Story
Maximilian Beier: Ambitionierter Torjäger im Dienst der Mannschaft
Maximilian Beier steht mit BVB-Trikot in der Hand in den Katakomben des SIGNAL IDUNA PARK, freut sich über seinen Doppelpack und grinst in die Kamera. Diese Szene ist nicht etwa eine Fantasie der BVB-Fans. Nein, so zugetragen hat sie sich schon im Februar 2024. Maximilian Beier, damals noch in Diensten der TSG Hoffenheim, hatte seinen Klub gerade zum 3:2-Auswärtssieg gegen Schwarzgelb geschossen. Den perfekten Abend krönte der Stürmer damals, indem er Julian Brandt im Vorbeigehen nach seinem Trikot fragte. Einen Moment später kommt es zu der Momentaufnahme mit dem grinsenden Beier, der stolz mit dem schwarzgelben Trikot in der Hand in die Kamera schaut.
Fünfeinhalb Monate später grinst Beier wieder mit BVB-Trikot in die Kamera. Dieses Mal steht aber nicht „Brandt“, sondern sein eigener Name auf dem Borussia-Shirt. Der 21-Jährige erinnert sich an seinem ersten Tag als Spieler des BVB an den Trikottausch mit seinem neuen Teamkollegen. „Ich feier ihn als Spieler, mag sehr wie er spielt und wollte deshalb sein Trikot haben – da habe ich ihn einfach gefragt.“ Ob er das Trikot noch hat? „Natürlich!“
Unterschrieben hat Beier beim Champions-League-Finalisten für die nächsten fünf Jahre – angefangen hat alles ein bisschen beschaulicher im heimischen Brandenburg. Mit einem Freund hat der deutsche Nationalspieler dort vor zehn Jahren das WM-Siegtor von Mario Götze nachgestellt. Bis zur perfekten Flanke-Brustannahme-Linksschuss-Tor-Kombination waren es laut Beier ungefähr 1.000 Versuche. „Mario hat natürlich nur einen gebraucht“, sagt Beier über Götzes Torschuss, der Deutschland im brasilianischen Rio zum vierten Mal zum Weltmeister machte, und grinst wieder.
„Ich hoffe, ich sehe meine Familie jetzt wieder öfter“
Vom Maracana-Stadion in Rio de Janeiro (Zuschauer-Kapazität 78.838) zurück nach Brandenburg an der Havel (Einwohner 73.921). Hier macht Beier seine ersten fußballerischen Schritte bei den lokalen Klubs ESV Kirchmöser und Brandenburger SC Süd 05. Im zarten Alter von zwölf Jahren wagt er dann aber schon den ersten großen Karriere-Schritt: Der heute 1,83 Meter große Blondschopf wechselt in die Eliteschule zu Energie Cottbus. Das bedeutet auch, dass er unter der Woche im fast 200 Kilometer entfernten Cottbus wohnt – Beier zieht also von zuhause aus, ist nur am Wochenende bei seiner Familie.
Das Heimweh ist ein ständiger Begleiter für den mittlerweile 21-Jährigen, der zeitweise sogar darüber nachdenkt, die mögliche Profikarriere an den Nagel zu hängen. Gemeinsam mit seiner Familie entscheidet Beier aber, dass der Traum noch nicht vorbei sein soll – die Entscheidung wird sich ein paar Jahre später als die richtige erweisen. Seine Eltern und seine Schwester sind auch heute noch der wichtigste Rückhalt für den Torjäger, der es von Dortmund aus jetzt nicht mehr ganz so weit nach Hause hat. „Ich hoffe, ich sehe meine Familie jetzt wieder öfter. In Hoffenheim hat das nicht immer geklappt, aber jetzt ist der Fahrtweg ja kürzer“, erklärt der Neu-Borusse, der von Cottbus aus mit 15 in das Nachwuchsleistungszentrum der TSG Hoffenheim wechselt.
Mit der TSG-B-Jugend landet der Brandenburger in der Saison 2018/2019 auf Platz zwei der Bundesliga Staffel Süd/Südwest und holt sich mit 18 Treffern die Torjägerkanone. Bereits im November 2019 steht das Talent dann das erste Mal im Profi-Kader der Hoffenheimer und schnuppert im Heimspiel gegen Paderborn erste Bundesliga-Luft. Zwar sitzt er nur auf der Bank, das dicke Grinsen hat der damals 17-Jährige trotzdem schon auf dem Gesicht.
Am 21. Spieltag der Saison 2019/2020 wird Beier damals mit 17 Jahren, 3 Monaten und 21 Tagen zum jüngsten TSG-Bundesligaspieler in der Geschichte des Vereins – und löste damit übrigens seinen neuen Mannschaftskollegen Niklas Süle ab (17 Jahre, 8 Monate, 8 Tage). Von 2021 bis 2023 wird der Mittelstürmer nach Hannover in die zweite Liga ausgeliehen und sammelt neben ordentlich Spielpraxis – Beier steht in 63 Zweitliga-Partien für die 96er auf dem Platz – auch zehn Zweitliga-Tore. Der Senkrechtstarter gibt sich mit dem Erreichten aber noch lange nicht zufrieden: Zurück in Hoffenheim entwickelt er sich zu einem wichtigen Spieler der TSG und ist am Ende der vergangenen Saison mit 33 Toren bester Schütze des Klubs. Obendrauf kommen noch zwei Rookie-of-the-Month-Titel im Februar und März 2024 – unter anderem dank eines Doppelpacks in Dortmund.
Die guten Leistungen bleiben auch dem Bundestrainer nicht verborgen. Nach früheren Berufungen in diverse Junioren-Nationalmannschaften folgt am 3. Juni 2024 das Debüt im A-Team: Im EM-Vorbereitungsspiel gegen die Ukraine wird Beier in der 59. Minute eingewechselt und krönt sein Debüt fast mit einem Tor – nur das Aluminium verhindert den perfekten Einstand von Beier. Nicht nur die deutschen Fans, auch Julian Nagelsmann hat der 21-Jährige überzeugt – Beier wird Teil des Kaders für die Heim-EM, sammelt im Gruppenspiel gegen die Schweiz nach seiner Einwechslung auch auf dem Platz erste EM-Erfahrungen.
Und das nächste Highlight lässt nicht lange auf sich warten: Sieben Wochen nach seinem EM-Debüt unterschreibt Beier bei Borussia Dortmund – die Schwarzgelben und seine Fans haben offenbar Eindruck beim Brandenburger hinterlassen, am meisten freut er sich auf die 80.000 im Stadion: „Es war brutal laut. Man versteht fast sein eigenes Wort nicht“, sagt Beier und freut sich schon jetzt auf sein Debüt im SIGNAL IDUNA PARK. „Wenn alle dann noch für mich schreien, pusht es einen enorm.“
„Wenn ich Anweisungen gebe, dann sind die schon klar“
Die Borussen dürfen sich auf einen torhungrigen und schnellen – mit 35,45 km/h Platz 19 der Bundesliga-Sprinter – Spieler freuen, der sich nicht zu schade ist, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen: „Ich arbeite viel defensiv und laufe auch viel für die Mannschaft nach hinten. Offensiv kann ich ja alle Positionen spielen, und bin variabel einsetzbar.“ Auf dem Platz beschreibt Beier sich selbst als aggressiv: „Da kommen die Emotionen. Wenn ich Anweisungen gebe, dann sind die schon klar.“ Fernab des Rasens sieht das anders aus, da ist er „eher so der ruhigere Typ.“ Das ist der Brandenburger auch in seinem ersten BVB-Interview, von Aufgeregtheit keine Spur. Von Respekt gegenüber seinem neuen Arbeitgeber dafür umso mehr: Ob er denn auch mal blaue Sachen tragen dürfe, fragt der Brandenburger und muss wieder ein bisschen grinsen.
Viel wichtiger als die Wahl seiner Kleidung sind Beier – und sicherlich auch den schwarzgelben Fans – seine Ziele: Genau wie der BVB wolle er in jeder Saison um Titel mitspielen. „Da verfolgen wir die selben Ziele. Das passt also.“ Die BVB-Fans können sich schon jetzt auf Maximilian Beier freuen und auf die nächsten Tore, die er im SIGNAL IDUNA PARK schießen wird. Dieses Mal wird er das BVB-Trikot schon beim Jubeln auf dem Platz anhaben – und in den Katakomben des Stadions, wenn er nach dem Spiel in die Kameras grinst.