Seit zwölf Jahren ist Nuri Sahin Profi. Er hat alles schon erlebt, mehrmals sogar, Höhen und Tiefen, Meisterschaften und Abstiegsängste. Nach nur einem Sieg in den zurückliegenden sechs Pflichtspielen betont der 29-Jährige, wie wichtig es ist, dass Klub und Trainer Ruhe ausstrahlen.

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„Er macht kein Harakiri und stellt alles auf den Kopf. Das finde ich als Spieler auch richtig“, sagte Nuri Sahin am Tag nach dem 1:1 gegen APOEL Nikosia über den Trainer und unterstrich, wie wichtig und wie richtig es sei, dass Peter Bosz nicht in Aktionismus verfällt, sachlich und fachlich bleibt im Umgang mit der Mannschaft: „In der Phase, als wir einen nach dem anderen aus dem Stadion geschossen haben, ist er uns nicht freudestrahlend um den Hals gefallen. Er war auch damals kritisch-analytisch, hat viele Sitzungen gehalten und Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt. Das ist jetzt nicht anders.“

Auf die Frage, ob das Vertrauensverhältnis zwischen Mannschaft und Trainer eventuell Risse bekommen habe, versicherte der Mittelfeldstratege, der auch Mitglied des Mannschaftsrates ist: „Nullkommanull! Das sage ich ganz ehrlich! Natürlich sind solche Fragen normal.“

Am Anfang der Vorbereitung hatten alle Beteiligten – Trainer wie Spieler – hervorgehoben, dass sich eine neue Spielidee nicht von heute auf morgen unfallfrei implantieren lässt, dass es Rückschläge geben wird. „Auch als wir alles gewonnen haben, war nicht alles Gold, was da geglänzt hat“, betonte Sahin: „Das war uns aber auch bewusst. Wir befinden uns in einem Prozess, müssen uns in allen Bereichen entwickeln, haben überall Verbesserungsbedarf. Am Anfang der Saison standen wir genauso hoch, aber da hat niemand darüber geredet.“

Fehlende Leichtigkeit: „Es gibt kein Patentrezept“

Der erfahrene Profi wirkt beruhigend auf die Mitspieler ein. „Wir müssen versuchen, uns gegenseitig zu helfen und uns aus dieser Phase herausziehen. Es gibt kein Patentrezept, um die Leichtigkeit, die uns am Anfang der Saison ausgemacht hat, wieder hereinzubekommen. Siege würden uns guttun. Dann kommt das verlorengegangene Selbstverständnis zurück, dann geht der Trend wieder nach oben. Da kommt Bayern zeitlich perfekt. In so einem Spiel kann man sehr viel geradebiegen. Jeder kann sich vor der Länderspielpause nochmal verausgaben. Wenn wir gewinnen, sind wir wieder Tabellenführer.“

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Nuri Sahin weiß, wie man gegen die Bayern gewinnt.
„Das Momentum liegt auf Seiten der Bayern“

Natürlich weiß er um die Schwere dieser Aufgabe. „Das Momentum liegt eindeutig auf Seiten der Bayern. Etwas Anderes zu behaupten, wäre lächerlich“, meint der 29-Jährige: „Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir uns mit den Bayern – gerade zuhause – offene Spiele liefern können, und ich hoffe, erneut mit dem besseren Ende für uns.“

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Oktober 2010: Nuri Sahin verwandelt ein Freistoß gegen Bayern München.

Auch auf die Frage, wie man dem Rekordmeister gegenüberzutreten habe, hatte Sahin eine schnelle Antwort: „Mutig! Jeder, der gegen Bayern mutig gespielt hat, hat entweder etwas auf die Nase bekommen – oder gewonnen.“
Boris Rupert