Nach einem für die Zuschauer begeisternden Spiel ein 2:2 in Bremen zu holen, das seit dem 13. Spieltag zuhause nicht mehr verloren hat, dabei je nach Betrachtungsweise 45 oder bis zu 70 Minuten lang ein gutes Spiel gemacht zu haben, würde in einem anderen Kontext erscheinen, wenn es sich hierbei um den 22. und nicht um den 32. Spieltag gehandelt hätte.

 

So aber hat Borussia Dortmund zwei Runden vor Schluss vier Punkte Rückstand – und die deutlich schlechtere Tordifferenz – auf Bayern München, das aus den Spielen in Leipzig und gegen Frankfurt nur einen Zähler holen dürfte. Der BVB spielt noch gegen Düsseldorf und in Gladbach. „Rein rechnerisch ist der Titel noch möglich“, sagte Julian Weigl am Samstagabend, und Thomas Delaney meinte: „Wir liegen nicht am Boden, aber natürlich sieht es schwer aus.“ Sportdirektor Michael Zorc erklärte im Aktuellen Sportstudio: „Wir sind keine Träumer. Rechnerisch ist es zwar noch nicht erledigt, aber Bayern ist in der Pole-Position und hat die Führung weiter ausgebaut. Drei Punkte hätten gutgetan.“

Diese drei Punkte waren auch zum Greifen nah. Dortmund dominierte die heimstarken Hausherren, ging durch Tore von Christian Pulisic (6.) und Paco Alcácer (41.) in der ersten Halbzeit mit 2:0 in Führung, besaß da schon und spätestens in der ersten Viertelstunde des zweiten Durchgangs weitere hervorragende Möglichkeiten, die Bremens ausgezeichneter Schlussmann Jiri Pavlenka mindestens dreimal – gegen Götze (14.), Delaney (55.) und Alcácer (65.) – vereitelte. Zorc: „In der ersten Halbzeit haben wir ganz hervorragend gespielt, sind immer wieder gefährlich nach vorne gekommen.“

Auch wenn mit Beginn der zweiten 45 Minuten aus einer dominanten eine abwartende Spielweise geworden war, hatte Borussia das Spiel doch weiter fest im Griff. „Wir hatten Gelegenheiten, schon in der ersten Halbzeit das 3:0 zu machen. Wir hatten auch in der zweiten Halbzeit Möglichkeiten. Das schaffen wir nicht, das kann passieren, aber wir müssen ruhig bleiben“, sagte Cheftrainer Lucien Favre und spielte auf die Phase an, in der seine Mannschaft das Spiel dann doch aus der Hand gab. Ausgerechnet dem nach kicker-Noten besten Spieler der Saison unterlief ein folgenschwerer Patzer: Roman Bürki ließ einen Schuss von Kevin Möhwald durch die Hände rutschen. Zorc mochte seinem Schlussmann jedoch nicht den Ansatz eines Vorwurfs machen: „Roman hat uns schon so viele Spiele gerettet.“

Fehler Nummer zwei: „Manu will den Ball zur Ecke gehen lassen. Das darf ihm nicht passieren“, sagte Zorc über die Entstehung von Gegentor Nummer zwei, als Bremens Linksverteidiger Ludwig Augustinsson auf der Grundlinie den Ball nochmal heiß machte und Claudio Pizarro das Zuspiel zum 2:2 verwertete (75.). Zorc sprach von „zwei individuellen Fehlern, die uns um die Punkte gebracht haben“.

„Im Verlauf der zweiten Halbzeit haben wir die Kontrolle über das Spiel verloren“, haderte der Sportdirektor: „Wir haben es nicht zu Ende gespielt, wir haben den Sack nicht zugemacht. Um ganz vorne zu stehen, darfst du solche Fehler nicht machen.“

Da spielt der BVB die nach Punkten viertbeste Saison seiner Bundesligageschichte und droht am Ende doch „nur“ Zweiter zu werden. Vor zwölf Monaten zitterte sich die Mannschaft zu Platz vier. Und so sieht auch Michael Zorc viele, viele positive Aspekte, „um überhaupt in die Situation zu kommen, einen Titelkampf mit Bayern München zu haben“. Noch ist er nicht definitiv beendet.
Boris Rupert