Borussia Dortmund hat erstmals in der Saison 2015/16 ein Pflichtspiel verloren: Im Spitzenspiel der Bundesliga unterlag der BVB beim FC Bayern mit 1:5 (1:2), bleibt aber hinter den Münchnern in der Tabelle auf Platz zwei. Das deutliche Ergebnis täuscht über den Spielverlauf hinweg.

Vor 75.137 Fußball-Fans in der ausverkauften Allianz-Arena sowie bis zu weltweit 900 Millionen TV-Zuschauern erzielte Thomas Müller (26., 35.) mit einem Doppelpack die zwischenzeitliche 2:0-Führung für die Gastgeber. Aubameyang mit seinem zehnten Saisontor verkürzte auf 1:2 (36.). Robert Lewandowski (46., 58.) und Mario Götze (66.) ließen dem BVB mit zwei weiteren diskussionswürdigen Treffern in der zweiten Halbzeit keine Chance.

Es berichtet Felix Ulrich

Ausgangslage:
FC Bayern gegen Borussia Dortmund – mehr Spitzenspiel geht nicht. Der ungeschlagene Tabellenführer empfing den ungeschlagenen -zweiten. Der FCB war Favorit, der BVB verlor allerdings nur zwei der letzten sieben Auftritte in der Allianz-Arena. Bei einem Auswärtssieg konnte der BVB bis auf einen Punkt an die Münchner heranrücken. „Wir fühlen uns bereit, sie herauszufordern und eine Topleistung zu bringen“, sagte BVB-Coach Thomas Tuchel vor der Partie. Der „deutsche Clasico“ wurde in 207 Ländern live übertragen.

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"Shake hands" zwischen Pep Guardiola und Thomas Tuchel vor dem Spiel.

Personalien:
Nach dem 1:1 in der UEFA Europa League beim PAOK Salonik veränderte Trainer Thomas Tuchel seine Startformation auf sechs Positionen: Für Weidenfeller stand Bürki im Tor. Sokratis und Hummels lösten Subotic und Park in der Abwehr ab. Im Mittelfeld kehrte Gündogan zurück, Hofmann nahm auf der Bank Platz. In der Offensive setzte der BVB auf Castro, Kagawa (für Reus), Mkhitaryan und Aubameyang (für Januzaj). Nicht dabei waren Durm (Knie-OP), Sahin (Aufbautraining) und Schmelzer (Zerrung an der Oberschenkelrückseite). Bei den Bayern kehrten nach der 5:0-Gala in der UEFA Champions League gegen Zagreb Javi Martinez (für Juan Bernat), Xabi Alonso (für Kimmich) und Müller (für Coman) in die Startelf zurück.

Taktik:
Borussia Dortmund agierte erstmals unter Thomas Tuchel in einem 4-4-2-System mit Mittelfeldraute. Gündogan und Castro besetzten die Halbpositionen. Hinter den beiden Spitzen Aubameyang und Mkhitaryan spielte Kagawa auf der „Zehn“ und füllte dabei eine ganz besondere Rolle aus. Gegen den Ball war der Japaner – wie schon bei den letzten Begegnungen in München – als „falsche Neun“ unterwegs und attackierte die Bayern-Spieler in deren Aufbau in vorderster Front. Mkhitaryan und Aubameyang wichen dann auf die Seiten aus, um die Passwege auf die Außenspieler zuzustellen. Vor der Vierer-Abwehrkette agierte Weigl als alleiniger „Sechser“. Nach dem Ausfall von Schmelzer rückte Piszczek auf die Position des linken Verteidigers. Der schnelle Sokratis ersetzte Ginter auf der rechten Abwehrseite. Bender spielte wie schon in Thessaloniki in der Innenverteidigung, heute gemeinsam mit Humnmels.

Die Bayern spielten in einem 3-4-3 System mit Martinez, Boateng in der Abwehr sowie Alonso, Lahm und Thiago davor. Hinter den drei Spitzen Götze, Lewandowski und Costa spielte Müller in zentral-offensiver Rolle und stieß immer wieder mit in die Spitze vor.

Spielverlauf und Analyse:
Der BVB stand zwar auf dem Weg in die Allianz-Arena im Stau, war erst eine Stunde vor Anpfiff im Stadion, war in einer hochinteressanten Partie von Beginn aber voll da: Im 4-4-2-System und mit Kagawa als zweite Spitze neben Aubameyang schien Schwarzgelb die Bayern zumindest ein bisschen zu irritieren.

Die Statistik belegte die guten ersten 20 Minuten, in denen die Borussia 3:1 Torschüsse und 49 Prozent Ballbesitz für sich verbuchte, zudem  59 Prozent der Zweikämpfe gewann. Klare Chancen gab es jedoch nicht, zumindest eine halbe, als Mkhitaryan links im Strafraum auftauchte, seine Hereingabe aber Thiago zum Eckball klärte.

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Mario Götze und Gonzalo Castro im Kopfballduell.

Den Bayern schien in der Anfangsphase die gewohnte Dominanz abhandengekommen zu sein, in Sachen Chancenverwertung war der Rekordmeister aber leider hellwach: Müller enteilte Piszczek nach einem Pass von Boateng, ließ Bürki aussteigen und schloss an Piszczek vorbei souverän ab. Erste Chance, erstes Tor, 1:0 (26.).

Kurz danach rückte Schiedsrichter Marco Fritz (Korb) in den Fokus: Denn als Thiago im 16er beim Duell mit Mhkitaryan zu Fall kam, entschied der Unparteiische auf Elfmeter. Eine strittige Entscheidung, da zwar eine Berührung vorlag, Thiago deswegen aber sicher nicht zu Boden ging. Müller ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, verlud Bürki und verwandelte ins rechte Eck – 2:0 (35.). Für Marco Fritz war es die zweite diskutable Entscheidung, da er bereits in der vierten Minute Bayerns Alaba nach „Trikot-Foul“ gegen Aubameyang statt einer vertretbaren Roten – Alaba war letzter Mann – „nur“ die Gelbe Karte gezeigt hatte.

Aubameyang schreibt Geschichte

Der BVB ließ sich vom 0:2-Rückstand jedoch nicht entmutigen, quasi im direkten Gegenzug schlug Schwarzgelb zurück: Mhkitaryan nahm auf der rechten Seite Castro mit, der passte an den zweiten Pfosten zu Aubameyang – 1:2 (36.). Der Gabuner ist damit der erste Spieler in der Bundesliga-Geschichte, der an den ersten acht Spieltagen immer mindestens ein Tor erzielen konnte. Saisonübergreifend stellte „Auba“ zudem den Rekord von Klaus Allofs aus dem Jahre 1984 ein: Beide trafen am zehnten Spieltag in Folge.

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Thomas Müller traf gegen den BVB gleich doppelt.

Schwarzgelb blieb also dran, lag zur Pause nur 1:2 zurück. Nach dem Seitenwechsel folgte nach 26 Sekunden aber der erneute Rückschlag: Boateng schlug den Ball weit nach vorne, Lewandowski erkannte die Situation schneller als Bender und Hummels, nahm das Leder herunter und schoss unhaltbar für Bürki zum 3:1 (46.) ein.

Der BVB gab sich noch nicht auf, Reus und Januzaj kamen für Kagawa und Castro in der 53. Minute in die Partie. Schwarzgelb jetzt in einem 4-3-3-System mit Januzaj und Reus (links) auf den Flügeln und mit Mkhitaryan und Gündogan auf den Halbpositionen.

Bayern wie im Rausch

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Der eingewechselte Marco Reus nach einem Treffer der Bayern.

Den Bayern war das jedoch egal, sie spielten sich in einen Rausch. Götze (55.) hatte zunächst aus drei Metern das 4:1 verpasst. Besser machte es Lewandowski, der aus elf Metern verwandelte (58.), der zwölfte Saisontreffer des Polen. In der 66. Minute legte Götze nach Vorarbeit von Thiago nach - 5:1. Allerdings schien Flankengeber Götze vor dem 4:1 im Abseits zu stehen, beim 5:1 schaute selbst Thiago verwundert, dass der Schiedsrichter nach seinem Einsatz gegen Bender weiterspielen ließ.

Für das Tuchel-Team, das lediglich defensiv nicht überzeugte, ging es jetzt nur noch um Schadensbegrenzung. Mhkitaryans Schuss lenkte Neuer um den Pfosten (71.), auch Januzaj scheiterte am Keeper (79.). 10:15 Torschüsse standen am Ende aus BVB-Sicht zu Buche, nach Toren war die Sache deutlicher...

Ausblick:
Nach Saloniki und München werden die „Auswärtswochen“ des BVB durch die Länderspielpause – Irland vs. Deutschland (8.10.), Deutschland vs. Georgien (11.10.) – unterbrochen. Für das Tuchel-Team geht es daher erst am 16. Oktober mit der Reise zum 1. FSV Mainz 05 (Anstoß 20.30 Uhr) weiter. Am 22. Oktober steht das Duell bei FK Qäbälä in Aserbaidschan an (Anstoß 17 Uhr). Das nächste Heimspiel bestreitet die Borussia am 25. Oktober um 17.30 Uhr gegen den FC Augsburg.

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