Thomas Tuchel hatte im Vorfeld gewarnt und gemahnt. Nach der Partie beim Tabellenletzten SV Darmstadt 98 musste er seinem Trainerkollegen Torsten Frings zu einem „verdienten Sieg“ gratulieren und hinzufügen: „Allein dieser Satz zeigt, wie wenig von dem, was uns ausmacht, wir heute auf dem Platz gesehen haben.“

Zum fünften Mal in dieser Saison zeigte die Mannschaft innerhalb weniger Tage zwei gegensätzliche Gesichter. Dem 1:0 über Bayern München folgte ein 1:2 in Frankfurt, dem 2:2 gegen Real Madrid ein 0:1 in Leverkusen, dem 2:1 bei Sporting Lissabon ein 3:3 in Ingolstadt, dem 4:1 gegen Borussia Mönchengladbach gepaart mit dem anschließenden 2:2 bei Real Madrid ein 1:1 in Köln – und nun, nach den Erfolgen gegen Rasenballsport Leipzig und Hertha BSC, eine völlig verdiente Niederlage beim SV Darmstadt 98, die sogar deutlicher hätte ausfallen können als 1:2. „Ich hatte nie das Gefühl, dass wir in diesem Spiel richtig angekommen sind“, klagte Tuchel: „Das beste an der ersten Halbzeit war das Ergebnis, denn es gab uns noch die Möglichkeit, mit einer gewonnenen zweiten Halbzeit das gesamte Spiel zu gewinnen. Doch davon waren wir weit entfernt.“

Tuchel: „Wir sind der verdiente Verlierer“

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Dabei hatte der Trainer so wenig geändert wie möglich trotz der Blessuren und der Belastung nach dem Marathon gegen Hertha, trotz des Todesfalls in der Familie Dembélé. Neun Akteure, die gegen Leipzig und Berlin den Stamm gebildet hatten, waren auch heute wieder dabei. Und Debütant Dzenis Burnic („Wir wollten im Aufbau einen Linksfuß haben“) sowie Emre Mor (er bereitete das Tor zum zwischenzeitlichen 1:1 vor) nahm Tuchel betont aus der Schusslinie. Als aus Reporterkreisen eine diesbezügliche Frage („jung, unerfahren“) aufkam, wurde der Coach auf der Pressekonferenz das erste und einzige Mal fuchtig.

„Wenn wir so weit unter unserem Limit bleiben und der Gegner am Maximum seiner Möglichkeiten spielt, ist es nur gerecht, dass die Mannschaft gewinnt, die ihr Potenzial ausschöpft“, so Tuchel. Das sei bei seiner Elf nicht im Ansatz der Fall gewesen, „und darüber sind wir schwer enttäuscht. Wir sind der verdiente Verlierer“.

Reus: „Unser Defensivverhalten war eine Katastrophe“

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Im Spitzenfußball, wo man „Sklaven des Ergebnisses“ sei, könne man hadern, wie beispielsweise nach oben erwähntem 3:3 in Ingolstadt, als das Chancenverhältnis ausgesprochen deutlich für den BVB sprach. In Darmstadt aber hatte „der Gegner zu viel Raum, um spielen zu können“ (Roman Bürki), „unser Defensivverhalten war eine Katastrophe“ (Marco Reus) – und so stand nach neun Pflichtspielen ohne Niederlage wieder mal eine solche. Reus: „Wir haben zum wiederholten Male gegen einen Gegner, gegen den wir eigentlich hätten gewinnen müssen, nicht gewonnen. Das ist sehr schlecht.“

Und so referierte Tuchel über das, was er schon am Freitag vor der Partie angesprochen hatte. „Wir hatten mit Leipzig und Hertha zwei Spiele, die im maximalen Scheinwerferlicht standen. Dann sind wir in der Lage, alle Sine zu schärfen, sind hellwach und kommen an unser Leistungsoptimum.“ Nun aber stand eine Partie an, „in der du nichts gewinnen kannst“. Weil jeder erwartet, dass du sie gewinnst. Tuchel offen und ehrlich: „Wir tun uns offensichtlich schwer, in Spielen ohne große Bühne die absolute Schärfe zu zeigen.“

Mit Blick auf Lissabon und Wolfsburg (Heimspiel eins nach Leipzig) darf der geneigte Fan also wieder hoffnungsfroh sein...
Boris Rupert