Gewinner des Spieltags. Dieses virtuelle Attribut gebührt Borussia Dortmund. Zwölf Tage nach dem verlorenen Meisterschaftskampf ist der BVB auf bestem Weg, die Teilnahme an der UEFA Champions League einzutüten. Dank des elften Sieges im 13. Ligaspiel des Jahres 2020, was irgendwie auch meisterlich klingt.

37 Punkte Bayern München. Von 39 möglichen. 33 Punkte Borussia Dortmund. Mit der bisher zweitbesten Rückrunde der Vereinsgeschichte (nach 2011/12) hat der BVB den zweiten Tabellenplatz gefestigt, erstmals in dieser Saison sieben Punkte Vorsprung auf den Fünften und damit auf einen Rang, der nicht zur Teilnahme an der Königsklasse berechtigt. Die direkten Konkurrenten ließen am 30. Spieltag ausnahmslos Federn: Leipzig spielte 1:1 gegen Paderborn, Gladbach verlor in Freiburg (0:1), Leverkusen gegen München (2:4).

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„Wenn du die Chance hast, dich abzusetzen, musst du sie nutzen“, sagte Julian Brandt nach dem 1:0 gegen Hertha BSC, das deshalb als „Arbeitssieg“ verbucht werden muss, weil die laufstarken und taktisch kompakt spielenden Berliner kaum Räume anboten. Ein Geniestreich von Jadon Sancho und Julian Brandt öffnete Emre Can den Weg zum Siegtreffer. Sancho selbst ließ zwei sogenannte „Hundertprozentige“ aus. Hätte er die selbst herrlich vorbereitete Szene in der 90. Minute zum 2:0 genutzt – dieser Spielzug und dieser Treffer hätten sicherlich Einzug gehalten in jedes Lehrbuch, wie man gut geordnete Gegner sehenswert ausmanövriert.

Nun. Sancho war dies nicht vergönnt. So hieß der (alleinige) Matchwinner Emre Can, der nach einer von den Berlinern zunächst abgewehrten Ecke und dem von Axel Witsel zurückeroberten Ball das Siegtor schoss. „Vorne habe ich dann eine Chance gehabt, um ein Tor zu machen. Ich bin froh, dass es geklappt hat“, sagte der als Hummels-Vertreter eingesetzte Abwehrchef. Das Mandat, sich situativ nach vorne orientieren zu dürfen, hatte Lucien Favre zuvor erteilt. „Einer von den drei kann nach vorne gehen“, sagte der Trainer über den Abwehrverbund Piszczek, Can und Akanji – und „er hat das gut gespürt“.

Seit dem Re-Start Mitte Mai hatte es in den 41 vorangegangenen Bundesligaspielen nur neun Heimsiege gegeben. Borussia Dortmund schaffte ohne Fan-Unterstützung, ohne die Gelbe Wand, den zehnten Erfolg für die Heimmannschaften und ist neben Bayern München und Hertha BSC das einzige Team, das auch ohne Unterstützung der Zuschauer zuhause zweimal gewinnen konnte.

„Es war ein schweres Spiel. Wir haben es gut kontrolliert und am Ende verdient gewonnen“, meinte Favre im Gespräch mit dem Aktuellen Sportstudio. Er rekapitulierte „drei, vier klare Torchancen in der zweiten Halbzeit“ und attestierte: „Das war nicht schlecht.“ Weil vorne eigentlich immer ein Tor fällt und die Defensive mit nur zwei Gegentreffern in den fünf Partien seit dem Re-Start sogar die mit Abstand stabilste der Liga ist.
Boris Rupert