Die vergangene Saison schloss der SC Freiburg auf dem fünften Platz ab und qualifizierte sich für den internationalen Wettbewerb. Doch nach dem Erfolg verließen zahlreiche Leistungsträger den Verein und machten einen Neuanfang nötig. Noch fehlt der Mannschaft die Routine, großes Verletzungspech verschärft die Situation außerdem.

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Die Saison 2012/13 war eine der erfolgreichsten in der Vereinsgeschichte des SC Freiburg: Im DFB-Pokal war erst im Halbfinale Endstation, in der Bundesliga erreichte die Mannschaft mit viel Laufarbeit und frühem Pressing einen sensationellen fünften Platz; erstmals seit zwölf Jahren nehmen die Breisgauer wieder am internationalen Wettbewerb teil. Doch noch ist nicht klar, ob die Teilnahme eher Fluch oder Segen ist. Denn bisher musste die Mannschaft keine Doppelbelastung verkraften und konnte sich jeweils eine Woche lang auf den nächsten Bundesligaspieltag vorbereiten.
Das Erreichen des Europa-League-Achtelfinals wurde als Ziel ausgegeben, und der Auftakt in der ersten Partie war vielversprechend. Mit einer 2:0-Pausenführung ging der Sportclub in die Kabine, und damit war Gegner Slovan Liberec sogar noch gut bedient. Doch in der zweiten Halbzeit kippte das Spiel, Liberec traf zweimal und fuhr mit einem Unentschieden nach Hause. "Wir haben den Sieg durch zwei dumme Fehler verduselt", gab Stürmer Mike Hanke anschließend zu Protokoll.
Auch in der Bundesliga läuft es noch nicht rund für die Freiburger. Drei Niederlagen und drei Unentschieden stehen bislang zu Buche. Zwar konnte die Mannschaft immerhin dem FC Bayern München ein Remis abtrotzen, unter dem Strich steht aber der schlechteste Bundesliga-Start des Vereins. Saisonübergreifend warten die Breisgauer sogar seit sieben Partien auf einen Sieg, eine solche Negativserie gab es noch nie unter Trainer Christian Streich. Erstmals seit März 2012 steht die Mannschaft wieder auf einem Abstiegsplatz.

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Christian Streich

"Wir müssen in diesem Jahr enorm kämpfen, um zu bestehen", hatte Streich vor der Partie gegen Hertha BSC Berlin am vergangenen Sonntag prognostiziert und behielt mit seiner Vorhersage Recht. Zwar gelang den Gastgebern mit der frühen Führung ein Start nach Maß, doch ließen sie Berlin mit zunehmender Spieldauer besser in die Partie kommen. "Wir waren nahe am Sieg, standen uns aber in der ein oder anderen Szene selbst im Weg", sagte Sebastian Freis. Sein Trainer fügte hinzu: "Wir können im Moment eben kein Feuerwerk abbrennen und alles niederspielen."
Das liegt vor allem am personellen Aderlass im Sommer. Denn in Freiburg wurde die Kehrseite des Erfolgs deutlich: Die Spieler weckten Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen. Zwar konnten einige umworbene Führungsspieler gehalten werden (Torwart Oliver Baumann, Verteidiger Matthias Ginter, Mittelfeldspieler Jonathan Schmid und Kapitän Julian Schuster), dennoch verließen fünf Leistungsträger den Verein. Jan Rosenthal und Johannes Flum zog es zu Eintracht Frankfurt, Topscorer Max Kruse (elf Tore, acht Vorlagen) schloss sich Borussia Mönchengladbach an, Cedrick Makiadi , dessen Wechsel Streich als "Schock" bezeichnete, ging zu Werder Bremen und Daniel Caligiuri zum VfL Wolfsburg. Mit Ausnahme von Kruse hatte Streich mit den Spielern jahrelang zusammengearbeitet. Wie die gesamte Mannschaft hatten sie alles verinnerlicht und kannten die Abläufe aus dem Effeff - ein Schlüssel zum Erfolg des vergangenen Jahres.
Schon in der Sommerpause hatte Trainer Streich angedeutet, dass das Einarbeiten der Neuzugänge etwas länger dauern könnte, noch fehlt die Routine. Hinzu kommt großes Verletzungspech. Für das Berlin-Spiel standen sechs Spieler nicht zur Verfügung. Bitter ist der Ausfall des tschechischen Neuzugangs Vladimir Darida, mit vier Millionen Euro immerhin teuerster Einkauf in der Vereinshistorie, der für Kreativität im Spiel sorgen sollte.
Aufgrund der Krankenakten hat Christian Streich bereits angekündigt, vermehrt auf Spieler der zweiten Mannschaft setzen zu wollen. Der Trainer ist bekannt dafür, mehr aus einer Mannschaft holen zu können, als es die Summe der Einzelspieler vermuten lässt. Das bekam im Pokal der VfB Stuttgart zu spüren...
Christina Reinke