Das Wunder von Dortmund ist ausgeblieben. Dabei hätte es nach 45 Minuten schon 4:0 für den BVB stehen können. Doch am Ende gewann Tottenham mit 1:0 – Harry Kane stellte mit seinem Treffer den Spielverlauf, aber nicht die schwarzgelbe Fußballwelt auf den Kopf.

Raus mit Applaus! Selten war diese Phrase zutreffender als am Dienstagabend im ausverkauften „BVB Stadion Dortmund“, wie der Signal Iduna Park bei internationalen Anlässen heißt. „Aber eins, aber eins, das bleibt besteh’n, Borussia Dortmund wird nie untergeh’n!“, intonierte die Südtribüne nach einem Fußballabend, der kein -fest wurde, weil ein weltmeisterlich haltender Weltmeister alles dafür tat, dass kein Wunder stattfinden konnte. Hugo Lloris vereitelte gegen Marco Reus (21.), Julian Weigl (33.) und Mario Götze (34.) fast sichere Tore, zudem klärten seine Vorderleute zweimal gegen Reus (11./34.). So stand die 0:3-Hypothek aus dem Hinspiel auch zur Halbzeitpause, und als Harry Kane unmittelbar danach die zweite Torchance der Gäste gleich zu einem Treffer nutzte, war die Messe gelesen. „Da wussten wir, dass es jetzt ganz schwer wird: Wir müssen fünf Tore machen“, sagte Lucien Favre, der mit der Leistung seiner Mannschaft sehr, sehr einverstanden war.

Die Südtribüne hat ein feines Gespür für Leistung, Einsatz und Willen. Der Abschied von Europas Bühne für diese Saison wurde nicht mit Missmut, sondern mit großer moralischer Unterstützung für die Mannschaft begleitet. Michael Zorc sprach ein „Riesen-Dankeschön an die Fans“ aus, „für die Unterstützung während des gesamten Spiels, aber insbesondere für die Geste nach dem Spiel. Das gibt viel Kraft für die nächsten Wochen!“ Und Marco Reus betonte: „Es war alles möglich. Leider konnten wir aus unseren vielen Torchancen keinen Profit schlagen. Ein 1:0 hätte uns nochmal gepusht zusammen mit unseren Fans, die unglaublich waren. So etwas erlebt man nur hier. Wir spielen Fußball, um zu gewinnen. Von daher sind wir enttäuscht, dass wir es nicht geschafft haben.“

Trotz der Niederlage, trotz des nach Zahlen – 0:4 in Addition von Hin- und Rückspiel – krachenden Ausscheidens aus der UEFA Champions League scheint die Mannschaft die Lehren aus den leeren Auftritten in Nürnberg (0:0) und Augsburg (1:2) gezogen zu haben. Nahezu 70 Prozent Ballbesitz in der ersten Halbzeit gegen ein Weltklasse-Team und sechs hochkarätige, blitzsauber herausgespielte Chancen zeigen, wie es geht und wie es gehen soll. Die Mannschaft hat bewiesen, wie gut, wie konzentriert und wie leidenschaftlich sie Fußball spielen kann. Das muss die Messlatte sein für die nun noch zu absolvierenden zehn Spiele in der Bundesliga.

Die „Süd“ jedenfalls sieht nach den vielen verspielten Punkten in den vergangenen Wochen eine Trendwende. „Deutscher Meister wird nur der BVB!“, hallte es weit nach Schlusspfiff in ohrenbetäubender Lautstärke von den Rängen.
Boris Rupert