Es wird spannend! Nach den Hinspiel-Siegen gegen Porto (2:0) und Tottenham (3:0) in den vorangegangenen Runden reiste Borussia Dortmund stets in dem Gefühl zum Rückspiel, dass ein Auswärts-Tor die letzten Zweifel am Weiterkommen beseitigen würde. Nun muss am kommenden Donnerstag in Liverpool unbedingt ein Auswärtstor her, um die Chancen aufs Halbfinale zu wahren.

„Nicht Fisch, nicht Fleisch“, nennt Mats Hummels die Ausgangslage nach dem ersten von zwei Vergleichen mit dem FC Liverpool. Die Auswärtsstärke, die unglaubliche Torgefahr, die die Offensive an „normalen Tagen“ ausstrahlt, nährt die Zuversicht fürs Rückspiel. Überragende 117 Tore stehen wettbewerbsübergreifend für den BVB in dieser Saison bereits zu Buche. „Es ist noch alles drin“, sagt der Kapitän wohl auch in dem Wissen, dass die Konstellation deutlich schlechter hätte sein können, wenn nicht ihm wenigstens der Kopfballtreffer zum 1:1-Endstand geglückt wäre und Roman Weidenfeller mit sensationellen Paraden nicht das mögliche zweite, dritte oder gar vierte Gegentor verhindert hätte.

Tuchel vermisste Form und Vertrauen

„Wir müssen akzeptieren, dass wir nicht die Form hatten, die nötig gewesen wäre. Wir hatten nicht das Vertrauen, nicht die Präzision und nicht das Durchsetzungsvermögen“, sagte Thomas Tuchel ungeschminkt nach einer der schwächsten Saisonleistungen und fügte einen Satz hinzu, der zum einen Kritik an den Seinen, zugleich aber auch eine offene „Drohung“ an den Gegner sein dürfte: „Wir können es viel, viel besser!“

Zu wenig Tempo in den eigenen Aktionen, zu wenig Präzision, zu wenig Schärfe im 47. (!) Pflichtspiel einer Saison, die schlichtweg überragend ist und einen verwachsten Abend wie den gestrigen dann auch mal dabei haben darf, ohne dass der Gesamteindruck auch nur um Nuancen getrübt wird.

Symptomatisch letztlich auch für dieses Spiel: Drei Mal bekam ein Liverpooler Abwehrspieler im letzten Moment noch einen Fuß dazwischen, um Schlimmeres zu verhindern, beim 0:1 wiederum wurde Lukasz Piszczek so unglücklich angeschossen, dass Roman Weidenfeller keine Abwehrchance mehr hatte.

Warum der BVB sein eigenes Vorbild ist

„Die Ausgangslage ist nach wie vor offen“, sagt Thomas Tuchel. Am kommenden Donnerstag aber muss seine Elf Historisches leisten: Sie benötigt entweder ein Remis mit mindestens zwei geschossenen Toren (2:2, 3:3, ...) oder einen Auswärtssieg, um ins Halbfinale der UEFA Europa League einzuziehen. Doch in bisher 14 Anläufen hat noch nie eine deutsche Mannschaft an der Anfield Road gewonnen oder zwei Tore geschossen.

Wie gut, dass exakt genau dieser Fakt auch für deutsche Mannschaften bei Tottenham Hotspur bestand – bis Borussia Dortmund vor drei Wochen an der White Hart Lane mit 2:1 gewann...
Boris Rupert