Borussia Dortmund hat erstmals seit dem 17. Spieltag (1:2 in Köln) wieder in der Bundesliga verloren: Bei der abstiegsbedrohten Frankfurter Eintracht verlor der BVB trotz drückender Überlegenheit mit 0:1 (0:1).

Vor 51.500 Zuschauern in der ausverkauften Commerzbank-Arena erzielte Stefan Aigner (14.) das Tor des Tages. Den Schwarzgelben fehlten bei 84 Prozent Ballbesitz, 13:5 Torschüssen und einer Zweikampfquote von 59 Prozent vor dem gegnerischen Strafraum die Ideen, um die Frankfurter Mauer in der Abwehr zu knacken. Allerdings hatte der BVB auch Pech, dass ein reguläres Kopfballtor von Mats Hummels (45.+1) wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung von Schiedsrichter Daniel Siebert aus Berlin nicht gegeben wurde.

Es berichtet Felix Ulrich

Ausgangslage
Die beste Mannschaft der Rückrunde gastierte bei der drittschwächsten aus Frankfurt. Allerdings: Zuletzt hatten die stark abstiegsbedrohten Hessen zwei Mal in Folge (jeweils 2:1 gegen Mainz und in Darmstadt) gewonnen. Unter dem neuen Coach Nico Kovac hatte die Eintracht ihre „Spielweise grundlegend geändert“ (Tuchel). „Sie sind extrem giftig im Spiel gegen den Ball“, so der BVB-Coach, der seine Elf im Vorfeld des Duells sogar vor einer zu laschen Einstellung mit Blick auf das DFB-Pokalfinale am 21. Mai gegen den FC Bayern warnte: „Wenn wir jetzt unsere Planungen auf Berlin ausrichten würden, hätten wir schon den ersten Fehler gemacht.“ Für Schwarzgelb ging es in der Bundesliga streng genommen aber nur noch um die Punkte 78 bis 80 - und um die Jagd nach dem Vereins-Rekord (81 Zähler).

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Aubameyang durfte von Beginn an ran, blieb in Frankfurt aber unauffällig.

Personalien
Der BVB gingmit seinen beiden besten Angreifern ins letzte Auswärtsspiel der Saison: Sowohl Adrian Ramos als auch Pierre-Emerick Aubameyang standen in der Startelf. Für den gelb gesperrten Julian Weigl war Nuri Sahin dabei, den muskulär angeschlagenen Lukasz Piszczek vertrat Erik Durm. Nicht im Kader waren die Verletzten Neven Subotic (Thrombose im Arm) und Ilkay Gündogan (Kniescheibe ausgerenkt). Eintracht-Trainer Nico Kovac tauschte im Vergleich zum 2:1-Erfolg in Darmstadt drei Mal: Aigner, Castaignos und Djakpa begannen für Fabian, Gacinovic (beide Bank) und Seferovic (10. Gelbe).

Taktik
Die Eintracht agierte nur fallweise mit der erwarteten Fünferkette: Wenn Oczipka nach innen rückte, um das Zentrum zu stärken, rückte Djakpa auf links mit ein in den Abwehrverband. Meist aber bildete er mit Huszti und Hasebe einen linkslastigen, zweiten Defensivblock vor der Viererkette. Frankfurt nur mit drei Offensiven: Ben-Hatira halblinks, Aigner rechts und ganz vorn, zentral in der Spitze Castaignos.

Borussia begegnete dem 4-3-2-1 der Hessen höchst flexibel in einer 2-3-3-2-Grundordnung und erstmals in dieser Saison mit zwei Spitzen (Aubameyang rechts, Ramos links), die jedoch ihren Wirkungskreis weit außen hatten. Das Angriffszentrum besetzte wechselweise ein Mitglied der offensiven Dreierreihe (Mkhitaryan, Kagawa, Reus). Dahinter agierten Durm, Sahin und Schmelzer, wobei sich Sahin im Spielaufbau häufig zwischen die beiden Innenverteidiger Bender und Hummels fallen ließ.

Spielverlauf und Analyse
Wie Zahlen „lügen“ können... Der BVB war allein in Halbzeit eins deutlich überlegen, verbuchte 80 (!) Prozent Ballbesitz, gewann 62 Prozent aller Zweikämpfe, spielte fast vier Mal so viele Pässe wie die Eintracht (354:82, 86 % Passquote), gab mehr Torschüsse ab (6:3), Frankfurt führte nach 45 Minuten jedoch mit 1:0 – und das nicht unverdient.

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Beeindruckende Kulisse: Die BVB-Fans in Frankfurt.

Denn Schwarzgelb verpasste es über weite Strecken, vor dem gegnerischen Tor wirklich zwingend zu sein. Im Abschluss fehlten die Ideen, so dass selten echte Torgefahr aufblitzte. Ganz anders zu Beginn die Hessen, die vor allem nach Standards ihre Stärken hatten. Gegen Castaignos' Schuss aus sieben Metern (9.) konnte BVB-Keeper Bürki noch mit einem Reflex retten, ebenso gegen den Flanken-Torschuss von Regäsel (13.). Nach einer kurz ausgeführten Ecke und einer Flanke von Hasebe war der Schweizer gegen Aigner aber chancenlos – 0:1 (14.). Durm hatte den 28-Jährigen fast unbedrängt köpfen lassen.

Die erste Möglichkeit hatte der BVB in Person von Aubameyang: Der Gabuner kam in der 24. Minute nach Vorarbeit von Reus zum Abschluss, zielte aber klar über das Tor. Durm (29.) hatte aus 18 Metern ebenfalls das 1:1 auf dem Fuß, seinen Schuss aus der Mitte hielt jedoch Eintracht-Keeper Hradecky. Kurz vor der Pause kam Schwarzgelb zu zwei weiteren Chancen: Aubameyang (40.) konnte mit Reus' Ablage zwar nicht viel anfangen, Hummels köpfte das Leder in der Nachspielzeit der ersten Hälfte nach einem langen Ball von Sahin über Hradecky hinweg ins Tor (45.+1). Schiedsrichter Siebert erkannte jedoch fälschlicherweise auf Abseits.

Kopfball von Hummels ans Aluminium

Nach dem Wechsel brachte Thomas Tuchel Sokratis für Durm, in den Fokus rückte aber erneut der Unparteiische: Nach einem Freistoß von Schmelzer kam wieder Hummels zum Kopfball, Hradecky lenkte den Ball ans Aluminium, eine Nachschussmöglichkeit gab es nicht, da Siebert unerklärlicherweise auf Offensivfoul entschied. Die zweite völlig falsche Entscheidung des 33-jährigen Berliners.

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Adrian Ramos begann an der Seite von Aubameyang im Sturm.

In der Folge blieb der BVB drückend überlegen, nach gut einer Stunde betrug der Ballbesitz 83 Prozent (später sogar 84). Frankfurt lauerte nur, igelte sich mit zehn Mann um den eigenen Strafraum ein, sorgte für überhaupt keine Entlastung in der Offensive. Schwarzgelb blieb hingegen geduldig, hielt den Ball in den eigenen Reihen, schnürte die Gastgeber ein, kam (zu) oft durch die Mitte, fand aber die Lücke nicht, um dann zum Torabschluss zu kommen.

Doppelchance durch Mkhitaryan

In der 65. Minute Doppelwechsel bei der Borussia: Castro und Pulisic kamen für Aubameyang und Hummels. Nach einer Ecke hatte aber plötzlich Frankfurts Abraham (67.) die Chancen zum 2:0, sein Kopfball ging jedoch weit über den Kasten. In der Schlussphase verteidigte die Eintracht die Führung mit Mann und Maus. Dem BVB fehlten an diesem Tag einfach die Ideen, manchmal das nötige Timing und auch die Überzeugung, um die Frankfurter Mauer zu knacken. Die Riesenchance zum Ausgleich vergab Mkhitaryan, der zunächst an Hradecky scheiterte (82.), und kurz danach einen Kopfball auf das Tornetz setzte (85.).

Ausblick
Zwei Pflichtspiele darf Borussia Dortmund in der Saison 2015/16 noch absolvieren: Am kommenden Samstag empfängt der BVB den 1. FC Köln im SIGNAL IDUNA PARK. Eine Woche später steigt in Berlin das DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern.

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