Im 23. Pflichtspiel der Saison 2015/16 ereilte Borussia Dortmund am Freitagabend die erst zweite Niederlage. Dass das 1:3 beim Hamburger SV ebenso unnötig wie selbst verschuldet war, sahen alle Beteiligten so. Und doch zeigte die Mannschaft Moral und deutete an, zu was sie fähig sein kann, selbst an Tagen, an denen lange gar nichts läuft wie geplant.

Trotz „unserer schlechtesten Saisonleistung“ (Roman Bürki) wäre für den BVB ein Punkt möglich gewesen, wenn der ansonsten so treffsichere Pierre-Emerick Aubameyang zu Beginn der zweiten Halbzeit eine seiner beiden Großchancen zum 1:2-Anschlusstreffer verwertet hätte. Denn nach hinten hinaus wurde die Dominanz der Schwarzgelben, die 68 Prozent der Spielanteile verzeichneten, 58% der Zweikämpfe gewannen und drei Mal so viele Torschüsse abgaben wie der Gegner (21:7), immer erdrückender.

Ungeachtet eines 0:3-Rückstandes nach 55 Minuten zeigte die Mannschaft Moral und rannte bis zur letzten Sekunde an. Doch das 1:3 durch Aubameyang (86.) fiel zu spät, um dem HSV, der in der Schlussphase wankte, aber nicht fiel, tatsächlich noch einen Punkt abzujagen. „Selbst beim 3:0 durften wir uns nicht sicher sein“, bemerkte dessen Trainer Bruno Labbadia. Am Ende standen der Pfosten und ein überragender René Adler im HSV-Tor einem zweiten und dritten Dortmunder Tor im Wege.

Tuchel: „Vielleicht ist das gut und heilsam“

„Der Rückstand war so groß, dass die letztlich verbesserte Leistung nicht ausgereicht hat, um etwas Zählbares mitzunehmen. Vielleicht ist das gut und heilsam“, sinnierte Thomas Tuchel. Nach der ersten Niederlage der Saison, als beim 1:5 in München Spielverlauf und Endresultat ebenfalls nicht im realen Verhältnis standen, folgten wettbewerbsübergreifend sieben Siege in Serie.

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Die Mannschaft hat sich in dieser Saison mit ihren Auftritten einen Kredit erspielt, der durch ein „komplett unnötiges“ (Tuchel) 1:3 beim Hamburger SV nicht im Ansatz angeknabbert wird. Sie wird sich vielmehr hinterfragen, sie wird von ihrem Trainer kritische Worte hören: „Wir sind mindestens 45 Minuten dramatisch hinter unseren eigenen Ansprüchen hinterher gehinkt, waren von der ersten Sekunde nicht bereit, dieses Spiel zu spielen, nur annähernd in Position und Passspiel Schärfe auszustrahlen, wie wir das zuletzt in Serie gezeigt haben.“

Schmelzer: „Das haben wir uns selbst zuzuschreiben“

Marcel Schmelzer sagte: „Wir haben die tolle Ausgangsposition, die wir uns über Wochen hart erarbeitet haben, zu einem Teil wieder kaputt gemacht. Das haben wir uns selbst zuzuschreiben.“

Ob ein Zusammenhang besteht zwischen der Leistung und der Tatsache, dass das Spiel in Hamburg das erste nach den Terroranschlägen von Paris sowie der kurzfristigen Absage des Länderspiels in Hannover gewesen ist, ist müßig zu hinterfragen. Die Mannschaft besteht jedenfalls aus Menschen, nicht aus Maschinen. „Ich möchte mich nicht anmaßen, darüber zu sprechen, was meine Spieler empfunden haben könnten“, sagte Tuchel über die unmittelbar betroffenen Hummels, Gündogan und Ginter.

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Am Donnerstag geht’s nach Krasnodar

Kurz vor Mitternacht verließ der Mannschaftsbus das Volksparkstadion und machte sich auf den Rückweg. In den gut dreieinhalb Stunden nach Dortmund „haben wir genug Zeit, um über unsere Fehler nachzudenken“, sagte Schmelzer: „Beim nächsten Mal müssen wir es besser machen.“ Am Donnerstag steht das möglicherweise schon für den Gruppensieg entscheidende Spiel in der UEFA Europa League beim FC Krasnodar im Süden Russlands auf dem Spielplan.
Boris Rupert