Fußball-Wahnsinn in Dortmund: Die Borussia hat im Heimspiel gegen Real Madrid ein dickes Ausrufezeichen gesetzt: Gegen den Titelverteidiger in der UEFA Champions League erreichte der BVB ein hochverdientes 2:2 (1:1).

Vor 65.849 Zuschauern im ausverkauften „BVB Stadion Dortmund“, wie der Signal Iduna Park bei Spielen der UEFA heißt, traf Cristiano Ronaldo nach Vorarbeit von Gareth Bale nach 17 Minuten zur zu diesem Zeitpunkt überraschenden Gäste-Führung. Bis dahin hatte Schwarzgelb klar das Spiel bestimmt. Aubameyang glich noch in der ersten Halbzeit nach einem Freistoß von Guerreiro zum hochverdienten 1:1 (43.) aus.

In der zweiten Hälfte hatten Dembélé und Aubameyang (51.) zunächst das 2:1 auf dem Fuß, den Treffer erzielte jedoch Real Madrid. Nach einer kurz ausgeführten Ecke bediente Ronaldo Benzema, der Pfosten rettete, den Abpraller drückte aber Varane (68.) über die Linie.

Der BVB versuchte in der Schlussphase noch mal alles, brachte mit Schürrle, Pulisic und Mor neue Offensivkräfte - mit Glück und Geschick sowie Navas im Tor, der gegen Pulisic (83.) und Mor (84.) rettete, verteidigte Real Madrid jedoch lange Zeit das 2:1. Bis Schürrle in der 87. Minute das Leder unter die Latte hämmerte...

Es berichtet Felix Ulrich

Ausgangslage
Duelle mit Real Madrid gab es in der UEFA Champions League schon einige, in Dortmund konnten die „Königlichen“ allerdings noch nie gewinnen. Bislang gab es zwei Unentschieden und drei Niederlagen. Zuletzt trafen beide Teams im Viertelfinale 2013/14 aufeinander. Im Hinspiel dominierte Real (3:0), zu Hause konnte die Borussia sogar fast noch das Weiterkommen feiern, am Ende fehlte beim 2:0-Erfolg nur ein Tor, um in die Verlängerung zu kommen. BVB-Coach Thomas Tuchel erklärte vor der Partie: „Wir brauchen die allergrößte Aufmerksamkeit, viel Fleiß, eine große Solidarität, viel Hingabe im Umschalten von Offensive auf Defensive.“ In der spanischen „La Liga Santander“ nur zwei Mal unentschieden gespielt und auch in der Königsklasse beim knappen 2:1-Erfolg über Lissabon nicht überzeugen konnte.

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Castro - hier im Duell mit Kroos - scheiterte nach drei Minuten und 30 Sekunden per Freistoß.

Personalien
Bartra musste nach wie vor mit einer Adduktorenzerrung passen. Ginter blieb somit in der ersten Elf - und in der Innenverteidigung. Im Vergleich zum 3:1-Erfolg in der Bundesliga gegen den SC Freiburg gab es damit nur eine Änderung: Guerreiro spielte für Mor. Auf der Bank saßen: Weidenfeller, Mor, Rode, Ramos, Schürrle, Pulisic und Passlack. Verletzungsbedingt nicht dabei waren Reus (Aufbautraining), Bender (Sprunggelenk), Durm (Knie-OP), Subotic (Brust-OP).

Taktik
Schwarzgelb begegnete dem 4-3-3 von Real Madrid mit einer erneut sehr offensiven 4-1-4-1-Formation. Bei eigenem Ballbesitz ließ sich Weigl zurückfallen und sicherte mit Sokratis und Ginter ab, alle anderen sieben Borussen orientierten sich nach vorne. Reals Trainer Zidane ließ bei gegnerischem Ballbesitz daher in einem 4-2-3-1 agieren, so dass auch defensiv Ronaldo und Bale, die Gegenspieler von Piszczek und Schmelzer blieben. Modric und Kroos übernahmen die Rolle des „Sechsers“ und „Achters“.

Spielverlauf und Analyse
Beide Teams verzichteten auf eine lange Abtastphase, attackierten früh, übten Druck auf den Gegner aus. Nach gerade einmal 210 Sekunden hatten die 65.849 Zuschauer im „BVB Stadion Dortmund“ zwei Chancen gesehen. Zunächst klärte Bürki gegen Ronaldos Freistoß aus 18 Metern (2., Ginter an Kroos), fast im direkten Gegenzug scheiterte Castro (4.) an einem sensationellen Reflex von Navas, der den Freistoß aus 22 Metern aus dem rechten Torwinkel fischte.

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Marcel Schmelzer im Zweikampf mit Gareth Bale.

Und es ging weiter mit einem Freistoß: Aubameyangs Knaller (11.) aus fast 26 Metern Entfernung wehrte Ronaldo klar mit dem Unterarm ab, ein weiterer Freistoß aus ca. 18 Metern wäre die Folge gewesen, Schiedsrichter Mark Clattenburg (England) ließ weiterspielen. Nur 60 Sekunden später folgte die erste Chance aus dem Spiel heraus: Aubameyangs Schlenzer parierte Navas (12.). Wiederum zwei Minuten später verzog Dembélé knapp über das Tor (14.).

Es war unglaublich gut, was der BVB gegen Real Madrid auf den Rasen zauberte. Schwarzgelb dominierte, machte das Spiel - und lag plötzlich 0:1 zurück. „Schuld“ war ein Konter der „Königlichen“ über die linke Seite, über Benzema und Kroos. Der Deutsche leitete weiter auf die rechte Seite zu James, der schickte Bale in den Strafraum, der Waliser legte per Hacke zurück zu Ronaldo, tunnelte dabei Ginter - und schon stand es mit dem zweiten Torschuss der Gäste 1:0 (17.).

BVB mit 10:2 Torschüssen zur Pause

Der Treffer zeigte kurzzeitig Wirkung bei den Borussen. In den folgenden 17 Minuten sorgte nur Dembélé mit einem zur Ecke abgefälschten Schuss für Torgefahr (25.) und für einen Torschuss. Der BVB verbuchte zu diesem Zeitpunkt 64 Prozent Ballbesitz, war klar spielbestimmend, Real agierte sehr passiv, lauerte auf Konter und hoffte auf Einzelaktionen ihrer Ausnahmespieler.

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Mario Götze wurde in der 58. Minute ausgewechselt.

Zwischen der 34. Minute und dem Halbzeitpfiff suchte die Elf von Trainer Thomas Tuchel wieder vermehrt den Abschluss. Sokratis' Kopfball - der siebte BVB-Torschuss - faustete Navas noch weg (34.). Ebenfalls mit den Fäusten war der Costa Ricaner bei Guerreiros Freistoß zur Stelle. Sein Pech: Er faustete den Ball an den Kopf seines Mitspielers Varane - und von dort kullerte das Leder Richtung Torlinie. Aubameyang - beim Freistoß nicht im Abseits - berührte den Ball noch auf der Torlinie und traf somit zum 1:1 (43.). U.a. angesichts des Torschuss-Verhältnisses von 10:2 war der Ausgleich hochverdient.

Nach dem Wechsel knüpfte der BVB zuncäsht nahtlos an die gute Vorstellung der ersten Hälfte an. Dembélé und Aubameyang eröffneten den zweiten Durchgang mit einer Doppelchance. Während der Franzose knapp verzog, musste Navas bei „Aubas“ Versuch sein ganzes Können aufbieten. Real wurde jedoch in der Folge stärker, versprühte aber der 60. Minute Torgefahr, als Ronaldo eine Flanke von Sergio Ramos nur knapp verpasste, auch beim Konter über Bale und Benzema (63.) war Vorsicht geboten. Dass der Kopfball von Bale (66.) über die Querlatte ging, war Glück. Wiederum nur zwei Minuten später rettete zunächst der rechte Pfosten gegen Benzema, den Abpraller verwertete Varane aber zum 2:1 (68.).

Zu diesem Zeitpunkt war Schürrle bereits zehn Minuten auf dem Rasen, er wurde für Götze eingewechselt. Offensiv hatte er gegen Carvajal allerdings keinen leichten Stand. Auffälliger war Guerreiro, der Navas zu einer erneuten Parade zwang (70.). Thomas Tuchel reagierte, brachte mit Pulisic (73. Dembélé) und Mor (78. Guerreiro) weitere, frische Offensivkräfte. Die größten Möglichkeiten vereitelte zunächst Navas gegen die Schüsse von Pulisic (83.) und Mor (84.). Gegen das Geschoss von Schürrle (87.) war er jedoch machtlos - der verdiente Ausgleich in einem unglaublich unterhaltsamen Fußballspiel auf Top-Niveau.

Ausblick
In der UEFA Champions League geht es für den BVB erst am 18. Oktober mit dem Auswärtsspiel in Lissabon weiter. In der Bundesliga muss Schwarzgelb am Samstag (18.30 Uhr) bei Bayer Leverkusen antreten. Das nächste Heimspiel im Signal Iduna Park findet am Freitag (14.10., 20.30 Uhr) gegen Hertha BSC statt.

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