Borussia Dortmund geht als Tabellenführer in die Länderspielpause im Oktober. Das war vor einem Jahr genauso – nach einem 2:1-Auswärtssieg in Augsburg. Und doch ist die Situation kaum vergleichbar. Machte sich 2017 bereits eine gewisse Skepsis breit, schwimmt Schwarzgelb nach dem 4:3-Heimsieg über Augsburg auf einer Welle der Euphorie.

„Es war ein phantastisches Spiel für alle mit so vielen Emotionen“, schwärmte Lucien Favre. Obwohl es ein Spiel mit vielen Rückschlägen war, standen die Zuschauer – und das im Wortsinn auf allen Tribünen – geschlossen hinter der Mannschaft. Sie hätten auch ein 3:3 bejubelt. Augsburgs Trainer Manuel Baum konstatierte: „Es war extrem schwierig, weil man das Gefühl hatte, hier stehen nicht nur elf Spieler auf dem Platz, sondern mehr.“

Nach 0:1- und 1:2-Rückstand, trotz des dritten Dämpfers in Form des Augsburger Ausgleichs zum 3:3, nachdem zuvor die eingewechselten Paco Alcácer und Mario Götze das Spiel mit ihren Treffern zum 3:2 scheinbar gedreht hatten, verloren die Borussen nie den Glauben. „Die Bereitschaft nie aufzugeben, zeichnet die Mannschaft aus“, stellte Sebastian Kehl fest und fügte hinzu: „Daraus kann eine Menge erwachsen. Ich hoffe, dass es uns noch ein bisschen begleiten wird.“

Es lief schon die sechste Minute der Nachspielzeit, als sich Paco Alcácer nach einem Foul an Achraf Hakimi den Ball schnappte und ihn aus etwa 23 Metern zum 4:3-Sieg im Augsburger Tor versenkte. Wenn jemand vor einer Woche gedacht hätte, dieses 4:2 nach 0:2-Pausenrückstand in Leverkusen sei für längere Zeit nicht zu toppen, wurde eines noch Besseren belehrt.

Balance finden, Defensivschwächen abstellen

„Wir waren baff. Diese Mannschaft ist so gut. Wir haben so gute Spieler, so eine gute Mentalität. Im Moment klappt eigentlich alles“, meinte Roman Bürki, dessen Paraden – wieder einmal – die Grundlage für einen Sieg bildeten. „Sie haben hervorragend gespielt“, lobte Lucien Favre die Augsburger: „Es war extrem schwer für uns. Im Spielaufbau war sehr schwer, ein paar Lücken zu finden.“ Nachdem er etwas durchatmen konnte, resümierte der Coach: „Wir spielen offensiv sehr gut, können den Gegner destabilisieren. Wir müssen die Balance finden. Die Details machen den Unterschied. Defensiv haben wir zu tun. Da müssen wir viele Details korrigieren.“

Die Mannschaft – die mit einem Durchschnittsalter von 23,5 Jahren jüngste Dortmunder Anfangsformation seit November 2011 – ist entwicklungsfähig, weil lernwillig. „Wir glauben an uns bis zum Schluss“, stellte Manuel Akanji das wohl größte Plus heraus. Wieder einmal – nach Fürth, Leipzig und Leverkusen – gab es einen Sieg nach Rückstand, zum x-ten Mal schon verbunden mit späten Toren.

Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspielermannschaft, verspürte auf der Bank ein Wechselbad der Gefühle: „Ich habe Gänsehaut gehabt nach dem 3:2, war frustriert, weil wir dann doch wieder ein Tor kassiert haben, und am Ende überglücklich. Es waren ganz viele Emotionen dabei.“

Auch dafür steht Borussia Dortmund im Oktober 2018: für Emotionen, für Begeisterung, für unfassbare Spielverläufe.
Boris Rupert