Borussia Dortmund hat am Mittwochabend nicht nur den erhofften Befreiungsschlag im Abstiegskampf und den möglichen Sprung auf Tabellenplatz 14 verpasst. Beim 0:1 gegen den FC Augsburg gab es am 19. Spieltag erstmals Pfiffe von den Fans für das eigene Team.

Auch wenn die Heimspiele in dieser Saison nur selten von Erfolg gekrönt waren, hatten sie doch eines gemeinsam: Den hohen Aufwand der Mannschaft belohnte das Publikum nach unglücklichen Unentschieden wie dem 2:2 gegen Wolfsburg oder schmerzhaften Niederlagen wie gegen Hamburg oder Hannover mit einzigartiger verbaler Rückendeckung.

Am Mittwoch, beim 0:1 gegen Augsburg, schlug die Stimmung jedoch um. Die weitgehend ideenlose und emotionsfreie Vorstellung insbesondere in der zweiten Halbzeit war von der Hoffnung begleitet worden, dass vielleicht doch noch ein Ball ins Netz rutscht, nach dem Abpfiff aber entlud sich die Enttäuschung über die vierte Heimniederlage, die trotz 30-minütiger Überzahl zustande kam, in ein gellendes Pfeifkonzert.

„Ich habe nur Probleme mit ungerechten Pfiffen“

Doch typisch für Dortmund war und ist auch hier, dass die branchentypischen Mechanismen nicht greifen. Die Mannschaft flüchtete nicht etwa in die Kabine, sondern hörte im Sechzehnmeterraum vor der Südtribüne zu. „Wir müssen dahin gehen und zeigen, dass wir uns nach wie vor als Einheit verstehen“, erklärte Jürgen Klopp, der vollstes Verständnis für die Reaktion der Fans aufbrachte: „Was sollen die Leute machen? Das ist absolut nachvollziehbar. Sie sind sehr enttäuscht. Sie haben Angst um die Zukunft des Vereins. Ich habe nur Probleme mit Pfiffen, wenn ich das Gefühl habe, dass sie ungerecht sind, wenn einem ein 3:0 nicht reicht, wenn einem der Fußball nicht gefällt oder sonst irgendwas. Nach einem Spiel sind Unmutsbekundungen erlaubt. Solange das so abläuft, ist das mehr als in Ordnung. Und keiner hatte etwas anderes erwartet.“

„Bindung zu den Fans darf nicht abreißen“

Zunächst Roman Weidenfeller, kurz darauf auch Mats Hummels, suchten am Zaun den Dialog mit den enttäuschten Anhängern. Danach kippte die Stimmung erneut. Es gab „Dortmund-Dortmund“-Rufe. „Wer soll zu den Fans gehen, wenn nicht ich oder jemand anderes, der schon so lange für diesen Verein spielt?“, erklärte der Torhüter und fügte hinzu: „Es war schon immer so, dass wir hier in Dortmund eine ganz enge Verbindung zu unseren Fans haben. Das sieht man jede Woche. Diese Bindung zu den Fans darf auch nicht abreißen.“

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Roman Weidenfeller suchte den Dialog mit den Anhängern.

Die Südtribüne gab der Mannschaft anschließend eine klare, eine donnernde Botschaft mit auf den Weg in die Kabine: „Wir woll’n Euch kämpfen seh’n!“

„Die Fans haben recht“, sagte Sokratis: „Dass sie ungeduldig werden, ist ganz normal. Wir müssen uns an die eigene Nase packen.“ Und Weidenfeller mahnte: „Wir dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren! Wir sollten trotz allem da weitermachen, wo wir in diesem Jahr Anfang Januar mit dem Trainingslager begonnen haben.“

Bereits am Samstag in Freiburg bietet sich die Gelegenheit, auf die mit Abstand schwächste Saisonleistung mit einem couragierten Auftritt zu reagieren. „Wir müssen gemeinsam den Arsch hoch kriegen“, formulierte Neuzugang Kevin Kampl in deutlichen, in der Fußballersprache durchaus angebrachten Worten. Nuri Sahin ergänzte: „Wir könnten uns jetzt gegenseitig zerfleischen könnten, aber wir müssen noch enger zusammenrücken. Es ist Fakt, dass nur wir selbst die Situation ändern können. So scheiße die Lage gerade auch ist. Wir müssen alles dafür tun, dass wir nicht absteigen.“
Boris Rupert