Neun Punkte aus vier Spielen – ein typischer BVB-Auftakt. Zum fünften Mal in den zurückliegenden sieben Jahren startete Borussia Dortmund mit dieser Ausbeute; 2017/18 war es ein Zähler mehr, im Jahr darauf einer weniger. Nur zwei Teams haben in der aktuellen Spielzeit besser gepunktet und führen die Tabelle mit einem Zähler Vorsprung an. Die Ausbeute stimmt, auch die Tendenz. Die Leistung in Berlin war ein Schritt nach vorn.

„Selbst wenn wir drei Tore geschossen hätten, hätten wir über eine nicht allzu gute Chancenverwertung gesprochen. Dadurch war das Spiel bis zum Schluss offen“, meinte Edin Terzic. Zehn klare Möglichkeiten hatte sich seine Mannschaft im Olympiastadion erspielt, zweimal Pfosten oder Latte getroffen, viermal Herthas Keeper Christensen herausragend pariert.

Lediglich einer von insgesamt 24 BVB-Torschüssen fand den Weg ins Netz – dieser, weil die Mannschaft ihren Trainern in den Tagen zuvor gut zugehört und die Spielweise etwas angepasst hatte. „Wir haben heute genauso viele Flanken gespielt wie in den drei anderen Bundesligaspielen zusammen“, listete Terzic auf: „Das war ein Schwerpunkt im Training.“ Mehr Bälle für Modeste, lautete die Zielsetzung. „Es ist neu für uns, dass wir diesen einen Zielspieler in der Box haben, und es wird Zeit dauern, bis wir diese Waffe für uns noch häufiger einsetzen. Wir sind uns sicher, dass es für Tony das erste Tor von ganz vielen war.“

Einmal scheiterte Modeste an Christensen, einmal schoss er links vorbei – und dann machte er im dritten Versuch „sein“ Tor, ein typisches Modeste-Tor. Flanke, Kopfball, Tor. „Wenn der Stürmer viele Bälle bekommt, ist es einfach“, sagte der Neuzugang aus Köln. Sportdirektor Sebastian Kehl hatte sich schon in den Tagen zuvor verbal stark gemacht für Modeste. „Es wurde sehr stark über Tony diskutiert. Das finde ich nicht in Ordnung. Er ist schließlich erst seit zwei Wochen bei uns. Es ist eine Umstellung für ihn.“

Wie schon zum Saisonauftakt gegen Leverkusen reichte ein Treffer zum Sieg. „Wenn wir zusammenstehen und gemeinsam verteidigen, alle klar im Kopf bleiben, dann können wir auch zu Null spielen“, betonte Jude Bellingham. „Wir haben alle unseren Job gemacht und drei Punkte geholt.“

„Salih ist ein Spieler, dem andere Dinge wichtig sind“

Herausragend dabei Salih Özcan bei dessen Pflichtspieldebüt in Schwarzgelb. Lange hatte er auf diesen Moment warten müssen. „Durch die Verletzung habe ich eine Zwangspause machen müssen, aber man sagt ja so schön: Die Saison ist ein Marathon, kein Sprint.“ Lediglich Julian Brandt, Marco Reus und Jude Bellingham machten am Samstag mehr Meter als der aus Köln gekommene Malocher. „Er hat ein herausragendes Spiel gezeigt, weil er selbst war“, so Terzic. „Wir haben viel Kreativität im Kader und super viel Tempo. Aber Salih ist ein Spieler, dem andere Dinge wichtig sind, nicht dass der Fußball sexy aussieht. Er ist da, damit er den anderen den Rücken freihält, damit die anderen glänzen können. Heute war er der Schlüssel im Zentrum, damit wir nicht viel zugelassen haben. Wieviele Bälle er für uns erobert hat, war mindestens genauso wichtig wie das Tor, das er vorbereitet hat.“

Ein weiterer Faktor war die Unterstützung von den Rängen. Mit Ausnahme der Ostkurve waren die Farben Schwarz und Gelb überall präsent im Olympiastadion, der Westen eine schwarzgelbe Wand. „Es sind mit die besten Fans in Europa“, sagte Jude Bellingham. „Es ist ein solches Privileg, für sie zu spielen: zuhause, auswärts, in Europa oder heute in Berlin. Es ist fast schon ein Witz, mit wie vielen Leuten sie jedes Mal kommen und wie laut sie sind. Ich habe drei Chancen vergeben und werde derart unterstützt. Sie honorieren, dass wir kämpfen. Das ist brillant!“

Nun folgen zwei Heimspiele. Mit 81.365 Fans im SIGNAL IDUNA PARK. Am kommenden Freitag gegen Hoffenheim, vier Tage später dann erstmals auch in der Champions League.
Boris Rupert

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