Das schnellste Gegentor aller Zeiten, der schnellste Drei-Tore-Rückstand ebenso. In einem Spiel der negativen wie positiven Superlative schaffte Borussia Dortmund beim 4:3 (1:3) in Skien gegen Odds BK den ersten Sieg nach Drei-Tore-Rückstand auf europäischer Bühne. Die Mannschaft tauchte nicht nur ihren Trainer in ein Wechselbad der Gefühle. Doch der wusste schon zur Pause: „Wer das nächste Tor schießt gewinnt!“

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Thomas Tuchel zeigt Henrikh Mkhitaryan den Weg.

Als es nach 14 Sekunden 1:0 stand für Odds Ballklubb, schauten sich die Zuschauer auf der Haupttribüne ungläubig in die Augen. Das 2:0 nach 18 Minuten riss sie von den Sitzen, beim 3:0 nur vier Minuten später glaubten sie an einen der größten Außenseitersiege im Europapokal. Am Ende verabschiedeten sie ihre Mannschaft mit stehenden Ovationen, sie spendeten aber auch anerkennendem Applaus für einen Gegner, der schon mausetot war Mitte der ersten Halbzeit, der wieder aufstand, der nach 0:3-Rückstand noch vier Tore schoss – und genauso häufig Pfosten und Latte traf.

„Ich bin zufrieden, vor allem aber erleichtert“, sagte Sportdirektor Michael Zorc nach der 94-minütigen Achterbahnfahrt: „Die erste Halbzeit war ein Albtraum. Ich dachte, das Kapitel der frühen Gegentore sei beendet gewesen. Das war ein Schockzustand. Wir haben überhaupt nicht verteidigt, wir haben überhaupt nicht körperbetont gespielt.“ Trainer Thomas Tuchel monierte: „Wir waren nicht richtig auf dem Platz, wir waren nicht bereit, lange Bälle und nachrückende Spieler zu verteidigen.“

Borussia wankte, aber Borussia fiel deshalb nicht, weil Borussia in scheinbar aussichtloser Lage nicht aufgab.

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Matthias Ginter und Pierre-Emerick Aubameyang

„Das 3:0 war der Moment, als ich dachte, das wird ein ganz, ganz langer Weg zurück. Das Publikum war enthusiastisch. Bei uns lief alles falsch, was nur falsch laufen konnte. Alles sprach für den Gegner“, bekannte Tuchel: „Die zweite war eine exzellente, eine spektakuläre Hälfte. Ein großes Kompliment an meine Mannschaft. Wir haben es verdient, zu gewinnen, und wir hätten es verdient gehabt, höher zu gewinnen.“

Der Anschlusstreffer durch Tormaschine Pierre-Emerick Aubameyang wenige Minuten vor dem Halbzeitpfiff bescherte die Hoffnung auf eine Wende. Thomas Tuchel befeuerte sie in der Halbzeitpause. „Er hat zur Mannschaft gesagt: Wer das nächste Tor schießt, gewinnt das Spiel“, verriet Michael Zorc.

79 Sekunden nach Wiederanpfiff verkürzte Shinji Kagawa auf 2:3.

„Gut, dass die Mannschaft immer weitergespielt, dann die richtigen Mittel eingesetzt hat, immer wieder zu Torchancen gekommen ist und verdient gewonnen hat“, befand Zorc. „Wir wussten, dass wir das Tempo anziehen und hoch halten können“, sagte Tuchel, der sich „am Ende glücklich über die Reaktion“ zeigte „und stolz, dass die Mannschaft Charakter gezeigt hat“. Sein Fazit: „Wir haben uns zurückgekämpft. Und wir haben unsere Lektion gelernt.“
Boris Rupert

BVB total!-Video: PK nach dem Spiel bei Odds BK, frei für alle