„Gerade eben vor der Süd hatten wir wieder einen Gänsehaut-Moment“, sagte Marcel Schmelzer am Samstagnachmittag nach dem Spiel gegen Frankfurt. Dem BVB-Kapitän war auch vier Tage nach dem Sprengstoffanschlag auf den BVB-Mannschaftsbus der Schock über die Geschehnisse deutlich anzumerken. Umso bemerkenswerter war die Reaktion, die er und seine Mannschaft auch gegen die Eintracht auf dem Rasen zeigten.

„Ich bin sehr zufrieden mit der ersten Halbzeit“, sagte Thomas Tuchel mit Blick auf das rein Sportliche nach dem Spiel. „Ich finde, wir haben eine sehr gute Ausstrahlung gehabt, haben zusätzlich zu dem hohen Ballbesitz eine hohe Intensität auf dem Feld gehabt, mit vielen Sprints. Wir haben in jeder Phase sehr mutig gespielt. In der zweiten Halbzeit haben wir mit allem was wir hatten um den Sieg gekämpft, und am Ende durch einen Konter dann auch verdient gewonnen.“

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„Aber eins, aber eins, das bleibt besteh’n…“

Dennoch rückte der verdiente 3:1-Erfolg über Frankfurt, in dem beide Mannschaften eine Halbzeit lang ein tolles Fußballspiel mit noch tolleren Toren auf den Rasen gezaubert hatten, schon gleich nach dem Abpfiff wieder ein Stück in den Hintergrund. „Das Spiel hat uns sicherlich mehr abgelenkt, als die Partie am Mittwoch weniger als 24 Stunden danach“, so Marcel Schmelzer, „aber ich denke, man hat direkt nach dem Abpfiff gesehen, wie alles, was davor unterdrückt wurde, wieder hochgekommen ist.“

Schmelzer meinte die Szenen, die sich zwischen Mannschaft und Südtribüne abspielten. Szenen, die Ausdruck des unglaublichen Zusammenhalt der schwarzgelben Fußball-Familie sind und die ein weiteres Mal bei allen für Gänsehaut gesorgt haben – egal ob auf dem Rasen, im Stadion oder vor dem Fernseher. „Aber eins, aber eins, das bleibt besteh’n: Borussia Dortmund wird nie untergehn“, skandierte die Fans die bekannte Zeile aus der BVB-Vereinshymne. Die Spieler hatten sich Arm in Arm vor der Südtribüne aufgereiht, starrten gebannt den steilen Rang empor. Vor ihnen auf dem Rasen lag ein Trikot des am Dienstag verletzten Marc Bartra. Bilder, die im Gedächtnis bleiben.

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„Wir haben Marc diesen Sieg gewidmet“, sagte Schmelzer und auch Torschütze Sokratis erklärte nach der Partie, dass er seinen spektakulären Treffer zum 2:1 für seinen fehlenden Kollegen im Abwehrzentrum erzielt habe. „Ich glaube, das war das bisher schönste Tor meiner Karriere“, so der Grieche, „ich widme es Marc Bartra und seiner Familie.“ Der Spanier, am Samstag aus dem Krankenhaus entlassen, fieberte daheim vor dem Fernseher mit und meldete sich während des Spiels mehrfach über die sozialen Netzwerke, bedankte sich für die tollen Szenen und bejubelte die Tore seiner Teamkollegen. Die hatten es aber auch in sich.

„Wundervolles Zusammenspiel mit unserem Publikum“

Schon in der zweiten Minute markierte Marco Reus das 1:0 mit einem ganz feinen Hackentrick, vorbereitet durch einen tollen Doppelpass von Aubameyang und Pulisic. Kurz vor der Halbzeit ließ dann Sokratis seinen Kracher in den Winkel folgen. Kurz vor Schluss machte Aubameyang alles klar, eingeleitet von einem absoluten Traumpass Nuri Sahins auf Ousmane Dembélé. „Wenn Sokratis zum Schuss ausholt, kann alles passieren – vom Einwurf bis zum Tor“, sagte Thomas Tuchel nach dem Spiel mit einem Augenzwinkern, nur um direkt hinterherzuschieben: „Das perfekte Tor, zum perfekten Zeitpunkt.“

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Doch auch der Trainer wusste das Spiel selbst und auch die Szenen danach richtig einzuordnen: „Meine Spieler haben einen unglaublich Charakter bewiesen. Schon am Mittwoch und heute nochmal. Dafür gebührt ihnen das größtmögliche Kompliment“, so Tuchel. „Nach dem Abpfiff vor der Tribüne mit dem Trikot, das war eine große Geste von der Mannschaft. Marc Bartra gehört einfach ganz fest zu uns dazu. Man sieht, wie die Mannschaft funktioniert, welche tollen Charaktere dabei sind und dass sie sich komplett als Mannschaft sieht. Es war ein wundervolles Zusammenspiel mit unserem Publikum, das für solche Situationen ein Gespür hat, wie es das sonst wohl nirgendwo gibt. Dann kommen solche Momente zustande.“ Momente, die im Gedächtnis bleiben.
Dennis-Julian Gottschlich

BVB total!-Video: Marcel Schmelzer im Interview