101 Tore erzielte Robert Lewandowski bislang in Pflichtspielen für den BVB. Vor seinem letzten Heimspiel in Dortmund gegen die TSG Hoffenheim wurde der Stürmer von BVB-Chef Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Michael Zorc und von 80.645 Zuschauern im Signal Iduna Park mit Ovationen verabschiedet.

Doch der Saisonhöhepunkt folgt erst noch. Robert Lewandowski trifft in seinem letzten Spiel für Borussia Dortmund auf den FC Bayern München, der ab dem 1. Juli sein neuer Arbeitgeber sein wird. Treffpunkt ist Berlin. Das Olympiastadion. Das DFB-Pokalfinale. Für den BVB klingt das verheißungsvoll, für den FCB beängstigend.

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Abschied: Robert Lewandowski

Vor ziemlich genau zwei Jahren hat dieser Lewandowski den Bayern an gleicher Stelle gleich dreimal eingeschenkt. Vermutlich war spätestens nach dieser Begegnung auch dem letzten Münchner klar geworden, dass dieser Lewandowski künftig besser in einem Bayern-Trikot stecken möge.

„Ich freue mich auf dieses Spiel“, hat Robert Lewandowski schon vor dem Halbfinale mitgeteilt. Denn Borusse Nummer neun ist wahrlich kein Lothar Matthäus. Der hatte bekanntlich 1984 in seinem letzten Spiel für die andere Borussia nicht mal aus elf Metern versenkt – im DFB-Pokalfinale, gegen Bayern München, seinen künftigen Arbeitgeber. Doch Lewandowski ist anders. Lewandowski hat bisher aus allen Lagen und allen Distanzen getroffen.

Im Halbfinale gegen den VfL Wolfsburg hat er sein 100. Pflichtspieltor für den BVB erzielt. Nummer 101 folgte nur vier Tage später im Ligaspiel gegen Mainz. In der Saison 2011/12 hat er 22 Mal getroffen, in der Saison 2012/13 24 Mal und im Kalenderjahr 2012 sogar 29 Mal. Weder das eine noch das andere hat irgendein anderer BVB-Stürmer in diesem Jahrhundert geschafft. Kein Amoroso. Kein Koller. Kein Ewerthon. Kein Smolarek. Kein Petric. Kein Frei. Und auch kein Barrios.

Robert Lewandowski ist gewissermaßen Borussia Dortmunds Jahrhundertstürmer.

Und doch bleiben dies statistische Werte. Wie wertvoll der polnische Nationalspieler für den BVB – mit dem er zweimal Deutscher Meister, DFB-Pokalsieger und Champions-League-Finalist geworden ist – tatsächlich ist, belegen am besten die Bilder. Es sind Bilder, die sich tief ins Gedächtnis eines jeden Fußballfans eingebrannt haben müssen.

Lewandowski bei der Ballannahme: Mal fällt der Ball wie ein Stein vom Himmel – doch bei ihm klebt er dennoch am Fuß. Mal fliegt er wie ein Geschoss auf Hüfthöhe heran – doch beim Polen schmiegt er sich kurz darauf trotzdem an der Brust an.

Bei Robert Lewandowski ist es der Doppelpass aus Körperbeherrschung und Körperästhetik, aus Kraft und Kunst. Kein anderer Stürmer der Bundesliga, womöglich in ganz Europa, versteht es so gut, die Symbiose aus Ballan-, -mit- und -weiternahme derart geschmeidig aussehen zu lassen. Wofür andere drei Kontakte brauchen, braucht er exakt: einen. Ball kommt – Lewandowski, gerade noch mit dem Rücken zum Tor und ein Bein in der Luft, ist schon in Schussposition – Tor. Das ist sein Dreiklang.

Auf diesen Bildern ist Robert Lewandowski virtuos, grandios. Bedingungslos und gnadenlos ist er auf den anderen. Wenn er den Ball nicht hat. Wenn er ihm hinterherjagt. Für die Kollegen. Für die Mannschaft.

Das hat Robert Lewandowski immer getan. Im Kalenderjahr 2012 hat er von 46 möglichen Pflichtspielen 45 absolviert, in 44 davon stand er in der Startelf. In der Hinrunde der Saison 2012/13 hat er von 17 Bundesligaspielen 16 gemacht, davon 15 über die volle Distanz. Das hat kein Weidenfeller geschafft. Kein Hummels. Kein Gündogan. Und auch kein Götze. Lewandowski aber ist gelaufen und gelaufen und gelaufen. Und das bis zum Schluss.

„Das alles“, hat Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke schon vor einigen Wochen festgestellt, „zeigt auch, dass es komplett richtig war, ihn bis zum Vertragsende zu behalten. Mit seinen Toren hat er mehr Geld eingespielt, als wir für ihn im vergangenen Sommer an Ablöse hätten generieren können.“ Hinzu zu all den unzähligen Moneten kamen die unvergesslichen Momente.

Und wer hätte all dies schon für möglich gehalten? Nach seinem ersten Interview mit zwei Dortmunder Journalisten kurz nach seiner Ankunft im Sommer 2010; als ihm die eingehenden Kurznachrichten auf seinem Telefon wichtiger waren als die kurz gestellten Fragen. Oder nach diesen wieder einmal holprig aus dem Polnischen transferierten Sätzen kurz nach Bekanntwerden seines abgelehnten Abgangs im Sommer 2013; als ihm kurzerhand mögliche Stimmungsschwankungen für sein letztes BVB-Jahr zugeschrieben worden sind.

Jürgen Klopp hat schon damals etwas gesagt, was wahr war – und wahr blieb. „Für mich ist das, was er tut, 1000 Mal wichtiger als das, was er sagt.“ Getan hat Robert Lewandowski für Borussia Dortmund alles, was möglich war. Bleibt nur noch, ihm hinterher zu rufen: Mach’s noch einmal, Lewy! Am 17. Mai in Berlin. Im Olympiastadion. Im DFB-Pokalfinale. Gegen Bayern München.