Als am frühen Sonntagnachmittag der Airbus A320 wieder auf der „Startbahn Ruhrgebiet“ in Dortmund gelandet war, war die Saison 2015/16 endgültig beendet. Eine Saison, in der die Borussia Rekorde (u.a. bester Bundesliga-Zweiter aller Zeiten) aufstellte und hohe Maßstäbe für die Zukunft setzte – trotz des am Vorabend verlorenen DFB-Pokalfinales in Berlin.

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Das 3:4 nach Elfmeterschießen gegen den FC Bayern nagte dennoch an den BVB-Profis. Mit großer Leidenschaft hatten sie über 120 Minuten das eigene Tor verteidigt, die Null gehalten – allerdings leider auch vorne. Über die komplette Distanz hatten die Schwarzgelben keinen einzigen Schuss auf das Tor von Bayern-Keeper Manuel Neuer gebracht, aber fünf Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit durch Aubameyang (85.) trotzdem die Partie zu ihren Gunsten entscheiden können.

Thomas Tuchel sah bei allem Respekt vor der Leistung aber auch die Kehrseite der Medaille. „Wir haben zu verhalten begonnen und verteidigt. Es hat uns lange Zeit in der ersten Halbzeit an Mut, Überzeugung und Schärfe gemangelt. Wir haben schlampig gekontert, vieles, vieles liegengelassen“, analysierte er. In Sachen Handlungsschnelligkeit, Wachheit, Überzeugung und Ausstrahlung habe dem BVB „irgendetwas“ gefehlt.

Kapitän Mats Hummels, der bei seinem letzten Auftritt im schwarzgelben Trikot nach einem Duell mit Franck Ribery vorzeitig verletzt ausgewechselt werden musste, erklärte: „Wir haben den Bayern einen großen Kampf geliefert, spielerisch sind wir aber nicht ansatzweise an unser Maximum herangekommen.“

Bei 16:9 Torschüssen, 70 Prozent Ballbesitz und einer Passquote von 86:69 Prozent war der FCB das dominante Team. „Man kann nicht verhehlen, dass sie von der Feldüberlegenheit und Torgelegenheit ein leichtes Plus hatten“, sagte BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball. Das Ergebnis sei daher „im Endeffekt nicht unverdient“. Allerdings auch bitter. „Ein Elfmeterschießen ist dann Glück und auch ein bisschen ein Psychospielchen“, erklärte Torwart Roman Bürki. Mit seinen Paraden gegen Douglas Costa oder auch David Alaba hatte er die Borussia überhaupt erst in die „Elfer-Lotterie“ geführt. Dort allerdings „nur“ gegen Joshua Kimmich gehalten, während auf Seiten der Dortmunder Sven Bender und Sokratis gescheitert waren. „Der verschossene Elfmeter wird noch länger in meinem Kopf bleiben. Aber ich habe mich gut gefühlt, also habe ich auch geschossen“, sagte der Grieche.

„Wenn man aus einem Spiel Stärke ziehen kann, dann aus diesem“

Und so stand am Ende eine erneute Enttäuschung. Nach 2013, 2014 und 2015 blieb Schwarzgelb auch 2016 in einem Endspiel wieder nur der zweite Platz. „So nah am Pokal vorbeizugehen, ist jedes Mal ein Stich ins Herz“, meinte Mats Hummels. Allerdings muss man der Mannschaft zu Gute halten, dass in allen drei Endspielen gegen die Bayern den Schiedsrichtern eindeutige Fehlentscheidungen unterlaufen sind.

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2013, im Champions-League-Finale (1:2), schlug Franck Ribéry seinen Ellenbogen ins Gesicht von Robert Lewandowski. Die Rote Karte für den Franzosen blieb aus, ebenfalls ein Platzverweis gegen Bayerns Dante (kein zweites Gelb beim Elfmeter für den BVB). 2014, im Pokalfinale (0:2 n.V.), erkannte Schiedsrichter Florian Meyer ein reguläres Hummels-Tor nicht an. Und diesmal gab Marco Fritz Ribéry nach einem Grabscher ins Gesicht von Castro (39.), bei dem er sogar mit einem Finger ins Auge des Dortmunders stach, nur „Gelb“ statt „Rot“. Wie hätte sich eine 51-minütige Überzahl auf den Spielverlauf ausgewirkt? Sicher nicht zum Nachteil der Borussia.

Im Anschluss an das Pokalfinale auf der „Schwarzgelben Nacht“ in der denkmalgeschützten „Station“ am Berliner Gleisdreieck ließ sich die BVB-Familie die Abschlussfeier eine großartigen Saison aber davon nicht vermiesen. „Die Niederlage radiert nicht die 78 Punkte in der Bundesliga aus“, sagte Thomas Tuchel. Sie wird auch nicht die Begeisterung rund um den BVB brechen, der in dieser Saison erneut einen Zuschauerrekord aufgestellt hat, als einziger Bundesligist zu Hause ungeschlagen geblieben und dem FC Bayern zu einem unliebsamen Widersacher gewachsen ist. Das Resümee von BVB-Boss Hans-Joachim Watzke fiel daher auch positiv aus: „Wenn man aus einem Spiel Stärke ziehen kann, dann aus diesem. Wir können Berlin erhobenen Hauptes verlassen.“ (fu)