Während die Fans draußen noch feierten und lautstark ihre Titelträume artikulierten, erschien ein ernster Peter Bosz auf der Pressekonferenz. „Das war das schlechteste Spiel, seitdem ich Trainer vom BVB bin“, äußerte der Coach des Tabellenführers nach dem hart erkämpften 2:1-Sieg beim FC Augsburg.

Es war ein Spiel mit zwei verschiedenen Halbzeiten – völlig verschiedenen Halbzeiten. In Durchgang eins spielte der BVB recht flüssig nach vorn, kam neben den beiden Toren durch Andrey Yarmolenko (aus dem Gewühl mit der Hacke) und Shinji Kagawa (technisch perfekter Heber) zu sechs weiteren guten Torgelegenheiten (darunter einem Alleingang durch Pierre-Emerick Aubameyang nach feinem Zuspiel von Marc Bartra). 10:3 Torschüsse zählten die Statistiker und 73 Prozent Ballbesitz – aus Sicht des Gastes.

Bürki verhindert möglichen 2:2-Ausgleich

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Es war sicherlich nicht die beste erste Hälfte der Borussen in dieser Saison, doch die zweite hatte dem Trainer so sehr die Laune verhagelt, dass er vom „schlechtesten Spiel, seitdem ich Trainer vom BVB bin“ sprach. Seine Mannschaft hatte da fahrig agiert, sich nur noch zwei weitere Torchancen herausgespielt (darunter der von Aubameyang vergebene Elfmeter) und konnte sich letztlich beim aufmerksamen und bei allen Turbulenzen in und vor seinem Strafraum ruhigen Torhüter Roman Bürki bedanken, der zudem mit einem sensationellen Reflex das zweite Tor von Augsburgs Caiuby verhinderte – und damit den möglichen und aufgrund des Spielverlaufs in der zweiten Hälfte (7:4 Torschüsse aus Augsburger Sicht, 51% Ballbesitz) gar nicht einmal unverdienten 2:2-Ausgleich.

„In der ersten Halbzeit hatten wir viele Räume, haben aber nicht gut Fußball gespielt. In der zweiten Hälfte haben wir gar keinen Fußball mehr gespielt“, meinte Bosz, der nur mit dem Ergebnis „sehr glücklich“ war.

Weil er in den englischen Wochen bis auf Piszczek (608 von 630 möglichen Minuten), Aubameyang (624) und Sokratis (622) die Einsatzzeiten der Feldspieler auf mehr als zehn Schultern verteilen konnte, schloss der Coach körperliche Müdigkeit für die schwachen 45 Minuten in Augsburg aus; zur mentalen Belastung und den Auswirkungen von acht Reisetagen in diesem engen Zeitfenster wurde er nicht befragt.

Passquote nicht so gut wie sonst

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Ähnlich wie in Hamburg (dort 77%) war die Passquote der Borussen in Augsburg auffällig schlecht, markierte mit 75 Prozent einen internen Minusrekord für die noch junge Spielzeit. In den anderen Begegnungen hatte sie im Mittel bei 88 Prozent, in der Spitze sogar bei 92 Prozent gelegen. Allein in den ersten 15 Spielminuten des zweiten Durchgangs spielte er BVB 20 Fehlpässe nach nur 27 in den ersten 45 Minuten. Ähnlich wie der HSV hatte der FCA den BVB zu langen Bällen gezwungen.

„Spiele wie heute, in denen man kämpfen und sich überwinden muss, sind die wichtigen Spiele“, bemerkte Roman Bürki nach dem sechsten Sieg im siebten Saisonspiel. Mit 19 Punkten – nie waren es in der Vereinshistorie zu diesem Zeitpunkt mehr – führt Borussia Dortmund die Tabelle an, nach den Sonntagspielen mit fünf Punkten Vorsprung

Nun können die in Dortmund verbleibenden Profis erst einmal leicht durchschnaufen. Doch die „Dauerspieler“ sind weiterhin im Einsatz und in den kommenden zehn Tagen bei ihren Nationalmannschaften gefordert. Da kommen weitere Minuten hinzu – und etliche Stunden im Flieger.
Boris Rupert