Borussia Dortmund geht mit einer schweren Hypothek ins Rückspiel am 8. April. Der Vorjahres-Finalist unterlag im Viertelfinal-Hinspiel der UEFA Champions League bei Real Madrid mit 0:3 (0:2) und muss am kommenden Dienstag mit vier Toren Differenz gewinnen, um ins Halbfinale einzuziehen.

Aus Madrid berichtet Boris Rupert

Knapp 70.000 Zuschauer im bei weitem nicht ausverkauften Estadio Santiago Bernabeu, darunter auch Bundestrainer Joachim Löw, sahen ein Real Madrid, das die erste Halbzeit dominierte und durch Tore von Bale (3.) und Isco (27.) ein frühes 2:0 vorlegte. Borussia hatte in der zweiten Halbzeit drei Riesenchancen, das Ergebnis zu korrigieren und eine ordentliche Basis fürs Rückspiel zu legen, stattdessen schraubte Ronaldo die Latte mit dem 3:0 noch ein weiteres Stück höher (57.). Angesichts der zweiten Hälfte, die der BVB dominierte, fiel das Ergebnis für Madrid viel zu hoch aus.

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Sebastian Kehl sah seine dritte Gelbe Karte im laufenden Wettbewerb und fehlt damit im Rückspiel.

Ausgangslage: 
Als eines von nur noch zwei Teams im laufenden Wettbewerb war Real Madrid ohne Niederlage. Im Achtelfinale hatte sich der neunmalige Gewinner des Europapokals der Landesmeister in der Addition mit 9:2 Toren gegen Schalke 04 durchgesetzt. Borussia Dortmund erreichte durch einen 5:4-Gesamtsieg gegen Zenit St. Petersburg die Runde der letzten Acht und baute auf die Auswärtsstärke: Wettbewerbsübergreifend war nur eines der letzten elf Auswärtsspiele verloren worden; die zurückliegenden drei Gastspiele in der UEFA Champions League (London, Marseille, St. Petersburg) wurden sogar siegreich gestaltet.

Personalien:
Mit Subotic, Schmelzer, Bender, Gündogan, Blaszczykowski (alle verletzt) sowie dem fürs Hinspiel gelbgesperrten Lewandowski  fehlten sechs Akteure aus dem Champions-League-Finale im Mai 2013. Für Lewandowski rückte Aubameyang in die Sturmspitze.

Taktik: 
Der BVB agierte aus der gewohnten 4-2-3-1-Grundordnung mit Sahin und Kehl im defensiven Mittelfeld, Reus und Großkreutz (links) auf den Außenposition in der offensiven Mittelfeldreihe sowie Mkhitaryan im Zentrum. Es gelang aber nur selten, die Außenverteidiger weiter nach vorn zu schieben, um Überzahl zu schaffen im Mittelfeld, das Real eindeutig dominierte. Madrid agierte in einem 4-3-3-System mit Xabi Alonso zentral vor der Abwehr und Modric sowie Isco auf den Halbpositionen. Beide rückten immer wieder in torgefährliche Räume vor und erweiterten den Angriff mit Bale (rechts), Benzema (zentral) und Ronaldo („überall“) zu einem Vier-Mann-Sturm, der Borussias Viererkette massiv beschäftigte und vor allem Kehl weit nach hinten drängte.

Spielverlauf & Analyse:
Zwei Minuten lang sah man, was sich Schwarzgelb vorgenommen hatte: mutig zu sein, ein unbequemer Gegner zu sein. Nach 42 Sekunden drang Aubameyang in den Sechzehner der Madrilenen vor und holte immerhin einen Eckball heraus.

Doch mit dem ersten Angriff der Gastgeber waren für lange Zeit alle gute Vorsätze Makulatur. Das frühe Gegentor nach zwei Minuten und 45 Sekunden lähmte die Borussen, die mehr als 20 Minuten brauchten, sich von diesem Schock zu erholen und die Unsicherheiten, die ihr Spiel defensiv (kein Zugriff) und offensiv (ungenaue, hektische Zuspiele) bestimmten, abzustreifen. In dieser Phase war Madrid kaum vom Ball zu trennen, und Dortmund kam nicht in die Zweikämpfe.

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Isco zieht aus 16 Metern ab und trifft zum 2:0.

Auslöser war ein Angriff über die rechte Seite, den Carvajal inszeniert hatte. Der Rechtsverteidiger war auf dem Weg nach vorn nicht zu stoppen, auch der Doppelpass mit Benzema nahe der Eckfahne nicht zu unterbinden. Carvajal drang ungestört in den Strafraum ein, bediente Bale, der die Kugel an Weidenfeller vorbei zum 1:0 in die Maschen schob (3.).

Der Torwart, der nach einer Rettungstat von Reus nach rund einer Viertelstunde am linken Handgelenk getroffen war, avancierte früh zu Borussias Bestem. Klasse, wie er 25-Meter-Freistöße von Ronaldo (12.) und Bale (30.) über die Querlatte lenkte.

In der Phase, in der der BVB erstmals wieder einen Fuß im Spiel hatte, schlug Real zum zweiten Mal zu. Mkhitaryan vertändelte am Strafraum den Ball an Isco, der noch ein paar Meter nach innen zog und aus 16 Metern, zwischen Sokratis sowie Hummels hindurch und unhaltbar für Weidenfeller, zum 2:0 einschoss (27.).

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Pierre-Emerick Aubameyang hatte gegen Sergio Ramos einen schweren Stand.

Reus und Großkreutz liefen sich die Hacken wund, um die Löcher auf den defensiven Außenbahnen zu stopfen, insgesamt rannten alle Borussen extrem viel – aber meist nur hinterher. Dass Real deutlich mehr Ballbesitz haben würde (62% nach 40 Minuten), war zu erwarten gewesen, aber dass sie in den Zweikämpfen (67%) derart dominieren würden, war der wenig erfreuliche Fakt. Bis auf Großkreutz‘ Distanzschuss, bei dem Casillas leichte Probleme hatte, gab es im ersten Durchgang keine Torchance für Schwarzgelb.

Klopp schien in der Kabine die richtigen Worte gefunden zu haben, um seine Mannschaft neu auszurichten für die zweiten 45 Minuten. Aubameyang verzog aus halbrechter Position nach Reus-Zuspiel knapp (49.), dann brachte ein Konter Real richtig in Bedrängnis. Reus trieb das Leder über die rechte Seite, brachte den Ball aber nicht wie erhofft auf den mitgelaufenen Aubameyang, der so zwar nicht zum Abschluss kam, aber zurücklegte auf Mkhitaryan, dessen Schuss aus 14 Metern noch zur Ecke abgewehrt wurde (55.).

Doch statt des möglichen 1:2 fiel auf der anderen Seite das dritte Gegentor. Ronaldo tauchte nach Modric-Zuspiel frei vor Weidenfeller auf und verwandelte (57.).

Es spricht fraglos für die Moral der Mannschaft, dass sie sich nicht hängen ließ und weiter nach vorne spielte. Reus narrte Ramos, drang von rechts in den Strafraum ein, Casillas klatschte die Hereingabe vor die Füße von Mkhitaryan, doch Pepe verhinderte das eigentliche sichere Tor für den BVB (59.). Pech auch für Reus, dass sein Schuss aus 16 Metern abgeblockt wurde (65.). In der 73. Minute tauchte Reus frei vor Casillas auf, doch Spaniens Nationalkeeper parierte.

Der BVB erhöhte nochmals die Schlagzahl. Mit Hofmann (für Mkhitaryan), Schieber (für den mit Adduktoren-Problemen ins Spiel gegangenen Piszczek) und Jojic (für Kehl) kamen zwischen der 64. und der 74. Minute frische, offensiv ausgerichtete Kräfte.

Real hatte in Durchgang zwei neben dem Treffer zum 3:0 nur drei weitere Chancen: Sokratis rettete vor Bale (54.), Weidenfeller parierte Benzemas Kracher (61.) und Bale verzog (84.). Der BVB aber konnte keine seiner fünf Möglichkeiten verwerten. Auch 19:12 Torschüsse spiegelten das Endergebnis nicht mehr wider.

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Ausblick: 
Die Entscheidung über den Einzug ins Halbfinale fällt am Dienstag, 8. April, im Signal Iduna Park. Das Rückspiel wird um 20.45 Uhr angepfiffen. Es findet ohne Sebastian Kehl statt, der die dritte Gelbe Karte sah. In der Bundesliga trifft der BVB am Samstag (18.30 Uhr) auf den VfL Wolfsburg.

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