Schwarzgelber Jubel in München: Borussia Dortmund steht nach einem mitreißenden Fußballspiel im Endspiel des DFB-Pokalfinales. Beim FC Bayern siegte der BVB nach Elfmeterschießen mit 2:0. Nach 90 Minuten und der Verlängerung hatte es 1:1 gestanden.

Vor 75.000 Zuschauern in der ausverkauften Allianz-Arena brachte Robert Lewandowski die Gastgeber mit 1:0 in Führung (30.). In der zweiten Hälfte war der FC Bayern lange Zeit dem 2:0 näher, bis Aubameyang aus spitzem Winkel zum überraschenden Ausgleich traf (75.). Der BVB hatte in der Schlussphase der regulären Spielzeit das 2:1 auf dem Fuß, Mkhitaryan (80.) und Reus (82.) scheiterten jedoch genauso wie in der Verlängerung  Schweinsteiger (102., 114.) für die Bayern. Kampl hatte in der Nachspielzeit zudem Gelb-Rot (108.) gesehen.

Im Elfmeterschießen dann das Unfassbare: Bei den Bayern rutschten Lahm und Xabi Alonso weg, während Gündogan und Kehl verwandelte. 2:0 für den BVB. Langerak hielt Elfer Nummer drei gegen Götze. Neuer den dritten Dortmudner Strafstoß gegen Hummels. Das Drama ging weiter. Neuer setzte den Schlusspunkt - an die Latte.

Es berichtet Felix Ulrich

Ausgangslage:
1:2, 3:0, 0:1, 1:1, 1:0 und 3:1 lauteten die Resultate der letzten sechs Gastspiele der Schwarzgelben in Liga und Pokal bei den Roten. Eine mehr als respektable Bilanz. Vor dem erneuten Vergleich gingen die Bayern, die am Vorwochenende zum 25. Mal Deutscher Meister geworden sind, trotzdem als Favorit ins Spiel. Jürgen Klopps Marschroute: „Passiv werden, das darf einfach nicht passieren gegen Bayern. Wir müssen über die gesamte Spielzeit maximal aktiv sein, dürfen nicht nur Nadelstiche setzen, sondern eben auch Akzente.“

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Zweikampf zwischen Boateng und Kagawa.

Personalien:
Im Vergleich zum 2:0-Erfolg in der Bundesliga gegen Eintracht Frankfurt wechselte Jürgen Klopp zwei Mal: Marco Reus spielte für Henrik Mkhitaryan von Beginn an. Ilkay Gündogan rückte für Matthias Ginter in die Startelf. Im Tor lief wie üblich im Pokal Mitch Langerak auf. Roman Weidenfeller (Beckenprellung) fehlte jedoch verletzt, für ihn saß Zlatan Alomerović auf der Bank. Im Kader waren zudem Subotic, Kampl, Kehl und Sahin. Immobile und Ramos waren nicht dabei. Bei den Bayern gab es nach dem 1:0 gegen Hertha BSC fünf Änderungen: Rafinha, Benatia, Xabi Alonso, Thiago und Juan Bernat liefen für Rode, Dante, Schweinsteiger, Gaudino und Götze auf.

Taktik:
Beide Mannschaften agierten aus einer 4-3-3-Grundordnung. Im Aufbau verschoben die Bayern dabei in ein 3-4-3, wenn sich Alonso zwischen die beiden Innenverteidiger fallen ließ und die Außenverteidiger Weiser (rechts) und Rafinha (links) ins Mittelfeld aufrückten, um dort Überzahl zu schaffen. Beim BVB agierte Kagawa wie schon im Ligaspiel im November an gleicher Stelle als Mittelstürmer, attackierte dabei stets Alonso im Aufbau, der damit häufig zu Rückpässen gezwungen wurde. Reus (links) und Aubameyang (rechts) kamen über die Außenbahnen. Dahinter agierte eine Dreier-Reihe mit Bender als Sechser sowie Blaszczykowski und Gündogan auf den Halbpositionen. Damit zwangen sie die Bayern, ihre Aktionen vornehmlich über die Außenpositionen vorzutragen, wo dann der ballführende Münchner von zwei Dortmundern attackiert werden konnte. In der Halbzeitpause veränderte der BVB sein System, kehrte zum 4-2-3-1 zurück mit Bender und Gündogan auf der Doppelsechs und einer offensiven Dreierreihe: Blaszczykowski, Reus, Kagawa. Aubameyang rückte in die Sturmspitze.

Spielverlauf und Analyse:
Der BVB verkaufte sich beim Deutschen Meister 2015 von Beginn an teuer. Die Borussia attackierte früh, überließ den Bayern zwar den Ballbesitz (68% zur Pause), ließ in der Defensive allerdings kaum etwas zu. In einer von Taktik geprägten Partie hatte Thomas Müller nach einer Standardsituation die erste Chance für die Gastgeber, sein "Schulterkopfball" ging nach einer Ecke jedoch drei Meter am Tor vorbei (14.).

Fehlerkette führt zum 0:1-Rückstand

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Aubameyang traf aus spitzem Winkel zum 1:1-Ausgleich.

Eine Viertelstunde später gab es die Szene der ersten Hälfte: Kagawa trieb das Leder im Zentrum, fünf Meter vor dem Strafraum passte er nach links. Reus hätte als Abnehmer im 16er freie Bahn gehabt, Bayerns Benatia hatte jedoch aufgepasst, den Ball abgefangen und direkt den Konter eingeleitet. Bei seinem langen Pass auf Lewandowski hob Hummels zunächst das Abseits auf. Der Pole lief über die linke Seite auf Langerak zu, lupfte den Ball über den Keeper, traf aber nur den Pfosten. Glück für den BVB.

Pech allerdings, dass Lewandowski gleich erneut die Schusschance bekam. Hummels war zwar zwischenzeitlich zurück auf die Linie geeilt, rückte beim zweiten Versuch des Polen allerdings ein paar Schritte nach vorne, um Müller zu decken, während Sokratis - unnötigerweise - hochsprang und Langerak den Raum decken wollte anstatt auf die Torlinie zu gehen. In der Summe waren das in einer Fehlerkette ein paar falsche Entscheidungen zu viel - 1:0 für die Bayern (30.). Kurz vor der Pause hatte Lewandowski die Chance, auf 2:0 zu erhöhen, seine "Bogenlampe" aus 25 Metern ging aber am Tor vorbei.

Und der BVB? Schwarzgelb präsentierte sich zweikampfstark (59%), schaffte es allerdings nicht, in der Offensive Nadelstiche zu setzen. Eine klare Torchance gab es bei 3:8-Torschüssen nicht.

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Nach dem Wechsel waren die Borussen zwar die ersten auf dem Rasen, es spielte jedoch zunächst nur der FC Bayern. Müller (48.) hätte das 2:0 erzielen können, scheiterte aber am Reflex von Langerak. Sieben Minuten später krachte Lewandowskis Schuss an die Querlatte (55.). Den Abpraller nahm Müller auf, ging im Strafraum in das Duell mit Schmelzer, dessen rechter Unterarm verhinderte jedoch ein Durchkommen. Glück für den BVB, dass die Pfeife von Schiedsrichter Peter Gagelmann stumm blieb. Über einen Handelfmeter hätte sich Schwarzgelb nicht beschweren dürfen.

Neuer klärt gegen Aubameyang erst hinter der Linie

Wieder nur eine Minute später rettete Langerak gegen Thiago, der am Fünfmeter-Raum zum Abschluss gekommen war. Der FC Bayern war dem zweiten Treffer nun verdammt nahe, während die Borussia im zur Pause veränderten 4-2-3-1-System nicht mehr zum Zuge kam. Den ersten Torschuss in der zweiten Hälfte gab Schmelzer mit einem laschen Kopfball ab (72.). Es gab keine Anzeichen dafür, dass die Partie noch einmal spannend werden würde. Die Bayern standen schon mit einem Bein im Pokalfinale.

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Ilkay Gündogan im Duell mit Thiago.

Sportdirektor Michael Zorc erklärte im ARD-Interview: "Wir waren bis zur 70. Minute nicht mutig genug, hatten wenig Ballbesitzphasen. Ich war froh, dass es nur 0:1 stand." Und dann fiel aus dem Nichts der Ausgleich: Blaszczykowski hob den Ball links in den Strafraum zum für Kagawa eingewechselten Mkhitaryan (70.). Der Armenier passte direkt in die Mitte, aus spitzem Winkel schloss Aubameyang ab, Neuer wollte zwar noch retten, klärte allerdings erst hinter der Torlinie - 1:1 (75.).

Für den BVB war das der Startschuss zu einer irren Schlussphase der regulären Spielzeit, während die Bayern etwas geschockt wirkten: Mkhitaryan zielte rechts im Strafraum knapp vorbei (80.), in der 82. Minute rettete Neuer mit einem Riesenreflex gegen Reus. Jetzt war die Borussia klar besser - und wollte die Entscheidung in der regulären Spielzeit herbeiführen. Die Gastgeber verunsichert, Pech zudem, dass der für Thiago eingewechselte Robben (68.) in der 84. Minute verletzungsbedingt wieder ausgewechselt werden musste. Für den Niederländer kam Götze.

Schweinsteiger vergibt 2:1, Kampl sieht Gelb-Rot

In der Verlängerung lief lange Zeit bei beiden Teams spielerisch wenig zusammen. Die Partie lebte von der Spannung. Eine Großchance vergab in der 102. Minute Schweinsteiger, als er einen Freistoß von Xabi Alonso über die Querlatte köpfte. Auf der Gegenseite sorgte ein Missverständnis zwischen Neuer und Benatia (104.) für schwarzgelbe Torgefahr.

In der 108. Minute erwies Kampl dem BVB einen Bärendienst: Der Slowene, der für Blaszczykowski gekommen war (83.) und wenig später nach einem taktischen Foul an Xabi Alonso Gelb erhalten hatte (90.), kassierte nach einem Duell mit Schweinsteiger die Gelb-Rote-Karte. Zwölf Minuten musste die Borussia in Unterzahl überstehen, um sich ins Elfmeterschießen zu retten. Und es gelang. Bedanken konnten sich die Schwarzgelben bei Mitch Langerak, der mit einer Weltklasse-Parade gegen Schweinsteiger rettete (114.), allerdings kurz danach auch Glück hatte, dass es bei seinem Einsteigen gegen Lewandowski (117.) keinen Elfmeter gab.

Ausblick:
Wer folgt der Borussia ins Pokal-Endspiel nach Berlin? Der Gegner am 30. Mai 2015 wird am Mittwoch zwischen dem VfL Wolfsburg und Arminia Bielefeld ermittelt. In der Bundesliga geht es für den BVB am kommenden Samstag weiter. Gegner in Sinsheim ist dann die TSG Hoffenheim. Anstoß ist um 15.30 Uhr.

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