Als Schiedsrichter Tobias Stieler nach exakt 94 höchst intensiven Minuten den Ball von Marc Bartra einforderte, einen Freistoß für den BVB am eigenen Sechzehner nicht mehr ausführen ließ und stattdessen die Bundesliga-Begegnung gegen Bayern München beendete, war der Jubel im Stadion so laut, als hätte der BVB soeben einen Titel gewonnen.

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Sein 12. Saisontor brachte drei Punkte: Pierre-Emerick Aubameyang

Das 1:0 gegen den FC Bayern brachte zwar keinen Pokal, aber die Erkenntnis, auch unter nach wie vor nicht optimalen Voraussetzungen (in Schürrle und Schmelzer standen zwei Akteure erstmals seit dem 10. September bzw. 14. Oktober in der Startelf) große Spiele gewinnen zu können. Nach zuvor vier Ligaspielen ohne Sieg (eine Niederlage, drei Remis) und der erhofften Trendwende in Form des klaren 5:2-Erfolgs vor der Länderspielpause beim Hamburger SV war der Dreier gegen Bayern ein klares Zeichen nach innen wie nach außen. „Es gibt nichts Geileres, als Bayern München zu schlagen“, rutschte es Hans-Joachim Watzke am Sonntag bei der Mitgliederversammlung heraus – und doch traf er mit dieser Aussage zu einhundert Prozent die Stimmung bei den Fans. Dortmunds Kneipen erlebten am Samstag eine lange Nacht.

André Schürrle wertet die letzten beiden gewonnenen Ligaspiele, die sich unter Einbeziehung der nationalen und internationalen Pokalwettbewerbe zu einer bemerkenswerten Serie von wettbewerbsübergreifend acht Spielen ohne Niederlage addieren, ebenfalls als Trendwende und fordert: „Wir müssen zusehen, dass wir in einen gewissen Flow kommen, dann können wir eine lange Serie bis zum Winter schaffen.“ Damit würde die Mannschaft den Hoffnungen ihres Trainers zuvorkommen, der vor dem Spiel gegen Bayern München (und dem kurzfristigen Ausfall der eingeplanten Marco Reus, Raphael Guerreiro und Sebastian Rode) noch erklärt hatte: „Momentan leben wir von der Hand im Mund. Unser Anspruch ist es aber dennoch, uns vorne festzubeißen, den Anschluss nicht zu verlieren und spätestens in der Rückrunde über mehr Konstanz eine längere Serie zu starten.“

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Der Anschluss ist mit dem 1:0-Sieg über Bayern München hergestellt. Borussia Dortmund wird erstmals seit dem sechsten Spieltag wieder auf Platz drei notiert, der die direkte Teilnahme an der UEFA Champions League bedeuten würde. Der Rückstand auf Rekordmeister Bayern München konnte auf drei Punkte reduziert werden, Überraschungstabellenführer Rasenballsport Leipzig ist bei sechs Zählern Rückstand und der in der Rückrunde anstehenden direkten Begegnung im Signal Iduna Park ebenfalls in Schlagdistanz. Allerdings ist Platz drei auch „nur“ der guten Tordifferenz (+14) zu verdanken. Vier weitere Teams haben ebenfalls 21 Zähler auf dem Konto. Auch deshalb fordert Watzke, „den Sieg gegen Bayern am Samstag in Frankfurt zu vergolden“. Die Eintracht ist punktgleich mit der Borussia.

Götze überragt in der ersten Halbzeit

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Mario Götze und Co. jubeln über den Führungstreffer.

Gegen Bayern München hatte Thomas Tuchel seine Mannschaft erstmals in einer 3-1-4-2-Grundordnung mit zwei Spitzen, Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang und Laufwunder Adrian Ramos, auf den Rasen geschickt und ihr „Mut“ empfohlen. Gute 20 Minuten lang beherrschte Borussia den Gegner, zeigte keinen Respekt vor den Bayern, lief diese immer wieder sehr früh an und agierte taktisch extrem diszipliniert. Angetrieben von einem immens spielfreudigen und durchsetzungsstarken Mario Götze, der in dieser Phase fast jeden Zweikampf gewann und an jeder Torszene beteiligt war, erzielte Aubameyang das Führungs- und Siegtor.

Elf Minuten waren gespielt, als Piszczek Götze rechts im Strafraum bediente. Der legte die Kugel an den Fünfmeterraum, und Aubameyang grätschte sie über die Linie (10.). Schürrle hatte nach gespielten 20 Minuten und Aubameyangs Rückpass das 2:0 auf dem Fuß, scheiterte aber an Neuer. Kurz nach der Pause schoss Aubameyang zunächst aus halblinker Position Boateng an (46.), köpfte knapp übers Tor (48.) und lief in der 70. Minute nach Alonsos Fehlpass aufs Münchner Tor zu – Neuer brachte noch eine Hand an den Ball, klärte zur Ecke und sorgte dafür, dass das Spiel bis zum Schluss spannend blieb. Bayern war zwar in der zweiten Hälfte deutlich überlegen, doch klare Chancen gab es bis auf ein Abseitstor von Ribery und einen Lattenschuss von Alonso nicht für die Münchner.

„Wir hatten eine brutale Mentalität auf dem Platz“, lobte Sportdirektor Michael Zorc: „Das hat den Ausschlag gegeben. Wir haben in der hinteren Reihe sehr gut verteidigt. Bayern hat keine wirklich klaren Torchancen herausgespielt.“
Boris Rupert

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