Irre Aufholjagd von Borussia Dortmund: Gegen den VfB Stuttgart lag der personell erneut arg gebeutelte BVB trotz Überlegenheit schon mit 0:2 hinten, kämpfte sich dann aber zurück und traf vor 79.500 Zuschauern im Signal Iduna Park durch Aubameyang (73.) und Immobile (86.) noch zum Ausgleich. Piszczek hatte in der Nachspielzeit sogar das 3:2 auf dem Fuß, doch Rüdiger klärte für seinen bereits geschlagenen Torwart.

Es berichtet Felix Ulrich

Wie schon vier Tage zuvor beim 0:2 in Mainz war das Team von Jürgen Klopp eigentlich besser, scheiterte aber u.a. durch Kagawa an der Latte (33.). Der VfB Stuttgart bestrafte in der zweiten Hälfte die Nachlässigkeiten des BVB im Abschluss gnadenlos, profitierte jedoch auch von der Passivität der Gastgeber in der Abwehr. Didavi traf zum 0:1 (48.) und 0:2 (68.). Am Ende hätte die Borussia das Spiel beinahe komplett gedreht: Rüdiger (90.+2) klärte jedoch gegen Piszczek auf der Linie, nachdem Torwart Ulreich schon geschlagen war.

Ausgangslage:
Der Blick auf die Tabelle war nur eine Momentaufnahme, dennoch war er für beide Teams unbefriedigend: Der Zehnte empfing den Letzten. Bei den Gästen aus Stuttgart, die erst ein Tor in vier Partien erzielt hatten und saisonübergreifend seit zwölf Auswärtsspielen sieglos gewesen waren, war der (Erfolgs-)Druck nach der 0:2-Niederlage am Samstag gegen Hoffenheim extrem groß. Wenige Stunden vor Anpfiff im Signal Iduna Park wurde sogar Manager Fredi Bobic entlassen wurde - eine ruhige und gute Spielvorbereitung sah anders aus. Von bislang 92 Duellen gegen den VfB Stuttgart konnte der BVB 31 für sich entscheiden, darunter die letzten drei Duelle in Serie (3:2/A, 6:1/H, 2:1/A). 38 Mal gewannen die Schwaben, in 23 Spielen trennte man sich unentschieden. Im Signal Iduna Park fuhr der BVB 20 der insgesamt 31 Siege ein.

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Sokratis im Kopfballduell gegen Timo Werner.

Personalien:
Die Personalsorgen waren beim BVB nach dem 0:2 in Mainz und dem Ausfall von Mkhitaryan (knöcherner Bandausriss) noch einmal größer geworden. Ohnehin nicht dabei waren Blaszczykowski (Muskelfaserriss), Gündogan (Aufbautraining), Kirch (Muskelbündelriss), Reus (Außenbandteilriss) und Sahin (Knie-OP). Hummels saß immerhin wieder auf der Bank. Im Vergleich zur Anfangsformation in Mainz nahm Trainer Jürgen Klopp drei Veränderungen vor: Subotic stand für Ginter, Schmelzer für Durm und Immobile für Ramos in der Startelf. Bei den Gästen wechselte Armin Veh nur einmal: Gruezo spielte für Harnik von Beginn an. Nicht dabei: Hlousek (Muskelfaserriss), Abdellaoue und Ginczek (beide Aufbautraining) sowie Maxim (Grippe). Stürmer Ibisevic stand indes - nachdem sein Fieber abgeklungen war - wieder im Kader.

Taktik:
Die Schwaben versuchten sich zuletzt in einem 4-4-2 mit einer Raute im Mittelfeld, beim BVB liefen sie jedoch in einem 4-3-2-1 auf, um der Defensive noch mehr Halt zu geben. Bei gegnerischem Ballbesitz zogen sich die Gäste weit in die eigene Hälfte zurück, mitunter sahen sich die Dortmunder kurz vor dem Strafraum neun Stuttgarter Feldspielern gegenüber. Weiterer taktische Schachzug: Oriol Romeu hatte den Auftrag, Kagawas Wirkungskreise einzuschränken, attackierte den Japaner früh. Der BVB lief im 4-2-3-1 auf, wobei Jojic im Vergleich zu Bender bei Ballbesitz noch ein Stückchen vorgezogen agierte. 

Spielverlauf und Analyse:
Der BVB hatte mit den Schwaben von Beginn an kein leichtes Spiel. Im Gegenteil. Schwarzgelb war zwar tonangebend, hatte zur Pause mehr Ballbesitz (60:40 Prozent), gewann mehr Zweikämpfe (54:46 Prozent) und verbuchte auch mehr Torschüsse (9:5), Zählbares sprang jedoch nicht heraus. Dabei hätte die Borussia durchaus das eine oder andere Tor schießen können. Vor allem zwischen der 30. und 45. Minute war die Dortmunder Dominanz offensichtlich.

Kagawa lupft den Ball an die Latte

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VfB-Keeper Ulreich patzte kurz vor dem Ende: Immobile bedankte sich mit dem 2:2.

Nach einem langen Pass von Piszczek nahm Kagawa den Ball erst sehenswert an und lupfte ihn anschließend durch die Hände von VfB-Keeper Ulreich auf die Torlatte (33.). Nach den zwei Aluminium-Treffern in Mainz erneut Pech für die Borussia. Drei Minuten später verzog Jojic aus der Distanz. Besser machte es Großkreutz (41.), dessen Schuss jedoch Ulreich mit der rechten Hand abwehren konnte. „Wir haben die Partie kontrolliert, aber leider kein Tor erzielen können“, sagte Nuri Sahin zur Halbzeit im Gespräch bei Sky.

Doch auch die Schwaben, die aufgrund der Tabellensituation keinesfalls verunsichert wirkten, hatten in der Offensive Möglichkeiten: Gentners Heber von der Strafraumgrenze über Weidenfeller ging nach Pass von Didavi rechts vorbei (10.). Bei Werners Schuss aus spitzem Winkel musste Weidenfeller sogar sein ganzes Können aufbieten (23.), und auch bei Gruezos Versuch aus der Distanz (24.) deutete der VfB an, dass er zwar defensiv ausgerichtet war, sich aber trotzdem nicht verstecken wollte.

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Nach dem Wechsel wurde der Spielverlauf - wie schon in Mainz - auf den Kopf gestellt. Nach einem eigentlich harmlosen Eckball der Gäste gelangte das Leder über Gentner zum im Zentrum völlig freistehenden Didavi - 0:1 (48.). Subotic und Weidenfeller waren gegen den Schuss aus lediglich fünf Metern machtlos.

Anschlusstor durch Aubameyang, Ausgleich durch Immobile

In der Folge wirkten die Borussen angeschlagen, mehr und mehr Fehlpässe schlichen sich ein, so dass die Stuttgarter keine Schwierigkeiten hatten, die überraschende Führung zu verteidigen. In der 65. Minute brachte Jürgen Klopp Ramos für den nach langer Verletzungspause „platten“ Bender. Taktisch rückte Großkreutz neben Jojic ins defensive Mittelfeld. Kurz danach ein weiterer Rückschlag: Nach Rüdigers weitem Pass wehrte Schmelzer im Strafraum per Außenrist direkt auf Werner ab. Dessen Querpass nahm Didavi an und schob aus elf Metern ein - 0:2 (68.).

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Mats Hummels kurz vor seiner Einwechselung: Aubameyang hatte gerade zum 1:2 getroffen.

Wie würde der BVB reagieren? Schwarzgelb nahm nun das Herz in beide Hände und war endlich zwingender in seinen Offensivaktionen. Kagawas Kopfball (70.) nach einer Schmelzer-Flanke war die erste gute Möglichkeit in der zweiten Halbzeit. Wenig später traf Aubameyang aus spitzem Winkel zum hochverdienten Anschluss (73.). Vorausgegangen war ein Ballverlust von Romeu. Es war die letzte Aktion des Manns aus Gabun, er wurde - genauso wie Großkreutz - ausgewechselt. Neu in der Partie: Mats Hummels und Joseph Gyau, der sein erstes Bundesliga-Spiel absolvierte.

Antonio Rüdiger klärt Schuss von Piszczek auf der Linie

Die Borussia warf nun alles nach vorne, hatte Glück, dass Gentner allein vor Weidenfeller (83.) und Ibisevic mit dem Nachschuss nicht das 3:1 erzielten, und profitierte kurz darauf von einem dicken Patzer von VfB-Schlussmann Ulreich. Der Keeper ließ eine Freistoßflanke an den zweiten Pfosten durch, dort stand Immobilie und erzielte das 2:2 (86.). Der BVB nun am Drücker, wollte die drei Punkte, am Ende reichte die Zeit jedoch nicht mehr aus, um die Aufholjagd zu krönen. Die dickste Chance vereitelte Antonio Rüdiger (90.+2), als er auf der Linie gegen Piszczek dem VfB das Unentschieden rettete.

Ausblick:
Es geht Schlag auf Schlag weiter: Am Samstag reist die Borussia zum Revierderby nach Gelsenkirchen. Schalkes Keeper Ralf Fährmann kündigte nach dem 3:0-Sieg in Bremen bereits an: "Wir sind heiß auf den BVB." Anstoß ist um 15.30 Uhr.

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