Als Stadionsprecher Norbert Dickel die Mannschaftsaufstellung mit den Worten „Es hat kurzfristig einen Wechsel gegeben“ ankündigte, ging ein Raunen durchs Publikum. Viele fragten sich: Endet mit dem Ausfall des in den vergangenen Wochen überragenden Gregor Kobel die Siegesserie?

96 gespielte Minuten später lautete die Antwort: nein! Alexander Meyer wehrte in seinem 09. Pflichtspiel für Borussia Dortmund vier Top-Chancen des Gegners ab, die letzte in der fünften Minute der Nachspielzeit, und half entscheidend mit, dass im zehnten Spiel des Jahres 2023 der zehnte Sieg gelang. Der 31-Jährige hatte erst fünf Minuten vor Anpfiff von seinem Einsatz erfahren – und die Erwartungen seines Trainers wieder einmal voll erfüllt. „Alex hat schon häufiger gezeigt, dass wir uns auf ihn verlassen können“, betonte Edin Terzic: „Er hat viel Ruhe ausgestrahlt und am Ende ein paar richtig gute Dinger rausgefischt.“

„Für mich war es ziemlich turbulent“, beschrieb Meyer die letzten Minuten vor Anpfiff des Spitzenspiels: „Nach der letzten Aktion beim Aufwärmen ist Greg reingegangen. Er hat mir in der Kabine signalisiert, dass er nicht spielen kann und mir alles Gute gewünscht. Für mich war es der Sprung ins kalte Wasser. Die Mannschaft hat es super gemacht, sehr leidenschaftlich verteidigt.“ Kobel hatte muskuläre Probleme signalisiert. Zusammen mit der medizinischen Abteilung fiel die Entscheidung, „dass wir dieses Risiko heute nicht eingehen und erst einmal eine genaue Diagnostik haben wollen“, so Terzic.

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„Wir haben einen guten Torwart gehabt und gute Einzelaktionen, die Torverteidigung war überragend, wie sich alle dagegen gewehrt haben“, lobte Sportdirektor Sebastian Kehl den Keeper und dessen Kollegen: „Wille, Leidenschaft und Engagement waren erneut großartig. Wir haben gegen einen Top-Gegner gewonnen. Dass Leipzig gut ist, haben sie gezeigt.“

In der ersten Halbzeit hatte Borussia noch Mittel gefunden, das intensive Pressing zu überspielen. Das Zentrum wurde überlagert, die langen Bälle in die Schnittstellen waren rasiermesserscharf. Drei Tore erzielte der BVB im ersten Durchgang; der Treffer von Julian Brandt fand allerdings keine Anerkennung, weil der Ball unmittelbar vor der Torerzielung den Unterarm touchiert hatte. Auch wenn die Gäste im ersten Durchgang leicht überlegen wirkten, deutlich gefährlicher waren die Schwarzgelben, die nach dem Seitenwechsel jedoch den Zugriff auf den Gegner und auf das Spiel verloren, in Person von Marco Reus aber für das 3:0 hätten sorgen können. Hier war es Leipzigs Torwart, der mit einer starken Parade die Entscheidung verhinderte.

„Wir sind sechs Kilometer mehr gelaufen als Leipzig. Ich finde, die Jungs haben sich brutal gewehrt“, meinte Kehl. „Nur über harte Arbeit kommt man zum Erfolg“, bestätigte Reus, und Terzic konstatierte: „Wenn wir einen Fehler machen, muss ein anderer da sein, um ihn auszubügeln.“ Das alles passte am Freitagabend gegen Leipzig. Auch dank der phänomenalen Unterstützung gelang ein glücklicher Sieg. Der zehnte in Serie. Der elfte würde Schwarzgelb am Dienstag sicher ins Viertelfinale der UEFA Champions League bringen und zugleich den Vereinsrekord egalisieren…
Boris Rupert

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