit des Klubs aufmerksam gemacht. Bei Heimspielen feierten sie in der 67. Minute den Meistertitel von 1967. Aufstiegstrainer Torsten Lieberknecht, seit 2008 im Amt, war sich sicher: "Die Bundesliga kann sich auf eine traditionelle Fußballstadt freuen."

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Euphorie ohne Ende in Braunschweig [Fotos: firo]

Die vergangene Zweitligasaison schloss die Eintracht nach einer starken Vorrunde souverän auf dem zweiten Tabellenplatz ab und versetzte mit dem Aufstieg die ganze Stadt in Ekstase. Die Begeisterung war so groß, dass die Postkisten auf der Geschäftsstelle überquollen und die Telefonanlage mehrfach zusammenbrach. 14.000 Dauerkarten gingen an Vorjahresbesitzer und Sponsoren, um die restlichen 1.000 im freien Verkauf rangelten sich 10.000 Bewerber.
Sollte Braunschweig im kommenden Mai den Klassenerhalt feiern, wäre das Saisonziel erreicht. Die Verantwortlichen wissen um die Schwere der Aufgabe. Mit rund 40 Mio. Euro verfügt der Verein über das geringste Budget aller Bundesligisten, kaum einer der Akteure verfügt über Erstligaerfahrung. Zudem fiel Zweitligatorschützenkönig Domi Kumbela (19 Treffer) verletzungsbedingt monatelang aus, kam aber in einem Testspiel immerhin schon zu einem Kurz-Comeback.
Auch nach dem Aufstieg sind Lieberknecht und Sportdirektor Marc Arnold, der Mitte der 90er ein Jahr lang für den BVB spielte, ihrer Linie treu geblieben. In ihrer Amtszeit haben sie den Kader nur selten verändert und behutsam weiterentwickelt. Auch in dieser Sommerpause wurde die Mannschaft nur dezent verstärkt, die prominentesten Namen sind Mittelfeldspieler Marco Caligiuri (kam aus Mainz) und

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Trainer Thorsten Lieberknecht führte die Eintracht zurück in die erste Liga.

Angreifer Torsten Oehrl (aus Augsburg). Braunschweig will die Gegner mit taktischen Wechseln überraschen. Schon in der vergangenen Spielzeit schickte Lieberknecht sein Team nicht nur im aktuell populären 4-2-3-1-System aufs Feld, sondern ließ auch ein klassisches 4-4-2 sowie ein offensives 4-1-3-2 spielen.
Das Abenteuer Bundesliga begann für den Aufsteiger mit einem Heimspiel, in dem man sich jedoch Werder Bremen mit 0:1 geschlagen geben musste. Acht Erstliga-Debütanten kamen für die Eintracht zum Einsatz und agierten besonders in der ersten Halbzeit vorsichtig. Braunschweig war auf die Absicherung des eigenen Tores bedacht und wollte über Konter zum Torerfolg kommen. In der zweiten Halbzeit steigerte sich die Mannschaft jedoch merklich und hatte mehrfach den Führungstreffer auf dem Fuß. Doch ausgerechnet in der Braunschweiger Drangphase fiel das spielentscheidende Gegentor.
Trainer Lieberknecht wollte seiner Elf dennoch kein schlechtes Zeugnis ausstellen: "Meine Mannschaft hat sich taktisch sehr gut präsentiert, wenig zugelassen, gut gegen den Ball gearbeitet und im zweiten Durchgang viele Torchancen herausgespielt."
Für die Niedersachsen war es bereits die zweite Niederlage im zweiten Pflichtspiel der noch jungen Saison. Auch das Erstrundenspiel im DFB-Pokal hatte Braunschweig verloren. 1:2 hieß es gegen Zweitliga-Aufsteiger Arminia Bielefeld. Doch die Spiele haben der Mannschaft keinen Dämpfer verpasst. Lieberknecht: "Man lernt aus jedem Spiel, auch aus einer Niederlage. Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht."
Christina Reinke