Borussia Dortmund hat leichtfertig den ersten Bundesliga-Auswärtssieg seit fast drei Monaten verspielt: Beim Aufsteiger SC Paderborn kam der BVB nach einer vermeintlich komfortablen 2:0-Führung nur zu einem 2:2 (2:0), wurde allerdings auch bei einem glasklaren Tor von Großkreutz (80.) benachteiligt. Bitter zudem: Marco Reus musste nach einem Foulspiel von Bakalorz (67.) verletzungsbedingt ausgewechselt werden.

Vor 15.000 Zuschauern in der ausverkauften Benteler-Arena stellten Aubameyang (12.) und Reus (45.+1) eigentlich schon in der ersten Halbzeit die Weichen auf Sieg. In der zweiten Hälfte schaltete Schwarzgelb jedoch unerklärlicherweise einen Gang zurück, brachte Paderborn wieder ins Spiel und kassierte durch Rupp (60.) und Saglik (81.) doch noch den Ausgleich.

Es berichtet Felix Ulrich

Ausgangslage:
Sechs Plätze und fünf Punkte trennten beide Klubs vor dem zwölften Spieltag - mit Blick auf die Tabelle war der BVB damit sogar Außenseiter an der Pader. Klopp: „Paderborn ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass man mit wenig Geld, einer klaren Idee und guten Entscheidungsträgern hervorragende Arbeit leisten kann.“ Für die Borussia zählte beim Aufsteiger jedoch nur ein Sieg, um nach dem 1:0 gegen Mönchengladbach den Aufwärtstrend in der Bundesliga zu bestätigen. Vorsicht war dennoch geboten: Vier der 16 Tore erzielte der SC Paderborn, bei dem mit Hünemeier, Bakalorz, Kruse, Vrancic, Saglik und Ducksch sechs ehemalige Borussen unter Vertrag standen, aus der Distanz. Darunter auch der Treffer von Moritz Stoppelkamp aus 83 Metern.

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Ginter stand zum vierten Mal in der BVB-Startelf.

Personalien:
Bender (Hüftprellung), Hummels (Bänderdehnung), Sokratis (Wadenbeinbruch, Gelbsperre), Kirch, Sahin, Blaszczykowski (alle Rückstand) und Ji (Meniskusquetschung) fehlten der Borussia in Paderborn. Im Vergleich zum 1:0 gegen Gladbach gab es daher zwei Veränderungen in der Startelf: Ginter lief neben Subotic in der Innenverteidigung auf, und Gündogan rückte an die Seite von Kehl ins defensive Mittelfeld.

Bei den Gastgebern wechselte Coach André Breitenreiter nach dem 0:3 in Augsburg auf fünf Positionen: Für Wemmer (Fasserriss im Adduktorenbereich) feierte Rafa sein Bundesliga-Debüt auf der rechten Seite der Viererkette (später in der Innenverteidigung). Kapitän Hünemeier (für Ziegler) kehrte nach überstandener Bauchmuskelzerrung (und bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechselung) in die Innenverteidigung zurück, Linksaußen spielte Hartherz für Bruckner. Im Mittelfeld erhielten Rupp und Quali den Vorzug vor Meha und Kachunga.

Taktik:
Die Borussia trug ihre Angriffe aus der gewohnten 4-2-3-1-Grundordnung vor. Gegen den Ball formierte sie ein 4-4-2, indem sich Kagawa zu Aubameyang in die Spitze gesellte, um das Aufbauspiel des Gegners frühzeitig zu torpedieren. Insgesamt verteidigte der BVB sehr hoch; Gündogan stach immer wieder aus seiner defensiven Grundposition auf der „Doppelsechs“ nach vorn. Paderborn agierte sehr abwartend aus einer kompakten 4-5-1-Grundordnung, in der Rupp den „Staubsauger“ vor der Abwehr gab. Bei Ballgewinn wurde in hohem Tempo der Weg über die Außenpositionen nach vorn gesucht, doch wenn das Spielgerät in Reihen der Schwarzgelben zirkulierte, zog sich der Aufsteiger weit in die eigene Hälfte zurück und verdichtete im Zentrum den Raum, ließ dafür aber Platz auf dem Flügel, den Dortmund unter anderem beim Führungstreffer zu nutzen vermochte.

Spielverlauf und Analyse:
Souveräner ging es in Halbzeit eins kaum: Der BVB machte von Beginn an klar, dass er in der Bentelar-Arena für den SC Paderborn ein richtig unangenehmer Gegner sein wird. Paderborns Keeper Kruse rettete bereits in der zweiten Minute vor Reus (Pass von Mkhitaryan). Chancenlos war er, als Kehl zunächst auf die linke Außenbahn zu Durm passte, der Nationalspieler in die Mitte flankte, und Aubameyang zum 1:0 einnetzte (12). Die Innenverteidiger des Aufsteigers hatten den Gabuner, der bereits sein zehntes Pflichtspieltor in dieser Saison erzielte, komplett aus den Augen verloren.

Die Führung spielte Schwarzgelb in die Karten: Bis zur Halbzeit erarbeitete sich der BVB ein deutliches Übergewicht, lag bei den Torschüssen (6:2), Ballbesitz (65 Prozent), Zweikampf- (59 Prozent) und Passquote (80 Prozent) deutlich vorne. In der Rubrik „Tore“ hatte Aubameyang sogar gleich zwei Mal das 2:0 auf dem Fuß. Zunächst ging sein Schuss aus acht Metern einen Meter am langen Eck vorbei (25., Vorarbeit Reus), dann schoss er aus spitzem Winkel ans Außennetz (39.).

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Aubameyang erzielte in Paderborn sein viertes Saisontor und seinen zehnten Pflichtspieltreffer.

Der SC Paderborn hielt zwar mit Leidenschaft dagegen, wirkte aber phasenweise gerade im Umschaltspiel schlichtweg überfordert. Und dennoch hätte der Aufsteiger beinahe zum Ausgleich getroffen, als Weidenfeller gegen Koc (19., Bakalorz) mit dem rechten Oberschenkel rettete. Statt 1:1 hieß es zur Halbzeit jedoch 2:0, weil Kehl den Ball eroberte, Aubameyang in der Nachspielzeit die Schnittstelle fand, Reus eiskalt blieb und Kruse tunnelte - 2:0 (45.+1).

Nach dem Wechsel änderte sich jedoch das Bild: Die Dortmunder Dominanz bröckelte. Der BVB, der zwar durch Reus (47.) oder Aubameyang (56.) das 3:0 hätte erzielen können, gab das Zepter leichtfertig aus der Hand, schaltete einen Gang zurück und baute den Gegner durch Passivität wieder auf. Bestes Beispiel: das Anschlusstor durch Rupp (60.). Vorausgegangen war dem Treffer eine eigene Ecke und gleich mehrere individuelle Fehler...

Marco Reus verletzt ausgewechselt

Der Aufsteiger hatte jetzt Lunte gerochen, Schwarzgelb wirkte verunsichert und verlor zu allem Überfluss in der 64. Minute Marco Reus. Bakalorz hatte den 25-Jährigen brutal von den Beinen geholt, so dass der rechte Knöchel wegknickte. Reus musste - nach ersten Informationen - mit einer Sprunggelenksverletzung vom Platz getragen werden, für ihn kam Jojic ins Spiel. Für Bakalorz gab es übrigens von Schiedsrichter Wolfgang Stark, der die Borussia zuletzt vor zwei Jahren gepfiffen hatte, „nur“ Gelb.

Wolfgang Stark rückte auch 13 Minuten später in den Blickpunkt, als er einen glasklaren Treffer von Großkreutz (80.) wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung die Anerkennung versagte. Im direkten Gegenzug erzielte Paderborn das 2:2, als Saglik nach einer Ecke traf (81.) - schon das siebte Tor in der Schlussviertelstunde. Die Gastgeber hatten zu diesem Zeitpunkt die Viererkette bereits aufgelöst und mit dem Torschützen einen zweiten Stürmer gebracht.

Ausblick:
43 Pflichtspiele hat der BVB im Kalenderjahr 2014 bislang absolviert, sieben weitere folgen noch: In der UEFA Champions League tritt Schwarzgelb am Mittwoch (20.45 Uhr) beim FC Arsenal an. Ein Unentschieden würde der Borussia reichen, um den ersten Platz in der Gruppe D zu sichern. In der Bundesliga heißt der nächste Gegner Eintracht Frankfurt, die Partie in der Commerzbank-Arena (30.11., 17.30 Uhr) ist mit 48.500 Zuschauern ausverkauft.

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